Reisebericht Namibia Botswana Mai 2009

vom 28. April - 23. Mai 2009

Löwe zum Frühstück

oder eigentlich Löwe statt Frühstück umreißt natürlich nur eine Facette unserer Reise in die Kalahari. Die Einen sagen, "schon wieder Kalahari - wart ihr da nicht schon" und schauen dabei eher verständnislos. Die Anderen bekommen bei "Kalahari" einen verklärten Gesichtsausdruck. Das sind die, die das Glück hatten, diese Gegend schon einmal kennen zu lernen. Tatsächlich fühlt man sich wie in einem 24-Stunden-interaktiven Unterhaltungsprogramm für alle Sinne. Man muss nur hinschauen, hin hören und sich auf die Natur einlassen. Irgend etwas bekommt man immer geboten und hat dabei jederzeit die Möglichkeit, aktiv mitzuwirken oder eben auch einmal abzuschalten, sich auszuklinken. Das ist die Faszination. Es ist nie gleich, nie planbar, nie langweilig und man weiß nie, was einen als nächstes erwartet. Es ist spannend und immer wieder neu. Wer sich hier langweilt, der ist selbst schuld.

Nicht umsonst treffen wir unterwegs meist "Wiederholungstäter". Alle hat die Faszination Kalahari gepackt. Ein magisches Fleckchen Erde, auch wenn immer mehr davon verloren zu gehen droht.

Unsere Reise führt uns diesmal in den Kgalaghadi Transfrontier Park (TP) - Botswanan/Südafrika, in das Central Kalahari Game Reserve (CKGR) - Botswana, zu den San am Rande des Kaudom Game Reserve (GR) - Namibia, in die wassergefüllte Etoscha Pfanne (Namibia) und an die namibische Küste nach Swakopmund.

Nachdem wir letztes Jahr der Magie der Kalahari erlegen sind, war für uns klar, dass wir wiederkommen werden - mit mehr Zeit und Muse. Diesmal nimmt deshalb die Kalahari den überwiegenden zeitlichen Anteil unserer Reise ein, aber eigentlich ist es noch immer zu wenig. Es gibt so viele traumhafte Plätze, an denen man das Gefühl für Raum und Zeit verliert, eins wird mit der Natur und eigentlich gar nicht wieder in das "richtige" Leben zurückkehren will. Schon viele Wochen vorher plagt uns die Sehnsucht und das Fernweh. Längst sind die notwendigen Reservierungen der Campsites vorgenommen und bestätigt; Auto und Sattelitentelefon bei African Tracks reserviert. Fast schon schleicht sich eine gewisse Routine in die Reisevorbereitungen - das verflixte siebte Mal?


28. April 2009       Frankfurt - Windhoek

Wie immer haben wir uns einen Leihwagen bei Europcar gemietet, um zum Flughafen nach Frankfurt zu gelangen. So hatten wir schon die unterschiedlichsten Modelle und diesmal fährt Uwe mit einem Mercedes der C-Klasse vor. Naja, die waren wohl der Meinung, uns einen Gefallen zu tun! Unser Trecking-Outfit passt so gar nicht zur vornehmen schwarzen Limousine.

Mit genügend zeitlichem Polster machen wir uns auf den Weg - man(n) kann ja nie wissen, was noch so passiert. Unser Reisegepäck ist gewichtsmäßig mal wieder ziemlich am Limit - aber bestimmt nicht wegen zu viel Bekleidung. Neben Schlafsack und Moskitonetz mussten unseren beiden neuen Hängematten aus Fallschirmseide, ein großes Sonnensegel und zwei neue Lampen mit. Kaum sind wir in Frankfurt angekommen, stellt Uwe fest, dass der Reißverschluß seiner geliebten Outdoorhose (davon hat er exakt 2 Stück dabei) nicht mehr will. Nur gut, dass es einen "Jack Wolfskin"-Laden gibt. Er hat die Qual der Wahl und so gehen schließlich 2 neue Hosen mit auf Reisen - was für ein Luxus - wir haben ja noch nicht genug Gepäck! Immerhin bietet uns der nette Verkäufer einen Karton an, falls wir Übergepäck haben sollten und die Post hat auch bis 22 Uhr geöffnet. Das ist dann unser "Plan B".

Nach alter Gewohnheit warten wir in Terminal 1 auf unseren Checkin. Uwe fragt zum Glück noch einmal nach und es stellt sich heraus, dass "Air Namibia" in Terminal 2D umgezogen ist. Gut, dass er gefragt hat! Wir sind dann auch die Ersten beim Checkin. Obwohl wir uns incl. der Toleranz schon ziemlich nah an den 50 kg bewegen, ist das Gewicht glücklicherweise kein Thema. Über unser Handgepäck schweigen wir besser.

Am Checkin-Terminal lernen wir dann Hanne und Peter aus dem Namibia-Forum kennen. Die beiden fliegen gerade das 15. Mal nach Namibia, mieten ihr Auto auch bei African Tracks und sind ebenfalls vom Africavirus befallen. Beim gemeinsamen Schwärmen vergeht die Zeit bis zum Abflug schneller.

Der Nachtflug selbst ist ziemlich unruhig. Wir fliegen an einer heftigen Gewitterfront vorbei und können in der Ferne eine Menge Blitze bestaunen. Ziemlich faszinierend - wenn sie weit genug weg sind. Wie immer ist der Service sehr gut und es gelingt uns auch mit angeklappten Beinen ein wenig zu schlafen.


29. April 2009       Windhoek

Voller Ungeduld warten wir, dass es hell wird und wir endlich etwas sehen können. Wir haben Glück - es ist wolkenlos. Namibia begrüßt uns mit einem gigantischen Anblick. Die Etoscha-Pfanne ist mit Wasser gefüllt und bietet uns von oben ein spektakuläres und vor allem seltenes Bild. In zartem Pastellblau schimmert das Wasser. Nur in sehr regenreichen Jahren wie diesem füllt sich diese Pfanne. Wir kennen die Pan bisher nur von ihrer ausgetrockneten und dann sehr staubigen Seite. Das ist auch der Grund, weshalb wir kurzfristig unsere Reiseroute noch etwas verändert haben und einen Abstecher zur Etoscha Pfanne machen werden.

Zum ersten Mal weist uns die Lautsprecheransage darauf hin, dass Fotoaufnahmen am Airport verboten sind. Was soll das denn? Der Grund dafür wir schnell klar. Am Ende der Landepiste stehen 3 Kampfjets. Was immer die für eine Mission haben.

Es ist ein wenig wie nach Hause kommen. Jedes mal macht unser Herz einen kleinen Sprung, wenn wir aus dem Flieger steigen. Eine merkwürdige Mischung von Aufregung, Vorfreude und tiefster Zufriedenheit macht sich in uns breit. Wir atmen tief durch und wissen beide, dass wir jetzt an keinem anderen Ort der Welt sein möchten. Selbst der Riesen-Grashüpfer auf dem Rollfeld kommt uns vor wie ein alter Bekannter.

Seit dem ganzen Wirbel der vergangenen Monate um die Einreisemodalitäten und die damit verbundene z. T. willkürliche Genehmigung der Aufenthaltsdauer gibt es nun neue Einreiseformulare. Die sind inhaltlich ein wenig modifiziert und nun richtig amtlich und in Farbdruck. Nichts mehr mit tausendfach kopierten unleserlichen Formularen. Wir beginnen gleich damit, uns wieder einen Vorrat anzulegen, damit wir schon mal immer ein Set vorher ausfüllen können.

Wie schon die letzten Male wartet Denis von der Autovermietung "African Tracks" schon auf uns. Schnell holen wir noch am Flughafenschalter bei "be local" (neben Avis) unser reserviertes Sattelitentelefon. Gut, dass Valerie bereits vor Monaten daran gedacht hat, es für uns zu reservieren. Ansonsten hätten wir jetzt Pech gehabt.

Auf dem Weg zur Autovermietung zeigt uns Denis dann auf seinem Handy die Bilder seiner Hochzeit vom letzten Oktober. Diese traditionelle Feier mit rund 200 Gästen hätten wir auch gern fotografiert. Leider lag der Termin letztes Jahr eine Woche nach unserer Abreise. Begeistert erzählt er uns von der großen Party.

Wir freuen uns, Valerie - die gute Seele der Autovermietung - wieder zu sehen. Wie immer ist das Fahrzeug fertig ausgestattet. Alle unsere Wünsche wurden berücksichtigt. Unser 4x4 Toyota Hilux ist 1 Jahr alt und hat ein ganz neues Dachzelt. Mal sehen, wie wir damit klarkommen und ob es wirklich besser ist, als das alte Modell. Wunschgemäß wurde der 40 Liter Brauchwassertank wieder auf dem Dach befestigt und unsere Kisten stehen auch schon im Fahrzeug. Das ist perfekter Service. Denis befüllt uns noch den Wassertank und dann kann es losgehen. Marius macht uns noch auf einen Steinschlag in der Frontscheibe aufmerksam und stellt uns frei, ob wir ihn noch repariert haben möchten. Wir entscheiden uns dafür, auf Nummer Sicher zu gehen und bitten darum, die Scheibe noch wechseln zu lassen. Dazu werden die Monteure zu uns ins Hotel kommen, so dass wir keine Zeit verlieren.

Im Hotel "Casa Blanca" genießen wir offenbar auch schon den Sonderstatus von Stammgästen. Jedenfalls bekommen wir eines der schönsten Zimmer (Nr. 17) mit Blick in den gepflegten Garten. Nachdem wir unser Gepäck abgestellt haben, arbeiten wir unseren Plan ab. Zuerst steht die Metzgerei "Transkalahari Meat and Biltong" in Klein-Windhoek auf dem Programm. Wieder ist das Angebot umwerfend und die Auswahl fällt schwer. Alles wird vakuumiert und eingeschweißt. Im Geschäft herrscht Hochbetrieb und es ist schwierig, den Überblick zu behalten, zumal den vakuumierten Päckchen von Außen nicht mehr anzusehen ist, was sie enthalten. Zwischendurch berät mich noch eine sehr nette Kundin - natürlich in deutsch - was ich unbedingt probieren soll.

Mit 2 Tüten voll verlassen wir die Metzgerei. Beim Einpacken in den Kühlschrank bin ich erstaunt, dass es nicht mehr ist.

Als nächstes stehen noch einige Besorgungen bei "Cymot", dem Campingausstatter an. Wir holen uns diesmal endlich so einen großen Handstrahler, denn bei völliger Dunkelheit kommt man auch mit einer guten Maglite nicht wirklich weit. Nun noch schnell rüber in die "Warnhill Mall" Geld holen. Ohweh, schon wieder haben wir nicht bedacht, dass die nächsten Tage Feiertage sind und der Monat zu Ende geht. Eine lange Schlange Wartender steht vor uns am Geldautomat. Zum Glück geht es dennoch relativ schnell.

Wie auch beim letzten Mal arbeiten wir unsere Einkaufsliste im "Spar" ab. Zwei große Einkaufswagen reichen gerade so für alles. Es ist uns jedes Mal auf Neue peinlich, wenn der Kassenbetrag so hoch ist, wie mehrere Monatsgehälter eines Einheimischen zusammen. So einen Einkauf könnte sich hier Keiner leisten. 2 Boys packen umsichtig alles ein und helfen uns, die Ladung ins Auto zu schaffen.

Zurück im Hotel warten schon die Monteure mit einer neuen Frontscheibe auf uns und im Handumdrehen ist die Scheibe gewechselt. Wir sind inzwischen mit dem Beladen des Fahrzeugs beschäftigt. Das kostet immer ziemlich viel Zeit, bis alles an seinem Platz ist, aber auch hier werden wir immer routinierter.

Relativ zeitig gehen wir schlafen. Morgen früh wollen wir bei Sonnenaufgang los und bekommen noch schnell unser Lunchpaket.


30. April 2009       Windhoek - Mata-Mata

Um 7 Uhr sind wir startklar und verlassen Windhoek in Richtung Rehobooth. Der Tag beginnt mit einem "Drama". Ich war der festen Überzeugung, eine Sonnenbrille in der Kiste zu haben. Dem ist aber nicht so und nun stehe ich ohne Sonnenbrille da. Das ist ziemlich blöd und so machen wir unterwegs noch 2 Zwischenstopps in Mariental. Der ortsansässige Optiker hat ganze 4 Modelle, ca. 20 Jahre alt, aber bei "Pep", einem Billigramschladen ala "Kik" finde ich etwas Brauchbares - sogar mit UV-Schutz, wie zumindest der Aufkleber verspricht.

Nachdem nun auch dieses Problem gelöst ist, kann es weitergehen. Die meiste Zeit sind wir allein auf der Straße. Plötzlich hampelt ein roter Arm auf der Straße herum und dann springt Jemand auf die Straße. Es dauert eine ganze Weile, bis wir realisieren, dass der von uns erwartet, dass wir anhalten und noch einmal so lange dauert es, bis wir realisieren, dass das eine Geschwindigkeitskontrolle ist. Ähm, der Knabe behauptet, wir sind 125 km/h statt der erlaubten 120 km/h gefahren. Uwe ist sich sicher, dass er 114 km/h gefahren ist und nicht zu schnell war. Er geht zum Angriff über und widerspricht energisch. Nach einer kurzen Diskussion lässt der Polizist ihn laufen. Das ging aber easy! Dann kann er aber von seinem Messergebnis nicht wirklich überzeugt gewesen sein. Oder scheut er den Verwaltungsaufwand? Egal, wir dürfen unbehelligt unsere Fahrt fortsetzen und lachen noch eine Weile über die groteske Situation und dass hier mitten im Nichts plötzlich eine Radarkontrolle steht.

Wir passieren den südlichen Wendekreis des Steinbocks und genießen die herrliche Landschaft. Alles ist schön grün - so ganz anders als im September.

Unser Weg führt uns heute über Rehobooth, Mariental, Gibeon, Kriess, Gochas nach Mata Mata, dem westlichen Eingang zum Kgalaghadi Transfrontier Park und diesmal liegen wir gut in der Zeit. Aus Erfahrung wissen wir, dass die Grenze in Mata Mata um 15:30 Uhr schließt. Das letzte Stück Weg von Gochas auf der C15 bis Mata Mata ist landschaftlich ein Genuss und führt am Auob-Tal entlang. Die ersten roten Dünen stimmen uns auf die Kalahari ein. Um 15 Uhr erreichen wir Mata Mata und können zügig die Grenzformalitäten abwickeln. Sogar hier sind die neuen Formulare schon angekommen.

Wir haben eine Reservierung für die Mata Mata Campsite und im Office des Camps werden wir in Oberlehrermanier von einem jungen Angestellten belehrt, dass wir auf keinen Fall ohne unseren "Laufzettel" unterwegs ein dürfen, dass wir um 6 Uhr im Camp sein müssen und das Gate erst um 7 Uhr heute und ab morgen um 7:30 Uhr öffnet und und und ...Über die Sache mit dem Einschluss und die Registrierung in ihrem schlauen Buch können wir nur müde lächeln. Wenn wir um 6 Uhr nicht im Camp sind, schicken sie einen Suchtrupp nach uns los. Glaubt der selbst, was er da erzählt? Dann suchen sie uns vom letzten Jahr noch! *kicher*

Nachdem wir uns auf der Campsite einen Stellplatz ausgesucht haben - wieder haben die Südafrikaner ihre Wohnburgen großflächig über den Platz verteilt - gehen wir noch einmal auf Tour. Nicht zu lange, denn wir müssen uns noch mit unserer neuen Zeltaufbautechnik vertraut machen.

Gegen 17 Uhr "heizen" dann mehrere Fahrzeuge an uns vorbei und haben es sichtlich eilig. Gemütlich zuckeln wir zurück ins Camp und erst wenige Kilometer vorher fällt mir die Zeitumstellung ein. Südafrika ist eine Stunde weiter und wir müssen uns beeilen, noch rechtzeitig zum Einschluss ins Camp zu kommen. Das fängt ja gut an!

Als Uwe im Office den Laufzettel abgeben will, ist Keiner da. So viel zur Theorie! Aber gut, wer es glauben will! Die Campsite in Mata Mata ist nicht so stark besucht und man hat trotz südafrikanischer Wohnburgen noch genug Platz zum Nachbarn. Die Sanitäreinrichtungen sind sauber und die Duschen in Ordnung. Allerdings wird hier ziemlich groß ausgebaut. Es entstehen direkt oberhalb des Wasserlochs eine Reihe neuer Chalets. Das "Baustellenflair" macht es nicht gerade gemütlich, auch wenn im Moment nicht gearbeitet wird.

Unser erster Zeltaufbau mit dem neuen Zelt verläuft noch ein wenig holprig, aber sonst ist es ok. Es dauert nicht wirklich lange, bis wir ziemlich müde ins Bett fallen. Dank der neuen, dickeren Matratze schlafen wir sehr gut - nur unterbrochen vom schönsten Sound der Welt - Löwengebrüll ganz in der Nähe. Afrika, wie wir es lieben!


01. Mai 2009       Mata-Mata - Twee Rivieren

Um 5 Uhr klingelt der Wecker. Wir wollen doch Löwen sehen. Längst hat uns das Katzenfieber gepackt. Die Nacht war angenehm warm. Nur heute morgen ist es leicht feucht. Es duftet nach Heu.

Noch sitzt nicht jeder Handgriff, aber wir sind dennoch recht schnell fertig. Nun noch unseren Laufzettel geholt und dann kann es auf die Pirsch gehen. Unser heutiges Tagesziel ist Twee Rivieren, die Campsite am südlichen Gate.

Wir haben eine wunderschöne Fahrt durch das Auob Tal vor uns. Zwar sehen wir eine Menge Katzenspuren - große und auch viele kleine - doch die Löwen bleiben uns leider verborgen. Unterwegs können wir viele Tiere beobachten und es gibt unzählige Vögel.


In einem Baum am Weg sitzt ein Uhu. Der muss natürlich fotografiert werden. Noch kann ich nicht ahnen, dass das die letzten Fotos mit meiner Kamera sein werden. Zwischendrin beschließt das Teil, mich in diesem Urlaub nicht weiter zu begleiten und quittiert mir den Dienst. Die Geräusche, die die Kamera ab jetzt von sich gibt, klingen nur noch ungesund. Für uns kommt das natürlich einem absoluten Supergau gleich. Meine Stimmung ist erst einmal im Keller. Wir sind beide ziemlich angesäuert. Zum Glück haben wir noch einen Sony-Body und das Teleobjektiv mit der Canon steht uns auch noch zur Verfügung, aber wenn wir beide gleichzeitig fotografieren wollen, geht das nun nicht mehr. Außerdem bedeutet ein Objektivwechsel jedes Mal das Risiko, eine Menge Staub auf den Sensor zu bekommen. Das hat hässliche Flecken auf den Bildern zur Folge. So werden wir uns ab jetzt immer gut überlegen, ob wir für Landschaftsaufnahmen einen Objektivwechsel vornehmen und damit Staubflecken auf dem Sensor riskieren. Nun, heulen hilft nicht, auch wenn wir allerhand dafür gegeben hätten, wenn uns jetzt irgendwer von irgendwo einen neuen Body einfliegen lassen würde. Ich kann mich nur damit trösten, dass wir später zu Hause dann nicht so viel Arbeit mit dem Sortieren und Entwickeln der Bilder haben, wenn wir nicht Beide fotografieren können. Zugegeben, ein ziemlich schwacher Trost!

Aber wie so oft im Leben geht es doch irgendwie. So lassen wir uns nicht runter ziehen und versuchen, das Beste daraus zu machen.

Auf dem Weg nach Twee Rivieren gibt es viele Loops und da wir genug Zeit haben, fahren wir diese kleinen Umwege, die an den künstlich angelegten Wasserlöchern vorbeiführen. Giraffen-Großfamilien, viele Oryxantilopen, Gnus und riesige Springbockherden sehen wir. Am Wegrand liegen Stachelschweinborsten. Hier hat es wohl einen Kampf gegeben, denn nur dann verlieren die Tiere ihre Stachel. Ein paar davon sammelt Uwe mir auf, in der Hoffnung, dass sie mich ein wenig trösten.

Freud und Leid liegen oft sehr eng beieinander. Das merken wir, als wir fast gleichzeitig an einem Wasserloch nach dem Fernglas greifen. Irgend etwas sitzt da im Schatten der Akazie und beobachtet die Umgebung. Wir können es kaum fassen; ein Gepard - wenn auch mit Halsband und Sender - wartet auf eine ruhige und gefahrlose Gelegenheit, um am Wasserloch trinken zu können.

Immer wieder sichert er nach allen Seiten, sucht den besten Platz am Wasserloch und schaut wieder prüfend in die Gegend. Er ist sich der Gefahr bewusst, in die er sich gerade begibt. Wir sind überglücklich und halten schier den Atem an, damit er sich nicht gestört fühlt und endlich trinkt. Jetzt rollt auch noch ein voll besetzter Safari-Jeep mit gut 15 Personen an. Hoffentlich vertreiben sie ihn nicht. Aber auch die Safarigäste sind mucksmäuschenstill. Nur ganz kurz trinkt der Gepard, bevor er sich im trockenen Flussbett wieder entfernt. Wir begleiten ihn noch ein Stück seines Weges, bevor er wieder in die angrenzenden Dünen entschwindet. Wow, war das ein schönes Tier. Die Eleganz, mit der es sich bewegt, ist einfach faszinierend. Es ist fast ein Privileg und ein tolles Gefühl auch noch zu wissen, wie sich dieses Tier anfühlt.

Auf unserem weiteren Weg durch das herrliche Auob-Tal sichten wir noch weitere Eulen und eine Menge Wild. Die Gegend ist dieses Jahr dank des vielen Regens noch grüner, als im vergangenen Jahr.

Am Abzweig Twee Rivieren - Nossob nehmen wir irritiert zur Kenntnis, dass der direkte Weg nach Nossob gesperrt ist und die Umleitung über Kielie Krankie geht. Das ist ein heftiger Umweg und war letztes Jahr eine scheußliche Wellblechpiste. Im Camp erfahren wir, dass die Straße nach Nossob mit Kies aufgefüllt wird - endlich. Durch das viele Abziehen hat sich die Straße teilweise schon so weit abgesenkt, dass man stellenweise kaum noch über die Wegränder schauen kann. Man kommt sich stellenweise schon vor wie in einem Holweg. Nun wird Kies aus der Umgebung (meist hinter dem nächsten Dünengürtel) abgebaut und die Straße soll dann sogar leicht erhöht werden. Die Unmengen an Kies, die dafür benötigt werden, assoziieren allerdings ein Jahrhundertprojekt.

In Twee Rivieren geben wir brav unseren Laufzettel an der Rezeption ab und suchen uns einen ruhigen Stellplatz auf der Campsite, etwas abseits von den großen Camperburgen. Die Campsite ist nicht wirklich ausgebucht. Kurz vor Torschluss gesellen sich noch 2 ältere britische Paare zu uns. Als die sich aber dann zum Abendessen mit Musik aus dem Autoradio beschallen lassen, ist bei uns der Spaß vorbei. Wir wollen die Natur hören, dafür sind wir hier, denn sonst könnten wir uns auch ein Chalet mieten. Etwas weiter entfernt unterhält eine Gruppe Deutscher mit 8 Erwachsenen und mehreren Kindern die Campsite. Fast sind wir versucht, auf unsere Ohropax zurückzugreifen. Im Rudel werden solche Gruppen echt belastend. Löwen hören wir diese Nacht keine!


02. Mai 2009       Twee Rivieren - Rooiputs

Früh klingelt unser Wecker, denn ab heute besteht endlich Aussicht auf Ruhe. Die nächsten drei Nächte haben wir das Wilderness-Camp Rooiputs gebucht. Dort gibt es nur 6 Stellplätze, keinerlei Zaun und lästigen Einschluss und die größte Löwendichte im ganzen Gebiet. Den fehlenden Wasser- und Stromanschluss nehmen wir dafür gern in Kauf. Letztes Jahr hat es uns so gut gefallen, dass wir unbedingt wieder dorthin zurückkehren wollen. Dort haben wir dann hoffentlich unsere Ruhe.

Eigentlich könnten sie sich in Twee Rivieren ja nun mit unserem Laufzettel den Popo ..., aber da wir sowieso erst auf der botswanischen Seite formal einreisen müssen, können wir auch hier warten, bis 7:30 Uhr die Rezeption öffnet. Der Kasten, in dem die Laufzettel alphabetisch sortiert eingeordnet werden, ist sehr voll. Es beschleicht mich die Vermutung, dass hier jede Menge "Karteileichen" schlummern, denn nie im Leben sind so viele Besucher im Camp. Diese Zettel sind wirklich nur eine Formalie, aber wen es beruhigt ...!

Getreu der präzisen Anweisung von Andrea: "Ihr braucht in Two Rivers einen Einreisestempel, damit Ihr in Kang ausreisen könnt", verlassen wir den südafrikanischen Teil des Parks und fahren rüber nach Two Rivers, dem Camp auf der botswanischen Seite. Obwohl wir es eigentlich schon gewöhnt sind, irritiert uns der "Aufzug" der dortigen "Beamtin" in Pudelmütze, zerschlissener Strickjacke und mit löchrigen Handschuhen doch etwas. Fleißig tragen wir uns in viele verschiedene Bücher ein, bekommen unsere Genehmigungsstempel auf die Reservierungsbescheinigungen und erhalten den Einreisestempel in den Reisepass. Nun dürfen wir endlich los. Irgendwelche Belehrungen, was wir tun oder lassen sollen, gibt es gar nicht. Das gefällt uns schon viel besser. Wir erfahren, dass es für die Gäste der Campsite Rooiputs sogar rechts von der Straße hinter dem Dünengürtel einen separaten Weg bis zur Campsite gibt. Das ist großartig und wir hoffen auf Löwensichtung. So haben wir nicht nur eine sehr schöne Fahrt durch unbekanntes Gelände, sondern auch noch das Privileg, dass wir bis zur Kreuzung, an der die Straße von Kielie Krankie wieder auf den Hauptweg nach Nossob trifft, allein sind. Keine anderen Touris weit und breit. Die Löwen gehören sozusagen dann fast uns allein. *juchhu* Landschaftlich ist der Weg wunderschön, doch leider sehen wir keine Löwen. Dafür wird sichtbar, dass viele der Pfannen bis vor Kurzem noch Wasser hatten. Zum Teil ist auch der Weg sehr ausgewaschen. Hier muss von den höher gelegenen Dünenkämmen richtig viel Wasser geflossen sein. Wir treffen auf Oryx, Gnus und Springböcke. Viele Mäuschen wärmen sich in den ersten Sonnenstrahlen. Wieder sehen wir mehrere Eulen in den Bäumen sitzen. Klar, hier ist der Tisch für sie reich gedeckt.

Wir erreichen das Camp Rooiputs am frühen Vormittag und wie nicht anders zu erwarten war, sind nur 3 der 6 Stellplätze belegt. Schön, jetzt herrscht hoffentlich göttliche Ruhe. Zuerst inspizieren wir natürlich die Spuren im Sand und sind etwas enttäuscht. Es hätten mehr frische Löwenspuren sein dürfen. Auf jeden Fall ist es an der Zeit, sich schon mal Gedanken darüber zu machen, was denn zu tun oder besser nicht zu tun ist, wenn einem ein Löwe begegnet und man nicht das schützende Auto um sich hat.

Beim Sichten unserer Kühlschrankvorräte stellen wir bestürzt fest, dass uns Fleischportionen fehlen. Mehrere Pakete, die wir vermeintlich gekauft hatten, sind nicht zu finden. Wir überdenken den Einkauf in der Metzgerei und vergleichen den Kassenbeleg. Uns wird klar, dass die Verkäuferin die Pakete, die sie wegen Platzmangel auf die Seite gelegt hatte, nicht mit eingepackt hat. Zum Glück haben wir sie aber auch nicht mit bezahlt. Nun fehlen uns aber ein paar Grillportionen. Nur gut, dass wir immer reichlich einkaufen und jetzt deshalb nicht hungern müssen. Ich hatte also doch recht, als ich mich beim Bestücken des Kühlschranks über die Menge gewundert habe. Nun ärgert es mich umso mehr, dass ich nicht nachgezählt habe. Nachkaufen können wir frühestens im Camp in Nossob und dort ist natürlich das Angebot ziemlich beschränkt.

Nachdem wir uns ein wenig "eingerichtet" haben, gehen wir noch einmal auf Pirschfahrt und besuchen die umliegenden Wasserlöcher. Wir treffen das übliche Wild, wie Springböcke, Gnus, Oryx, Schakale und Kuhantilopen. Eine Gruppe Strauße rennt ausgelassen hin und her, wedelt wild mit ihrem Gefieder und badet ausgiebig im Staub. Sie wirken richtig übermütig.

Endlich keinen Einschluss mehr. Wir können frei entscheiden, was wir wann tun wollen. Im Camp grillen wir unsere ersten Steaks und genießen unsere Freiheit. Uwe sieht im Schein seiner Stirnlampe am Toilettenhäuschen zwei grüne Augen leuchten und gibt "Löwenalarm". Schnell leuchten wir mit dem Scheinwerfer und der "Löwe" entpuppt sich als ein prächtiger Leopard, der keine 20 Meter von uns entfernt stolz vorbei schreitet. Er nimmt überhaupt keine Notiz von uns, obwohl wir gerade das auf dem Grill haben, was er sich noch besorgen muss. Für ihn scheint die Situation vollkommen normal zu sein. Ganz still sind wir vor lauter Freude und Begeisterung über dieses prächtige Tier. Auf einen Leoparden zu treffen, hätten wir uns nicht träumen lassen. Ein Stück begleiten wir ihn noch mit unserem Scheinwerfer, als er den Weg hinunter ins Tal läuft.

Wenige Minuten später kommt - nicht gerade langsam - ein Zelt gefahren. An der Seite baumelnd hängt die eingeklappte Leiter. Dass sie ihr Zelt auf dem Autodach schon aufgebaut hatten, hindert unsere Nachbarn von Stellplatz 4 nicht daran, zu schauen, was los ist. Sie haben unseren Scheinwerferkegel gesehen und wollen nun auch noch einen Blick auf den Leoparden werfen. Natürlich sind sie total neidisch, dass der Leopard so nah bei uns vorbei gelaufen ist. Wir dagegen freuen uns in diesem Moment tierisch, dass wir statt des ursprünglich gebuchten Stellplatzes Nr. 4 die 3 bekommen haben. Sonst hätten wir jetzt an ihrer Stelle dem Leoparden mit langer Nase hinterher gesehen. So hat eben alles seinen Sinn. Der war einfach für uns bestimmt!

Wir sind noch vollkommen überwältigt von dieser magischen Begegnung. Wieder einmal lässt sich erkennen, dass Wildtiere nicht automatisch auch für uns Menschen gefährlich sind. Der Leopard hat uns völlig ignoriert, obwohl er keine 20 Meter von uns entfernt war. Er hatte aber eine Alternative, war nicht in Bedrängnis und wir gehören nun mal nicht in sein Beuteschema. Noch nicht einmal unser Wildfleisch auf dem Grill hat ihn auch nur eine Sekunde interessiert. Natürlich haben wir in diesem Moment nicht ans Fotografieren gedacht, sondern diese Begegnung einfach nur genossen. Vor Aufregung wäre eh alles verwackelt.

Glücklich gehen wir heute Abend schlafen, auch wenn es mir sehr schwer fällt, hier die Zeit zu verpennen. Wer weiß, was heute Nacht noch alles passiert. Viel zu viel Interessantes gibt es hier zu erleben. Außerdem wird der Mond täglich voller, denn in wenigen Tagen ist Vollmond. So ist es auch nachts richtig schön hell. Im Dunklen hoppelt ein Springhase am Zelt vorbei. Ihre Fortbewegung erinnert an kleine Kängurus. Schakale beschnuppern die Campsite und Fledermäuse umkreisen uns mit leisem fiepen. Eine verirrt sich im Regenüberwurf unseres Zeltes und es dauert eine Weile, bis wir sie befreien können. Der Barking Gecko keckert nach einem Frauchen und die Schakale der Umgebung jaulen uns in den Schlaf. Es ist einfach paradiesisch hier. Nur Löwen, hören wir heute Nacht nicht.


03. Mai 2009       Rooiputs

Wir stehen früh auf und hoffen natürlich auf Löwengebrüll. Dafür ist Rooiputs schließlich berühmt. Leider Fehlanzeige. Bis Melkvlei fahren wir hoch, doch außer vielen Löwenspuren auf der Straße sehen wir lediglich eine Hyäne, große Oryxherden, Springböcke, Gnus und Kuhantilopen. Auf der Straße treffen wir 2 Schakale, die nach Mäusen Ausschau halten und mir total neugierig in die Kamera blicken.

Ansonsten sehen wir nichts Aufregendes. So schauen wir lange dabei zu, wie eine Oryxherde nach der anderen zum Wasserloch kommt. Dabei werden immer wieder auch Kämpfe ausgetragen. Es ist schon erstaunlich, dass sie sich mit ihren langen Hörnern meist nicht ernsthaft verletzen. Die Kolonie Erdhörnchen, die sich am Rande des Wasserlochs angesiedelt hat, wird von uns dankend als Fotomotiv angenommen.


Wieder sehen wir unterwegs in den Bäumen mehrere Eulen. So viele Eulen, wie wir diesmal sichten, haben wir auf den ganzen Reisen zusammen bisher nicht gesehen.

Auf dem Rückweg entdecke ich im Schatten eines Baumes die Umrisse einer Wildkatze. Diese wunderschöne Katze schaut genauso neugierig zu uns herüber, wie wir zu ihr. Schade, dass sie sich ziemlich versteckt und wir sie nicht in ihrer vollen Schönheit vor die Linse bekommen.

In der Nähe des Camps sehen wir 2 junge Kapfüchse, die sich vor dem Eingang zu ihrem Bau sonnen. Zwar sind sie wachsam, aber wegen uns ihren Platz an der Sonne zu verlassen, kommt für sie dann doch nicht in Frage. Blöd, dass so viel Gras im Weg ist.

Nachdem wir uns im Potjie ein leckeres Karotten-Kartoffelsüppchen mit Wienerwürstchen gekocht haben, machen wir Siesta in unseren neuen, supergeilen Hängematten. Die sind noch bequemer, als sie aussehen.

Am späten Nachmittag gehen wir noch einmal auf Pirschfahrt. Durch die Umleitung über Kielie Krankie müssen die wenigen Touristen, die im Park unterwegs sind, sich noch eher auf den Rückweg in ihr Camp machen und so herrscht eine wundervolle Ruhe. Wir sind ganz allein unterwegs. Kein Auto begegnet uns. Den wenigen Verkehr wissen 2 Puffottern zu schätzen, die wir nacheinander treffen, als sie sich im weichen Sand der Straße wärmen. Bei der Ersten fährt Uwe etwas zu nah heran und die Schlange warnt durch energisches Zischen, das schon einem Fauchen nahe kommt. Wir haben ihre Toleranzgrenze überschritten. Nun wissen wir auch gleich aus eigenem Erleben, woher die Puffotter ihren Namen hat. Vor Aufregung bekomme ich kein vernünftiges Bild hin. Immerhin wirkt die Schlange durch den Sucher der Kamera betrachtet, noch näher. Die ist wirklich nichts zum Spielen. Widerwillig entfernt sie sich ohne Angriff in die Büsche am Wegrand.


Wieder treffen wir auf viele Mäuse und Eidechsen, die sich im letzten Sonnenlicht noch etwas wärmen. Auch die beiden Kapfüchse liegen noch vor ihrem Bau. In aller Ruhe können wir uns einen guten Platz für den Sonnenuntergang suchen. Vom Dünenkamm aus überblicken wir das Nossob-Tal und genießen dieses Paradies. Erst mit Einbruch der Dunkelheit kehren wir ins Camp zurück.

Die Dünen sind zur Zeit mit einem Meer von lila Blüten überzogen, die abends ganz köstlich duften.

Heute wird die Campsite Nr. 4 von 4 Südafrikanern belegt, die das ganze Camp unterhalten. Wir flüchten auf Platz Nr. 1, der noch weiter entfernt ist, doch das bringt uns auch nicht wirklich Ruhe. Die Stimmen werden weit getragen. Bei dem Krach brauchen wir heute auf den Leoparden nicht zu hoffen. Warum sind diese Leute hier, wenn sie die Natur und die Ruhe gar nicht geniessen wollen?


04. Mai 2009       Rooiputs

Wieder stehen wir früh auf, auch wenn das ersehnte Löwengebrüll leider wieder nicht zu hören war. Immerhin haben wir ja nun schon Gepard, Leopard und eine Wildkatze gesehen. So schlecht ist also die Katzensichtung schon mal nicht. Da sollte so ein "gewöhnlicher" Löwe ja nun kein Problem darstellen.

Die Füchse sind leider heute morgen nicht da, aber endlich hören wir, worauf wir schon seit Tagen warten: Das Raunzen von Löwen und das auch noch sehr nah. Schon können wir sie auch sehen. Sie kommen auf der Straße direkt auf uns zu. Ganz so, als ob die Straße ihnen gehört, kommt uns Löwe für Löwe entgegen. Unser Herz macht Freudensprünge. Sie kommen offenbar vom Wasserloch Kij Kij - drei Weibchen, der Pascha und ihr Nachwuchs. Neugierig und doch ängstlich nehmen sie uns mit unserem dreisten Annäherungsversuch zur Kenntnis. Sie scheinen etwas unschlüssig zu sein, was sie von uns halten sollen. Zuerst betrachten sie uns eine Weile, umrunden das Auto, legen sich kurz an den Straßenrand und drehen dann nacheinander in die Dünen ab. Wir können sie beobachten, wie sie sich - Einer nach dem Anderen - auf dem Dünenkamm zum Schlafen legen. (Dort können wir sie auch am Abend noch sehen.)


Nach diesem Erlebnis fahren wir ein Stück in Richtung Kielie Krankie, der Umleitung, die alle nehmen müssen, die nach Twee Rivieren oder Two Rivers bzw. nach Nossob wollen. Diese Dünenlandschaft mit den roten Sanddünen ist wunderschön und nun kreuzt vor uns auch noch ein Gepard die Straße. Wir sind ganz aus dem Häuschen, auch wenn er ziemlich schnell im hohen Gras verschwindet. Nur noch für einen kurzen Moment sehen wir ihn den Dünenkamm überqueren. Trotzdem, das ist schon unser zweiter Gepard und diesmal einer ohne Halsband.

Am Wasserloch Kij Gamies drehen wir um. Außer vielen Vögeln und ein paar Oryx ist hier gerade nichts los. Unterwegs beobachten wir die Mäuschen, die ihr erstes Sonnenbad nehmen und fahren zurück ins Camp.

Heute wollen wir noch ein wenig relaxen und die Stille und Schönheit des Camps genießen. Uwe macht es sich in der Hängematte bequem und ich gehe ein wenig das Camp erkunden. Gleich neben der Dusche (die natürlich kein Wasser hat und nur aus einem Eimer mit Duschkopf besteht - einer typischen Buschdusche halt) steht ein Baum mit einem großen Nest von Siedelwebervögeln. Dort kann ich eine ziemlich lange Kapkobra beobachten, die sich in aller Ruhe die Jungvögel holt. Das ist natürlich ein dankbares Fotomotiv. Da müssen Manguste und Eidechse dann leider zurückstecken. Eigentlich ist die Natur ja schon ziemlich grausam. Da kommen die Elternvögel vom Futter sammeln und müssen dann vor dem Nest sitzend warten, bis die Schlange ihren Nachwuchs gefressen hat. Sie können gar nichts dagegen tun, als aufgeregt hin und her zu flattern. Die Kobra hat keine Eile und nutzt die Nester auch gleich für ein Verdauungsschläfchen, bevor sie sich neue Opfer sucht.

Abends fahren wir zum Sonnenuntergang noch einmal in die Dünen. Wir genießen die Ruhe in dieser gigantischen Landschaft und keine Menschenseele stört uns dabei. Ich will eigentlich gar nicht weg, denn überall geckern die Barking-Geckos und ich würde jetzt so gern auf "Jagd" nach ihnen gehen. Wir wollen aber nicht im Dunklen fahren, dafür ist die Gegend einfach zu wildreich. Überall grasen Oryxherden, Springböcke und Gnus und wie soll man der Autovermietung erklären, wie die gewaltigen Hörner einer Oryxantilope in den Kotflügel gekommen sind?

Noch einmal genießen wir die Ruhe und Schönheit unserer Campsite mitten in den Dünen.


05. Mai 2009       Rooiputs - Polentswa

Heute Nacht haben wir endlich auch Löwengebrüll gehört. Zwar weit weg, aber immerhin. Wenn nicht die Fußspuren quer durchs Camp etwas anderes sagen würden, hätte man meinen können, der Straßenbau hat die Löwen vertrieben. Doch wahrscheinlich haben viele Weibchen jetzt "frischen" Nachwuchs und leben deshalb im Moment zurückgezogen. Da gilt es dann für sie, nicht auf sich aufmerksam zu machen.

Um 4:45 Uhr klingelt der Wecker, denn wir wollen heute in Richtung Nossob und erhoffen uns unterwegs noch Tierbegegnungen. Es dauert auch gar nicht lange, da können wir 2 Wildkatzen beobachten, die direkt auf der Straße laufen.

Wir treffen viele Tierherden und die ersten Sonnenstrahlen lassen die roten Dünen besonders schön leuchten. Das weiße Gras "glitzert" im Gegenlicht und es herrscht eine friedliche Stille. Es ist wie ein Privileg, hier allein sein zu dürfen.

Neben vielen anderen Tieren können wir etwas später noch eine dritte Wildkatze bei der Jagd beobachten. Allerdings stellt sie sich nicht gerade geschickt an, bei ihrem Versuch, einen Vogel zu fangen. Man sieht, dass sie ziemlich hungrig sein muss, so sehr ist sie auf der Suche.

Erst 100 km vor Nossob treffen wir auf das erste Auto. Den kündigt eine dichte Staubwolke an, bevor das Auto um die Kurve gebrettert kommt. Der Fahrer scheint gestört zu sein. Er kann das Fahrzeug auf der Wellblechpiste kaum unter Kontrolle halten und in der Kurve beginnt der Wagen stark zu schwimmen. Das Fahrzeug driftet auf uns zu und ich sehe ihn schon frontal in unseren Wagen krachen. Wären wir bereits wenige Meter weiter vorn gewesen, wo sich die Kurve verengt, hätte es böse gekracht. Wir hätten einem Frontalcrash nicht ausweichen können. Das müssen mehr als 100 Sachen gewesen sein, mit denen der Typ unterwegs ist. In dem Moment, in dem er an uns vorbei ist, sind wir in eine dicke Staubwolke gehüllt und sehen erst einmal gar nichts mehr. Ein Nummernschild zu erkennen, ist unmöglich. Das ist aber auch sein Glück! Es dauert lange, bis sich der Staub etwas gelegt hat, denn es ist heute fast windstill. Mit einem gehörigen Schrecken in den Gliedern und nach einigen wütenden Schimpfkanonaden setzen wir unsere Fahrt fort.

In Cheleka - einem unserer Lieblingswasserlöcher - das aber leider im Moment trocken ist, sonnt sich eine Kobra auf dem Weg. Als wir uns ihr zu weit nähern, richtet sie sich auf und nimmt die für Kobras typische Drohgebärde ein, bevor sie in die Büsche flüchtet. Vom Fahrer eines anderen Fahrzeugs erfahren wir, dass bei Kaspersdraai direkt an der Straße hinter den Büschen Löwen liegen, die eine Oryx gerissen haben. Wir sind gespannt.

Die Stelle ist nicht wirklich schwer zu finden, denn es stehen schon ein paar Autos dort. Die beiden jungen Löwen haben es sich mit ihrer Oryxx hinter dem Busch im Schatten bequem gemacht. Stolz sitzen sie vor den Resten ihrer Beute aber mehr als ein flüchtiger Blick auf die Szenerie ist leider nicht drin. Nun gut, wir haben sie gesehen.

Im Camp in Nossob erledigen wir noch ein paar Einkäufe und füllen unsere Trink- und Brauchwasservorräte auf. Nun kann es weitergehen ins Wilderness-Camp Polentswa. Auch hier gibt es, wie in Rooiputs, weder Wasser noch Strom, aber auch keinen Zaun und kein Gate. Wir müssen uns also nicht an Einschlusszeiten halten und können in aller Ruhe noch einige Zeit am Wasserloch Kwang verweilen.

Nachdem wir in Polentswa unseren Stellplatz bezogen haben, machen wir noch einen Abstecher zum hiesigen Wasserloch das sich nur 500 Meter Luftlinie unterhalb der Campsite befindet. Leider ist hier das Gras überall so hoch, dass bei den Springböcken gerade noch der Kopf zu sehen ist. Kleinere Tiere sind hier perfekt getarnt und praktisch unsichtbar. Mit etwas Glück sieht man höchstens noch das Gras wackeln. Für Tiersichtungen ist das natürlich nicht so optimal. Am Wasserloch ist nichts los und so genießen wir den Sonnenuntergang im Camp. Wir grillen gemütlich, stoßen mit einem Savanna auf dieses herrliche Fleckchen Natur an und lauschen in die Nacht.



06. Mai 2009       Polentswa

Es ist noch ziemlich dunkel, als wir geweckt werden. Löwengebrüll - sehr nah! Mit Löwen haben wir hier irgendwie gar nicht gerechnet und freuen uns natürlich umso mehr. Das Brüllen wird mit jedem Mal lauter. Es ist ein Pascha - laut und kräftig und wir können schon das nachraunzen hören. Er ist also nicht mehr weit entfernt. Voller Spannung lauschen wir in die Nacht. Wir hören neben uns das Gras rascheln, wenn er darüber läuft. An unserem Grillplatz, keine 5 Meter neben unserem Auto dreht er eine kleine Runde und brüllt noch einmal kräftig, als wollte er uns begrüßen. Wow, ist das ein Klang. Böse Zungen behaupten ja, ich hätte ihn heute Nacht mit meinem Schnarchen angelockt. Na wenn das hilft! Wie auch immer, der Löwe macht uns seine Aufwartung. Viel mehr Tierbegegnung geht nicht. Wir halten im Dachzelt die Luft an und wünschen uns mal wieder Eulenaugen. Anleuchten wäre jetzt wohl keine gute Idee. Schließlich wollen wir ihn nicht verärgern oder erschrecken und wie sollten wir der Autovermietung erklären, dass diese Fetzen mal das Dachzelt war. Wir können hören, wie der Löwe zum Wasserloch runter läuft und immer mal wieder Laut gibt. Ist ja nett, dass er so auf sich aufmerksam macht und nicht einfach vor dem Zelt lagert. Jedenfalls hat sich der Tag schon gelohnt, obwohl er noch gar nicht richtig begonnen hat. Es ist gerade 5 Uhr und vorsichtshalber warten wir heute, bis es einigermaßen hell ist, bevor wir aufstehen. In der Ferne hatten wir gehört, dass Herr Löwe auf dem Rückweg ist und sich irgendwo zwischen dem 500 Meter Luftlinie entfernten Wasserloch und uns zur Ruhe gelegt hat.

Schnell haben wir unsere Sachen gepackt und sind abfahrbereit. Wir fahren die umliegenden Wasserlöcher ab, aber von Löwen keine Spur. Dafür können wir Falken beobachten, die versuchen, sich eine Taube zum Frühstück zu schlagen. Jeder hat dabei seine eigene Jagdtechnik. Bei Unions End sehen wir eine Hyäne. Als sie sich ins Gras legt, ist nichts mehr von ihr zu sehen. Auch 3 Löffelhunde können wir in der Ferne beobachten. Leider sind sie für ein vernünftiges Foto viel zu weit weg.

Gegen Mittag kehren wir ins Camp zurück und lunchen ausgiebig. Danach ist Siesta angesagt in unseren geliebten Hängematten. Deren Anschaffung hat sich so was von gelohnt! Im Dach unseres Stellplatzes entdecken wir unzählige Geckos, die es sich zwischen den Balken gemütlich gemacht haben. Schade, dass wir sie dort nicht fotografieren können. Auch ein paar Mäuschen und Eidechsen wohnen auf der Campsite. Ist sicherlich nicht der schlechteste Platz.

Am späten Nachmittag begeben wir uns noch einmal auf Abendpirsch. Am Polentswa-Wasserloch ist nichts los und so fahren wir noch einmal hoch bis Unions Ende zu den Löffelhunden. Tatsächlich "jagen" die 3 wieder da, wo wir sie heute morgen gesehen haben. Plötzlich werden aus den 3 Tieren 9 Löffelhunde. Die haben ihren Bau dort und der Nachwuchs ist aufgewacht. Wir hoffen, dass die Tiere noch etwas näher kommen, bevor das schöne Abendlicht weg ist. Leider geht dieser Wunsch nicht so ganz in Erfüllung. Dennoch haben wir viel Spaß daran, diese putzigen Tiere mit ihren großen Trichterohren zu beobachten. Mit Sonnenuntergang machen wir uns auf den Rückweg zum Camp. Wir sind weit und breit allein unterwegs und wir genießen dieses Gefühl von Freiheit und Einsamkeit.

Als Uwe am Grillen ist, wundert er sich über ein nagendes Geräusch am nahen Baum. Das lässt meinem Buschmann natürlich keine Ruhe und endlich hat er den Urheber gefunden. Eine Baummaus mit großen schwarzen Kulleraugen und weißem Bauch schaut aus einem Baumloch heraus. Als ob sie ahnt, was jetzt passiert, flüchtet sie flink in die Baumkrone und knabbert dort oben an den Ästen herum. Wir haben unsere liebe Not, das Tierchen vor die Linse zu bekommen. Mit vereinten Kräften gelingt es uns aber doch, ein paar Fotos zu schießen. Dafür lassen wir dann auch gern unsere Burewurst kalt werden.

Für unseren Müllsack, den wir schon vorsichtshalber hoch gehangen haben, interessiert sich ein Schakal und er gibt sich alle Mühe, den Sack zu erreichen. Beinah hat er es auch schon geschafft. Wir erwischen ihn dabei und er bekommt ordentlich Mecker. Offenbar ist er neu hier, denn die Schimpfe hilft und er lässt uns und den Sack in Ruhe - sogar nachts, als wir längst schlafen.

Etwas umsichtiger als sonst und immer mit einem Ohr wachsam, genießen wir den Abend und freuen uns schon auf unsere morgige nächste Station - die Mabuasehube Section, denn auch dort erwartet uns grenzenlose Natur und Ruhe.


07. Mai 2009       Polentswa - Bosobogola Pan (Mabuasehube Section)

Um 5 Uhr stehen wir auf. Der Himmel ist sternenklar, aber das Thermometer schafft es noch nicht über die 5°C-Marke. Gespannt lauschen wir in die Nacht. Beim Zeltabbau hören wir unseren Löwen am Wasserloch. Wir beeilen uns und hoffen natürlich, dass wir ihn heute Morgen endlich richtig zu Gesicht bekommen. Als wir auf den Zufahrtsweg fahren, läuft vor uns unser Pascha. Gemütlich, selbstbewusst und ohne jede Eile oder Scheu läuft er vor unserem Wagen den Weg entlang. Ganz so, als ob er denkt: "hier wohne ich und das ist meine Straße!" Ein paar Mal bleibt er stehen, schaut sich nach uns um und läuft dann unbeirrt weiter. Erst als der Zufahrtsweg nach rechts abbiegt, schlägt sich der Pascha links in die Büsche und ist im hohen Gras schnell verschwunden. Wir freuen uns diebisch, heute morgen schon wieder Löwenglück gehabt zu haben.

Gegen 7 Uhr geht die Sonne auf und das helle Gras der Savanne schimmert erst weiß, dann golden. Dazwischen stehen einzelne knöcherne Akazien und alte Kameldornbäume in der Ebene. Wie gestreift erscheinen die einzelnen Graslandflächen, die das Licht unterschiedlich reflektieren. Es herrscht eine unbeschreibliche Ruhe und eine solch friedliche Einsamkeit, dass man am liebsten bleiben möchte. Gut, dass wir während unserer weiteren Reise noch viele solcher idyllischen Plätze besuchen werden.

Kurz vor dem Langklaas-Wasserloch treffen wir auf eine Gruppe Löwen. 2 Weibchen und 3 Junge, die versucht sind, mit uns zu spielen. Neugierig schauen sie zu uns ins Auto und man sieht ihnen ihre Abenteuerlust so richtig an. Das Wasserloch Langklaas ist trocken. Die Löwen werden hier kein Wasser finden. Hoffentlich gibt es in der Nähe eine andere Wasserquelle.

Im Camp Nossob tanken wir noch einmal voll und füllen unsere Wasservorräte auf, bevor wir uns auf den gefürchteten Weg nach Mabuasehube machen. Wir kennen diese Strecke ja schon vom letzten Jahr und nehmen die Herausforderung gelassen an. Schnell lässt sich an den Spuren im Tiefsand erkennen, dass der Weg schon seit Tagen nicht mehr befahren wurde. Dafür kreuzen viele Tierspuren den Weg. Wir genießen diese großartige Dünenlandschaft, die uns hinter jedem Dünenkamm ein neues wunderbares Panorama bietet. Die Dünenfarbe wechselt von rot bis weiß. Oryx, Springböcke, Steinböckchen und Kuhantilopen grasen auf den Dünen.

Der Weg ist seit letztem Jahr wesentlich schlechter geworden und die Wellblechpiste lässt ein schnelleres Fahren nicht zu. Mehr als 40 km/h sind nicht drin und so ziehen sich die folgenden 163 km doch sehr. Auf dem gesamten Weg bis zur Mabuasehube Section treffen wir kein einziges Auto. Eigentlich ist die Gegend viel zu schön, um sie auf einer Tour zu absolvieren.

Am Nachmittag kommen wir an der Bosobogola Pan, der südlichsten Pfanne der Mabuasehube Section an. Die Pfanne breitet sich als riesiges Grasmeer vor uns aus. Auch hier ist das Gras hüfthoch und nur an einigen freien Flächen kann man Tiere sehen. Es herrscht eine friedliche Stille.

An der ganzen Pfanne gibt es nur zwei Campsites. Eine ist mit Toilette und eine ohne jeden "Komfort". Wir haben uns letztes Jahr die Campsites angeschaut und Platz 1 mit Toilette gebucht und bekommen. Der Platz ist schön groß mit einem wunderbaren Ausblick direkt auf die Pfanne. Als wir unsere Campsite beziehen wollen, ist die mit 4 Fahrzeugen und 8 Engländern im Rentenalter belegt, die sich bereits ordentlich ausgebreitet haben. Wir melden unseren Anspruch für diesen Platz an und es stellt sich heraus, dass diese Gruppe den Platz 2 gebucht hat, aber dort nicht hin will, weil es keine Toilette gibt.

Freundlicherweise bekommen wir angeboten, den Platz 2 zu nehmen oder mit ihnen diesen (unseren) Platz zu teilen. Jetzt geht Uwe aber der Hut hoch. Unmissverständlich und nicht mehr freundlich macht Uwe ihnen klar, dass wir auf keinen Fall ein Sharing unserer Toilette und des Platzes machen werden und sie sich gefälligst auf ihren Platz verziehen sollen. Wir haben diesen Platz ein Jahr im Voraus gebucht, um hier allein zu sein und nicht mit 8 anderen Leuten. Ziemlich angesäuert räumen sie widerwillig das Feld und wir können endlich unseren Platz in Beschlag nehmen, den wir für 2 Nächte gebucht haben. Schon als die Buchungsbestätigung kam, hatten wir uns riesig gefreut, dass es mit dieser Campsite hier geklappt hatte.

Wir sitzen noch lange gemütlich bei einem Savanna am Feuer. Inzwischen haben wir Vollmond und es ist wieder sternenklar. Allerdings scheint die Nacht frisch zu werden. Dank afrikanischer Sitzheizung lässt es sich aber dennoch gut aushalten. Dazu macht mir Uwe buchstäblich Feuer unter den Hintern in Form einer Schaufel Glut unter dem Stuhl - herrlich!

Als wir schlafen gehen, gräbt Uwe die restlichen Holzscheide im Sand ein, damit sie nicht weiter glühen.

Wir parken den Wagen so, dass wir morgen Früh den Blick auf die Pfanne haben. Nachts werde ich von Hyänengeheul geweckt. Es ist sehr nah. Die Tier müssen irgendwo in der Nähe der Campsite sein. Ich kann sie aber einfach nicht sehen.


08. Mai 2009       Bosobogola Pan (Mabuasehube Section)

Heute wollen wir nach der gestrigen langen Fahrt ausruhen und ausschlafen. Mit Blick auf die Pfanne lassen wir uns von der Sonne wecken.

Heute Nacht war es ganz schön frostig und sogar Uwe hat sich in seine beiden Schlafsäcke gekuschelt. Nun kostet es mich schon einige Überwindung, aus meinem herrlich warmen Daunenschlafsack zu kriechen. Das Thermometer steht irgendwo im Bereich der 3 °C. Zum Glück werden die klammen Finger schnell wieder warm, wenn erst einmal die Sonne am Himmel steht. Wir genießen die wunderbare Aussicht über die Pfanne und die göttliche Ruhe. Nur ein Auto der Engländer , die schon das zweite Mal bei uns vorbeischauen, ob wir vielleicht schon weg sind und sie nicht doch auf unsere Toilette können, stört diese Ruhe.

Wir inspizieren die Campsite und stellen fest, dass es sich eine ganze Familie Hyänen auf dem Platz um unser Feuer gemütlich gemacht hat. Es müssen auch ganz Kleine mit dabei gewesen sein, denn die Fußspuren sind zum Teil noch ganz winzig. Nun müssen wir erst einmal unsere Grillstöcke in der Gegend wieder einsammeln. Die hatten die Kleinen als Spielzeug benutzt, zerkaut und/oder weggeschleppt. Auch der Holzklotz, den Uwe in den Sand eingegraben hatte, musste als Spielzeug herhalten und wurde verschleppt.

Gemütlich frühstücken wir Speck mit Rührei, frisch gepressten Orangensaft und heißen Kaffee. Das Leben kann so schön sein!

Nach einigen ordnenden Handgriffen und einer Zeltreparatur - die Gaze am Fenster war ausgerissen und gewährte Motten und Mücken freien Zugang zu uns - besorgen wir erst einmal Holz aus der Umgebung. Danach wollen wir eine kurze Pirschfahrt zur Monamodi Pan machen.

Jetzt, zur Mittagszeit ist natürlich nichts los. Lediglich ein paar Steinböckchen springen aufgeschreckt durch`s hohe Gras, wenn man an ihnen vorbei fährt.

Unterwegs treffen wir auf ein Fahrzeug der Park-Ranger. Natürlich fragen wir den Fahrer nach Tiersichtungen. Er erzählt uns, dass an der Mabuasehube Pan ein Löwenrudel mit 10 Jungen direkt an der Straße liegt. Das lassen wir uns natürlich nicht zweimal sagen. Uwe gibt Gas. Tatsächlich finden wir die Kleinen direkt vor der Campsite Nr. 1, bevor es zum Wasserloch runter geht. Allerdings bekommen wir nur 7 der kleinen Löwen zu Gesicht. Aus den Büschen beobachten uns neugierig 7 Augenpaare von kleinen knuffigen Löwenkindern. Ihr Blick ist eine Mischung aus Angst und Neugier und ein wenig frech sehen sie auch aus. Leider verziehen sich die Kleinen, die im November 2008 geboren wurden und noch kein ½ Jahr alt sind, auf die andere Straßenseite in die Büsche. Dort haben sich offenbar schon ihre Eltern niedergelassen. Wir schauen den Kleinen, die man am liebsten knuddeln möchte, noch eine Weile beim Dösen zu. Leider versperrt uns das hohe Gras ziemlich die Sicht. An schöne Bilder ist leider nicht zu denken. Schade, aber immerhin haben wir sie gesehen - unsere tägliche "Ration" Löwe.

Wir fahren kurz zum Wasserloch runter an die Pan. Dort sitzen wie immer die Geier, aber mehr ist nicht los. Die Pan hat komischerweise dieses Jahr trotz der vielen Regenfälle kein Wasser. Verwundert stellen wir fest, dass alle 4 Campsites an der Mabuasehube Pan unbesetzt sind.

Den ganzen Tag treffen wir kein einziges Fahrzeug. Das verstärkt noch den Eindruck, allein inmitten der Wildnis zu sein. Morgen haben wir die Campsite in der Mpayathutlwa Pan gebucht. An ihr fahren wir noch schnell vorbei, um zu sehen, ob das Wasser funktioniert. Erst kommt Luft, dann rostig braune Brühe. Aber immerhin! Hier war offenbar schon lange Keiner mehr. Auch die beiden Campsites an dieser Pan sind leer. Vor uns springt erschrocken eine Wildkatze durchs hohe Gras und ist im nächsten Moment auch schon wieder unsichtbar.

Am Wasserloch hatten wir mehrere Gaukler gesehen. Leider bleiben die nicht sitzen, als wir klappernd "angeritten" kommen. Dafür kann ich am Rand der Pfanne im hohen Gras eine braune Hyäne sehen, die sich zielstrebig dem Wasserloch nähert. In großem Bogen läuft sie um das Auto herum, um unsere Witterung aufzunehmen. Offenbar stinken wir schon genauso wie sie; jedenfalls lässt sie sich von uns nicht weiter irritieren und trinkt ausgiebig am Wasserloch.

Der Hyäne folgen als "Anhängsel" 2 Schakale, wohl in der Hoffnung, dass auch für sie etwas Essbares abfällt, wenn die Hyäne Beute macht. Wir freuen uns über unser Glück, auch einmal eine der sehr seltenen und fast immer nachtaktiven braunen Hyänen aus nächster Nähe beobachten zu können.

Gerade als wir die Mpayathutlwa Pan verlassen wollen, stehen plötzlich viele Löffelhunde neben uns. Wir sind total buff. Mit ihnen hätten wir hier nicht gerechnet. Nach einer kurzen Schrecksekunde nehmen sie dann aber Reißaus und schaffen den nötigen Abstand zwischen sich und uns. Sie haben offensichtlich gerade ausgeschlafen und waren noch etwas verträumt.

Das war ja noch eine richtig ergiebige Pirschfahrt. Glücklich kehren wir zu unserer Campsite zurück. Nach leckeren Grillsteaks mit Folienkartoffeln gehen wir zufrieden schlafen. Natürlich hoffen wir auf nächtlichen Besuch der Hyänenfamilie. Als Gastgeschenk gibt es die Knochen unserer Steaks.


09. Mai 2009       Bosobogola Pan - Mabuasehube Pan

Leider hat uns heute Nacht die Hyänenfamilie nicht besucht. Dafür ist ein Perlkauz vor unserem Zelt auf nächtlichen Beutfang gegangen und immer wieder hat er auch zu Fuß gejagt. Auch heute Nacht haben uns die Fledermäuse umschwärmt und hin und wieder hat sich auch eine unter das Vordach verirrt. Die Nacht war jedenfalls wieder ziemlich frostig und heute Morgen zeigt das Thermometer gerade 2 °C. Das Wasser im Schlauch ist jedenfalls gefroren. Gut, dass ich meine Handschuhe dabei habe. Uwe lehnt natürlich dankend die lange Hose ab. Er weiß, dass es sowieso bald wieder schön warm wird.

Wir beeilen uns, zur Mabuasehube Pan zu kommen und hoffen natürlich, noch einmal auf das Löwenrudel zu treffen. So haben wir gar keine richtige Muse für das Naturspektakel an der Bosobogola Pan. Während dort nämlich die Sonne glutrot aus der Pfanne aufzusteigen scheint, geht am anderen Pfannenrand gelb und voll der Mond unter. Obwohl es Vollmond ist, sieht er irgendwie "verdellt" aus.

An der Mabuasehube Pan fahren wir gleich runter zum Wasserloch. Mitten in der Pfanne - durch das Flirren der Hitze können wir es gar nicht richtig erkennen - sind unsere Löwen. Die Kleinen tollen herum, rennen zwischen den Erwachsenen hin und her, während sich die Eltern noch etwas ausruhen. Sogar der Pascha ist mit dabei. Rasch suchen wir uns eine günstige Fotoposition am Wasserloch - nicht zu nah, damit wir die Tiere nicht stören. Nun heißt es, Geduld zu haben. Früher oder später werden sie zum Trinken kommen.

Endlich erheben sich die erwachsenen Löwen und das ganze Rudel bewegt sich auf uns zu. Übermütig rennen die Kleinen hin und her und spielen miteinander. Als Erster und mit zügigem Schritt kommt der Pascha. Er trinkt nur ganz kurz, schaut zu uns herüber, prüft die Gegend und läuft stolz weiter.

Nacheinander kommen tapsigen Schrittes die 8 Kleinen. Zwischendrin sind die 3 Mütter, die immer von den Kleinen beobachtet werden. Durstig schubsen und drängeln die Kleinen sich zwischen den Müttern am Wasserloch. Jedes will den Platz, der am nächsten bei der Mutter ist. Es ist eine Freude, ihnen zuzusehen, wie sie gierig das Wasser schlabbern. Immer wird dabei noch aufmerksam die Gegend beobachtet. Nach und nach trottet die Gruppe an uns vorbei in Richtung Straße.


Die Kleinen machen einen kleinen Umweg über die Felsen vor Campsite 1 und einige verspielen sich dort. Nach einer Weile werden sie dann von ihrer Mutter geholt, die sie mit mahnendem Grollen ruft und auffordert, ihr zu folgen. Ganz so als ob sie sagt: "jetzt kommt endlich". Tapsig, verspielt und voller Übermut balgen die Kleinen mal miteinander, dann schubsen sie wieder und kuscheln sich an ihre Geschwister. Es ist goldig und am liebsten würden wir eins von ihnen einpacken.


Gerade noch rechtzeitig vor dem Eintreffen der Löwen kam noch ein junges Pärchen zum Wasserloch gefahren und kann das Löwenrudel ebenso hautnah beobachten. Wie sich später herausstellt, sind es auch Deutsche, die hier letzte Station vor der Heimreise machen und im ganzen Chobe und Moremi keinen einzigen Löwen gesehen haben. Nun sind sie natürlich total happy über diesen krönenden Abschluss ihrer Reise.

Oben an der Straße trottet die ganze Gruppe dann leider viel zu schnell in den Busch, wo man sie nur noch erahnen kann.

Das frühe Aufstehen hat sich jedenfalls schon wieder gelohnt. Auf der Campsite 2 plaudern wir noch ein wenig mit dem deutschen Paar, bevor die beiden schweren Herzens ihre Heimreise antreten. Nicht ohne allerdings schon neue Pläne für einen längeren Aufenthalt hier gemacht zu haben. Auch sie hat die Magie der Kalahari gefangen.

Wir frühstücken erst einmal in aller Ruhe und widmen uns dann ausgiebig einer Ganzkörperreinigung. Das tut gut, auch wenn das Wasser der Duschen schon ziemlich kaaalt ist. Frisch rasiert, gecremt und geputzt spielen wir noch ein wenig mit den beiden jungen Fuchsmangusten. Die sind so zutraulich und neugierig, dass wir unseren Spaß haben - und schon wieder im Dreck liegen. Eine beißt mir dann auch neugierig in die rot lackierte Zehe und ich bin mindestens genauso erschrocken wie sie. Sie wollte wohl sehen, ob man das auch essen kann. Zum Glück sind die scharfen Beißerchen noch nicht so richtig ausgebildet und so hat es nur gezwickt.

Am Nachmittag fahren wir noch einmal ans Wasserloch, schauen den vielen Geiern beim Sonnenbaden zu und amüsieren uns über einen Schlangenadler beim Trinken. Der stellt sich vielleicht an! Einer der Wollkopfgeier trägt eine große gelbe Plastikmarkierung im Gefieder. Der Arme sieht richtig verschandelt aus.

Wir schauen noch einmal bei den Löwen vorbei, aber die schlafen noch. So fahren wir in die Mpayathutlwa Pan und hoffen, dass das Rudel Löffelhunde so langsam wach wird. Die beiden Campsites an dieser Pan sind auch heute leer. Im Abendlicht sieht die Pan wunderschön aus. Das gelb leuchtende Gras und das zarte Grün in dieser friedlichen Stille sind pure Entspannung.

Tatsächlich ist die Löffelhundfamilie von ca. 15 Tieren bereits in alle Richtungen ausgeschwärmt. Dank ihrer sehr guten Ohren nehmen sie natürlich gleich Reißaus, wenn unser klapperndes und lärmendes Ungeheuer kommt. Wir schauen ihnen dennoch zu, bis die Sonne untergeht. Längst haben wir beschlossen, die Nacht auf einer der Campsites in der Mabuasehube Pan zu verbringen. Nachdem heute Nachmittag noch alle 4 Plätze frei waren, werden die ja jetzt nicht alle belegt sein. So haben wir vielleicht morgen Früh noch einmal Gelegenheit, das Löwenrudel und die putzigen Kleinen zu sehen.

Obwohl es schon dunkel ist, als wir in der Mabuasehube Pan ankommen, will Uwe noch einmal bei den Löwen vorbei schauen. Dagegen habe ich natürlich nichts einzuwenden. Tatsächlich liegt inzwischen die ganze Großfamilie an der Straße. Die Kleinen sind putzmunter. Mit großen Kulleraugen kommen sie neugierig auf uns zu und bestaunen dieses große "Tier". Unser Licht hinten und vorn interessiert sie ganz besonders. Mehrere der Kleinen laufen staunend um das Auto herum. Andere gucken neugierig in die Kamera. Der Blitz scheint auch recht interessant zu sein. Auf jeden Fall stört er sie überhaupt nicht. Nachdem die erste Neugier gestillt ist, wenden sie sich wieder ihren Geschwistern und Eltern zu. Verschmust balgen sie miteinander, beklettern ihren Papa oder necken die Mama. Wir schauen dem Treiben im Schein unserer Scheinwerfer noch eine ganze Weile zu und können uns eigentlich gar nicht losreißen.


Nur widerwillig machen wir uns auf die Suche nach einer freien Campsite an der Mabuasehube Pan. Naja, Platz Nr. 1 ist auf jeden Fall frei. Dort wohnen nur die Löwen. Platz Nr. 2 ist inzwischen belegt. Die 4 "Besitzer" - alles erwachsene Männer - haben sich mit einem mannshohen Fangnetz um ihr Schattendach herum buchstäblich verbarrikadiert. Wir können uns ein Lachen nicht verkneifen. Lautstark trinken sie sich bereits Mut an. Campsites Nr. 3+4 sind beide frei. Wir entscheiden uns für Nr. 4, damit wir möglichst wenig von dem Trubel der 4 "Helden" mitbekommen. Ganz vermeiden lässt sich das allerdings dennoch nicht. Der Wind trägt die Stimmen weit.

Wir müssen unser Abendessen - heute gibt es Burewurst mit Grillkartoffeln und Käsecreme - gegen einen ziemlich furchtlosen und sehr hartnäckigen Schakal verteidigen. Der Busche lässt sich kaum abwimmeln und stellt sich dabei ziemlich schlau an. Erst nach dem Aufwasch zieht er endlich ab. Im Klohäuschen sitzt ein großer, fett gefressener Gecko an der Wand. Der hat hier auch sein Paradies gefunden. Um Fliegenmangel muss er sich jedenfalls keine Sorgen machen. Heute Abend ist es wieder ganz schön frisch und die Glut unter dem Stuhl schon nötig, wenn der Popo nicht zu kalt werden soll. Dafür ist der Sternenhimmel gigantisch schön. Im Baum über uns leben 2 Baummäuse und ihr monotones Knabbern der Rinde begleitet uns in den Schlaf.


10. Mai 2009       Mabuasehube Pan - CKGR

Heute morgen schafft es das Thermometer immerhin auf 5 °C. Löwen haben wir heute Nacht nicht gehört. Natürlich verlassen wir die Mabuasehube Pan nicht, ohne noch einmal nach "unserem" Löwenrudel zu schauen. Leider vergeblich, denn sie sind wohl noch unterwegs.

Warten können wir nicht, dafür haben wir heute zu viel vor. Wir verlassen heute den Kgalaghadi TP bzw. die Mabuasehube Section über das Mabuasehube Gate und fahren weiter ins Centralkalahari Game Reserve (CKGR). Dazu müssen wir noch an der Mpayathutlwa Pan vorbei. Dort statten wir diesem Wasserloch noch einen kurzen Besuch ab, aber es ist verwaist. Die Sonne steht noch ziemlich tief und so entdecke ich die Reste eines Springbocks in einem nahen Baum. Aha, der Leopard streift also immer noch hier im Revier herum. Schade, wir hätten ihn gern einmal gesehen. Gerade wollen wir unseren Weg fortsetzen, als mitten in der Pfanne ein Löwenpärchen schnurstracks auf das Wasserloch zustrebt. Wir sind außer uns vor Freude. Das ist "unser" Löwenpärchen vom letzten Jahr, das wir auch hier in der Pan getroffen haben. Gekrönt worden wäre dieses Wiedersehen natürlich noch damit, wenn sie uns Nachwuchs hätten vorführen können. Leider tapsen hinter den Beiden keine kleinen Löwenkinder her. Dafür ist er noch schöner geworden mit seiner vollen dunklen Mähne. Wir freuen uns, dass es den Beiden offenbar gut geht und hätten nicht zu hoffen gewagt, sie noch einmal wieder zu sehen. Am Wasserloch trinken sie direkt aus dem Zulaufrohr, das schon aus der Erde gebuddelt worden ist. Die abgestandene "Brühe" im Wasserbecken schmeckt ihnen offenbar weniger gut. Sie lieben eben auch das frische Wasser.

Nachdem Beide ihren Durst gestillt haben, laufen sie vor uns auf dem Weg zielstrebig zum alten Scout Camp. Erst dort drehen sie ins hohe Gras ab und sind dann für uns unsichtbar. Es ist wie eine Verabschiedung, dass wir diese Begegnung noch erleben dürfen, bevor wir dieses herrliche Gebiet verlassen.

Am Gate halten wir noch einen kleinen Plausch mit den Rangern und erfahren, dass die Pläne für die Mabuasehube Lodge erst einmal wieder auf Eis gelegt wurden - hoffentlich für immer. Bei unserer Ausreise aus dem Park interessiert sich übrigens niemand dafür, ob und von wo wir einen Einreisestempel haben aber das weiß man ja immer erst hinterher.

Wir setzen unsere Fahrt fort in Richtung Kang. Der Weg ist breit, aber tiefsandig. Ein Stück der Straße wurde bereits mit Kies aufgeschüttet. Das fährt sich aber schlechter als die Sandspur und so wechseln wir wieder auf die Sandpiste neben der neuen Straße. Ist die neue Straße vielleicht der Anfang für das geplante Bauvorhaben einer Lodge an der Mabuasehube Pan? Es wäre eine Katastrophe, dieses herrliche Fleckchen Erde zu verbauen. Dann ist es vorbei mit der Abgeschiedenheit und Einsamkeit. Die Tau-Pan-Lodge im CKGR ist der Anfang einer touristischen Erschließung und das Ende der Kalahari-Magie.

Wieder sonnt sich auf der Straße eine Puffotter und entfernt sich nur widerwillig, als wir sie fotografieren.

Ab Hunkuntsi ist die Straße geteert und wir kommen zügig voran. In Kang tanken wir und im Kang Ultra Shop wollen wir uns vom Besitzer eigentlich Rat holen, ob wir einen direkten Weg von Kang nach Tsetseng nehmen können. Der Shop-Besitzer betreibt in Tsetseng eine Lodge und sollte es wissen. Leider ist der Shop gerade rappelvoll. Ein anderer Farmer der Gegend rät uns von diesem Weg ab. Er sei ihn letztes Jahr im November gefahren und da wäre die Strecke sehr verwildert, zum Teil tiefsandig und zugewachsen gewesen. Also bleibt uns nichts anderes übrig, als die stupiden 217 km auf dem Trans-Kalahari-Highway zurückzulegen, um dann die Hälfte wieder zurückzufahren. Immerhin ist die Straße ordentlich geteert, es ist kaum Verkehr und Löcher gibt es auch keine. Einzige Abwechslung sind die hübschen Kühe, die an der Straße stehen und deren Schlappohren irgendwie witzig aussehen.

In Ghanzi tanken wir noch einmal randvoll, bevor wir uns auf den Weg nach Xade machen. Inzwischen ist es 15:30 Uhr und uns bleiben noch 3 Stunden, bis es dunkel wird. Wir wollen bis New Xade fahren und kurz hinter dem San-Dorf wild campen. Bis New Xade ist die Straße zwar unbefestigt, aber breit und gut ausgebaut.

Wir kommen gut voran, wundern uns aber über den häufigen Gegenverkehr. Woher kommen die vielen Autos? In New Xade endet doch die Welt?. Immer mal wieder muss Uwe eine Vollbremsung hinlegen, wenn wir wieder an einer Schlange vorbeigefahren sind, die sich auf dem warmen Sandboden wärmt. So sehen wir 3 Puffottern und eine Kupfernatter, die gut ihre 1,50 m Länge hat, aber schnell entschwindet, als wir zurücksetzen. Die Puffottern dagegen sind ziemlich träge und verziehen sich eher widerwillig. Eine von ihnen ist ein besonders stattliches Exemplar - armdick und ziemlich lang. Faszinierend, aber gut, dass wir im Auto sitzen.

Gegen 17 Uhr erreichen wir New Xade. Von dort geht der Weg zum CKGR ab. Als wir vor zwei Jahren hier waren, stand an dieser Stelle ein überdimensionaler Wegweiser, aber es gab keinen Weg - nur ein schmaler, zugewachsener zweispuriger Pfad führte durchs Gestrüpp.

Heute trauen wir unseren Augen kaum. Dem dichten Buschwerk ist eine zweispurige Piste gewichen. Das übergroße Schild ist verschwunden. Nur ein kleiner Wegweiser zeigt an, dass wir richtig sind. Dafür stehen hier 2 große LKW, jeweils mit einem großen Wassertank beladen, die offensichtlich diese Strecke fahren. Aus der üblen Tiefsandpiste, für die wir damals mehrere Stunden gebraucht haben, ist eine easy-leichte Piste geworden. Keine Herausforderung an einen versierten Offroadfahrer. Das Auto läuft buchstäblich von allein in der tiefen, festgefahrenen Spur und wir kommen gut voran. Ein Ausbrechen nach rechts oder links ist fast unmöglich. Uwe ist entsetzt und enttäuscht. Die Spur sieht aus, als hätte man sie neu gewässert, damit sie schön fest werde. Was soll das Ganze? Ist das die touristische Erschließung des Parks, einem Juwel, das bisher noch weitgehend unberührt war?

Bis zum Gate des CKGR sind es 70 km und ~40 km bis zur Parkgrenze. Da es kaum möglich ist, nach rechts oder links auszubrechen, gibt es auch keine Möglichkeiten, sich irgendwo an den Rand zu stellen. Wir beschließen, noch ein Stück zu fahren und spätestens an der Parkgrenze zu übernachten. Dort ist genügend Platz und ein wenig Zeit bis zum Einbruch der Dunkelheit haben wir noch. Die 40 km schaffen wir noch gut und sind um kurz vor 19 Uhr an der Cutline Road, die die Parkgrenze darstellt. Die breite Schneise, die gleichzeitig als Feuerschneise dient, bietet genug Platz und mit Autos ist heute hier nicht mehr zu rechnen. So bauen wir unser Zelt an der "Hauptstraße" auf, sehen zu, dass die Leiter nicht zu weit auf die Straße ragt und gehen schlafen. Gerade geht der dunkelgelbe Vollmond wieder ziemlich spektakulär hinter den Schirmakazien auf.


11. Mai 2009       CKGR (Xade-Gate) - Piper Pan

Es ist 3 Uhr nachts, als es leicht zu regnen beginnt. Uwe hat gerade noch Zeit, unser Holz vom Dach ins trockene Wageninnere zu bringen. Dann schüttet es aus allen Kübeln. Unser nagelneues Zelt bekommt seine erste Regentaufe und wir sind heilfroh, dass wir ein Regenüberdach haben. Im alten Zelt wären wir ziemlich feucht geworden. Jetzt bleiben wir wunderbar trocken und fast ist es gemütlich. Auf jeden Fall schlafen wir noch einmal ein und als um 5:45 Uhr der Wecker klingelt, ist der Spuk auch schon wieder vorbei. Es ist morgens sogar wärmer als die vorhergehenden Tage. Ein Auto ist uns übrigens hier nicht begegnet.

Schnell haben wir alles verpackt und können unsere restliche Wegstrecke bis zum Xade-Gate des CKGR fortsetzen. Am Himmel herrscht noch immer Gewitterstimmung, aber es gibt ein wunderschönes Licht. Die werden am Gate große Augen machen, wo wir um diese Uhrzeit schon herkommen. Allerdings öffnet das Tor ja schon um 6 Uhr und das schaffen wir nun wirklich nicht, gleich 6 Uhr vor der Tür zu stehen.

Dem Besucherbuch des Parks ist zu entnehmen, dass vor 2 Tagen die letzten Besucher hier in den Park eingereist sind. Schmunzelnd nehmen wir zur Kenntnis, dass vor dem offiziellen Gate bereits links eine Spur in den Park führt. Die ist wahrscheinlich für die LKWs gemacht worden, weil die nicht durch das Tor passen. Hier kommt man also jederzeit heraus oder herein.

Die weiteren 90 km bis zur Piper Pan ziehen sich ziemlich. Dafür gibt es viele Vögel zu beobachten. Unterwegs sehen wir sogar ein paar Pfützen und viele Löwenspuren, aber keine Kätzchen. Unser obligatorischer täglicher Löwe lässt heute noch auf sich warten.

Endlich liegt die Piper Pan vor uns. Ein weites, leuchtend gelbes Grasmeer, das sich im Wind wiegt. Dazwischen ein paar knorrige Cammiphorabäume und einzelne Akazien in zartem Grün.

Im Gras weiden Oryxherden, Springböcke und Kudus. Auch Strauße spazieren gemütlich durch die Grassavanne. Immer wieder fliegen aufgeregt Gackeltrappen auf und geben ein schnatterndes Schimpfkonzert, bis ihnen die Luft ausgeht. Das hört sich so witzig an, dass wir jedes Mal lachen müssen.

Mit Freude stellen wir fest, dass an der Piper Pan ein schönes Wasserloch entstanden ist. Im Moment sind dort allerdings gerade keine Tiere. Das ändert sich hoffentlich heute Nachmittag. An der Campsite 1 angekommen, frühstücken wir erst einmal in aller Ruhe und spannen dann zum Schutz gegen die Sonne unser Tchibo-Sonnendach auf. Ein Glück, dass wir es haben, denn hier gibt es kein Schattendach. Das Sonnensegel ist schön leicht, lichtdurchlässig und abwaschbar. Gemütlich genießen wir die Ruhe und Einsamkeit. Am Nachmittag brechen wir noch einmal zu einer Pirschfahrt auf. Kaum haben wir den Rücken gedreht, fallen jede Mange Raben über unsere Reste her.

Noch immer weht der Wind recht heftig und gerade bildet sich knapp neben mir eine "Sandhexe". Diese kleinen fiesen "Minnitornados" sammeln jede Menge Staub auf und wenn man in diesen Windstrudel gerät, bekommt man den Dreck buchstäblich um die Ohren geblasen. Sie entstehen völlig unvorhersehbar und halten sich meist nur wenige Minuten, aber ihre Wirkung ist dennoch ziemlich nachhaltig. Aber so unvermittelt, wie sie sich bilden, lösen sie sich auch wieder auf.

Auf dem Piper-Pan-Loop treffen wir wieder auf große Gnu- und Oryxherden, sehen Springböcke, Kudus, Kuhantilopen, Strauße, Erdhörnchen und einen Schakal. Am Rand der Pfanne geht gerade ein Honigdachs auf Nahrungssuche. Ein paar Mal schaut er zu uns hoch und läuft dann los - erst parallel zur Straße, dann will er sie überqueren. Uwe schneidet ihm den Weg ab und der Honigdachs fletscht schon die Zähne und knurrt gewaltig. Er ist richtig sauer und jeden Moment rechne ich damit, dass er das Auto attackiert. Er überlegt es sich dann aber doch noch anders, dreht ab und flüchtet in die Büsche. Diese Beißerchen hätte ich nicht im Bein und auch nicht im Reifen haben wollen. Man sagt ja nicht umsonst, dass die kleinen Kerlchen sehr mutig und wehrhaft sind und sogar viel größere Tiere angreifen, wenn sie sich verteidigen müssen.

Am Wasserloch ist nichts los. Als wir zurück zur Campsite kommen, haben die Schildraben inzwischen unseren Müllsack, den wir extra nach oben in den Baum gehangen hatten, total zerlegt. Eine Kudufamilie äst gemütlich an den umstehenden Sträuchern.

Rot geht der Vollmond am Rand der Pan auf und beleuchtet einen gigantischen Sternenhimmel. Das ist wieder so eine Nacht, in der es eigentlich viel zu schade ist, sie zu verschlafen. Man verpasst sooo viel!

Ein Kaptriel (nachtaktiver Laufvogel) trippelt die ganze Nacht vor unserem Zelt herum und sucht sich sein Abendessen. Der Schakal schaut auch mal vorbei und die Kiebitze schimpfen aus vollem Hals, wenn ihnen etwas Verdächtig erscheint oder Gefahr droht.


12. Mai 2009       Piper Pan - Tau Pan (CKGR)

Die ganze Nacht haben wir Löwengebrüll aus unterschiedlichen Richtungen gehört. Gerade geht ein recht alter Löwenmann unten auf dem Weg entlang. Er ist keine 50 Meter von uns entfernt. Sein Brüllen klingt schon etwas kraftlos und verbraucht. Er kommt offenbar vom Wasserloch. Voller Neugier sind wir schnell startklar und fahren noch einmal die Gegend ab. Leider können wir keine Löwen sehen, auch wenn wir ihr Brüllen in der Ferne hören. Es bleibt wohl heute eine akustische Begegnung. Wieder herrscht Gewitterstimmung, doch es bleibt trocken und warm ist es sowieso.

Wir setzen unsere Fahrt in Richtung Tau Pan fort. Dort haben wir für die Campsite 1 eine Reservierung für die nächsten beiden Nächte. Mal sehen was dran ist an den Berichten über die neu eröffnete Lodge an der Tau Pan.

Auch heute schrecken wir unterwegs immer wieder Gackeltrappen auf, die dann empört aufsteigen und schnattern, bis die Luft weg bleibt. Sie ringen mir jedes Mal ein Schmunzeln ab und könnten eigentlich auch "Gute-Laune-Vögel" heißen.

Am Rand der San Pan steht ein vollständig ausgebrannter PKW. Noch nicht einmal seine ursprüngliche Farbe kann man mehr erkennen. Wer zum Teufel ist auf die Idee gekommen, mit so einem Fahrzeug in dieses Gelände zu fahren? Haben ihn Buschfeuer überrascht oder Grassamen im Kühler den Brand verursacht? Wir werden es nicht erfahren, aber mit einem normalen PKW und dann noch Benziner geht man nicht in dieses Gebiet. Das Auto soll wohl nun als Abschreckung für weitere Unvernünftige dienen.

Wir treffen heute sehr viele Strauße, die meist in Gruppen unterwegs sind. Ob sie auch Nachwuchs mit führen, können wir leider wegen dem hohen Gras nicht erkennen. Manchmal sieht es allerdings so aus, als ob da noch irgend etwas durch das Gras wuselt. An einem frischen Riß stehen viele Geier und Schakale rennen aufgeregt hin und her. Wir versuchen, im hohen Gras etwas mehr zu erkennen, aber es ist nichts zu machen. Dafür sehen wir gleich neben dem Weg eine frische Blutspur. Hier hat offenbar gerade ein Gepard seine Beute geschlagen. Das Revier ist auf jeden Fall sehr gepardengerecht - weites offenes Grasland und viele Springböcke. Schade, dass das Gras auch hier so hoch ist. Dabei hat es letztes Jahr im September in der Central-Kalahari großflächig gebrannt. Man kann es noch an den Sträuchern erkennen. Es ist schon erstaunlich, wie schnell sich die Natur erholt und offenbar diesen Regenerierungsprozess auch braucht.

Auch die Tau-Pan ist eine wunderschöne goldgelbe Grasebene, in der sich die Tiere zu versammeln scheinen. Es gibt sogar Gruppen von Giraffen. Wir sehen Oryxherden, Gnus, Kuhantilopen, Sekretäre, Großtrappen, Erdhörnchen, Gackel- und Schwarzbauchtrappen und immer wieder im Schatten liegend auch Schakale.

Es dauert eine Weile, bis wir die Campsite Nr. 1 gefunden haben. Die einzige Campsite direkt an der Pan hat keine Nummer (mehr). Das Schild wurde entfernt. Die Lage dieser Campsite ist einfach traumhaft - direkt am Pfannenrand mit Blick über die riesige Ebene. Die Gruppe Akazien, in die die Campsite integriert ist, bildet ein dichtes Schattendach. Noch schöner geht es nicht. Der Campsite selbst sieht man an, dass sie schon längere Zeit nicht genutzt wurde. Viele Vögel haben ihre Kugelnester in die Bäume gebaut und ziehen dort ihren Nachwuchs auf. Unsere Gegenwart stört sie dabei überhaupt nicht - im Gegenteil, wir werden dreist angebettelt. Als das nicht funktioniert, suchen die Vögel furchtlos um uns herum nach Nahrung. Eine große Spinne hat ihr riesiges Nest in eine der Akazien gebaut. An den Nachbarakazien äst gerade eine Giraffenfamilie mit ihrem Nachwuchs.

Auf der Anhöhe am Rand der Pfanne und direkt im Rücken der Campsite 1 befindet sich die neue Lodge. Sie wurde am 2. März 2009 eröffnet und verfügt über 10 Chalets und ein Haupthaus - natürlich alle mit direktem Blick auf die Pfanne. Zwischen der Campsite und der Lodge wurde ein Wasserloch errichtet, das man von der Campsite aus aber weder sehen noch erreichen kann. Die Tiere müssen, um zum Wasserloch zu gelangen, alle die Campsite passieren, auf das die elitären Lodgebesucher natürlich freien Ausblick haben.

Beim Umrunden der Pfanne können wir wieder Löffelhunde beobachten, die in der Sonne dösen. Auch eine Wildkatze hat es sich im Gras gemütlich gemacht und meint, abducken reicht aus, um nicht gesehen zu werden. Uwe will es wissen und steigt mit der Kamera bewaffnet aus. Mit so viel Dreistigkeit hat die Wildkatze wohl nicht gerechnet und so gelingt es Uwe, ihr doch noch ein paar Fotos aus nächster Nähe abzuringen.

Unterwegs treffen wir auf das Fahrzeug der neuen Lodge, die von Kwando-Safari betrieben wird. (Diesem Unternehmen gehört auch noch die neue Lodge in der Nxai Pan.) Der Manager der Lodge und seine Frau/Freundin sitzen allein im Safari-Fahrzeug. Sie würdigt uns keines Blickes doch vom Manager erfahren wir, dass die Lodge im Moment keine Gäste hat. Außerdem gebe es Probleme mit der Wasserpumpe. Innerlich atmen wir auf, schließlich heißt das für uns, dass wir Ruhe haben.

Als wir sagen, dass wir für 2 Nächte die Campsite 1 gebucht haben, sieht der Manager ziemlich angesäuert aus. Er erzählt uns, dass es die Campsite Nr. 1 eigentlich gar nicht mehr gibt (deshalb kein Schild mehr). Die Schließung aller Campsites an der Tau Pan sei Bestandteil des Agreements zum Bau der Lodge gewesen. Ich frage den Manager, warum die Campsite geschlossen wird und was wir da zur Antwort bekommen, lässt uns ziemlich sauer werden. Er meint, dass das Feuer der Camper den Ausblick der Lodge-Gäste störe. Man will den Gästen den Eindruck der Einsamkeit vermitteln und dabei stören natürlich die Camper. Die Lodge beansprucht Exklusivität für die gesamte Tau Pan. "Dahergelaufene popelige" Camper stören natürlich dabei den Ausblick dieser Luxusgäste, zumal die Camper noch viel näher an der Natur dran sind, als die Luxuselite auf ihrem Berg. Klar, für 3000 Pula pro Person und Nacht (ca. 300 Euro) kauft man auch gleich ein Stück Kalahari mit. Außerdem hat man Angst, dass die Camper das Wild davon abhalten, ans Wasserloch zu kommen. So gehören wir wohl zu den letzten Gästen dieser Campsite. Man sollte ein Kreuz aufstellen! Wir sind wütend und traurig, dass wieder Geld und Macht über die Natur gesiegt haben. Warum kann man nicht einfach dieses Gebiet so unerschlossen lassen, wie es war? Wer wirklich naturverbunden ist und diese Gegend kennen lernen will, wird sich auch mit dem Campen arrangieren.

Fast schon begeistert hören wir, dass sich schon seit längerer Zeit kein Löwe mehr in der Tau Pan hat blicken lassen. Na die haben wenigstens Charakter!

Zurück im Camp fühlen wir uns irgendwie beobachtet. Das Gefühl der Einsamkeit und das Wissen, im Umkreis von 30 oder mehr Kilometern der einzige Mensch in diesem Gebiet zu sein, ist verloren. Mit dem Wissen, hier nicht willkommen zu sein, können wir die Schönheit dieser Pfanne gar nicht mehr so richtig genießen.

Unser Abendprogramm gestaltet heute eine Stabheuschrecke, die aussieht wie ein langer Grashalm und sich so perfekt an ihr Habitat anpassen kann. Außerdem ist sie so leicht wie ein Grashalm und kann sich vom Wind fortbewegen lassen. Es ist schon faszinierend, welche Wunder die Natur zustande bringt. Wir versuchen, diesem großen "Grashalm" ein paar Fotos abzuringen, was sich als ziemlich schwierig erweist.

Nachts schlagen die Kiebitze bei jeder Gefahr laut gackernd und ziemlich penetrant an. Diese Alarmanlage ist nicht zu überhören und ziemlich zuverlässig. Die herumstreunenden Schakale entgehen jedenfalls den wachsamen Augen der Kiebitze nicht.



13. Mai 2009       Tau Pan - Sunday Pan (CKGR)

Wir bewundern einen traumhaften Sonnenaufgang in der Tau Pan. Das weiße Gras glitzert im Gegenlicht. Beim Umrunden der Pfanne können wir - von den "üblichen" Tieren abgesehen - nichts Aufregendes entdecken und so beschließen wir, in Richtung Passarge Valley zu fahren.

Das Passarge Valley gefällt uns sehr gut. Hier halten sich auch gerade viele Tierherden auf. Unterwegs besichtigen wir auch gleich die Campsites, an denen wir vorbei kommen. CKPAS Nr. 3 ist ziemlich im Gebüsch und hat keine schöne Aussicht, aber CKPAS Nr. 2 ist sehr schön am Pfannenrand gelegen. Von hier hat man einen tollen Ausblick auf die tierreiche Pfanne. Teilweise fahren wir Wege, auf denen das Gras vor uns hüfthoch ist. Viel besucht kann diese Gegend nicht sein.

Inzwischen befinden wir uns schon sehr nah an der Sunday Pan und so beschließen wir, nicht noch einmal in die Tau Pan zurück zu kehren, sondern hier in der Gegend zu bleiben. Schließlich wollen wir nicht länger den Ausblick der elitären Tau-Pan-Lodge-Besucher durch unsere Anwesenheit verschandeln. Ab Morgen haben wir dann eine Reservierung für die Campsite Nr. 2 in der Sunday Pan. Für heute Nacht sollte sich etwas finden lassen. An der Sunday Pan gibt es 4 Campsites, wobei Nr. 1 eigentlich an der Leopard Pan liegt. Nachdem wir zuerst dem Wasserloch einen Besuch abgestattet und enttäuscht festgestellt haben, dass es - wie schon vor 2 Jahren - trocken liegt und nun sogar die Pumpe abgebaut wurde, statten wir Nr. 2 einen Besuch ab. Dort haben es sich gerade die (deutschen) "Besitzer" der Nr. 1 bequem gemacht. Die sind ziemlich sauer darüber, dass ihre Campsite so weit von der Sunday Pan entfernt ist. Nr. 3 und Nr. 4 liegen am Berg und sind frei. Dabei ist Nr. 4 schöner als Nr. 3, aber Tiere gibt es an beiden Campsites keine und von der Pan selbst sind die beiden Plätze auch schon recht weit entfernt.

Auf Campsite Nr. 4 lassen wir uns nieder und kochen erst einmal im Potjie leckeres Kudufilet mit Champignons. Gerade als es fertig ist, kommt ein Fahrzeug auf die Campsite gefahren und es stellt sich heraus, dass das südafrikanische Ehepaar die "Besitzer" von Nr. 3 sind, die eigentlich lieber hier auf der Nr. 4 wären. Wir plaudern noch etwas, bevor die Beiden ihre rechtmäßige Nr. 3 beziehen. Ok, nun wissen wir schon mal, dass mindestens 2 Plätze belegt sind.

Zur Abendpirsch brechen wir noch einmal in die Leopard Pan auf, doch vorher schauen wir noch einmal bei Nr. 2 vorbei. Dort haben sich inzwischen 4 Fahrzeuge "verbarrikadiert". In der Leopard Pan grasen große Oryxherden, doch sonst können wir nichts Aufregendes entdecken. Als wir in die Sunday Pan zurückkehren, ist auch Nr. 4 belegt. Jetzt müssen wir also "Plan B" wählen und der heißt wild campen. Das ist zwar nicht erlaubt, aber wer soll das kontrollieren? Wir hatten uns unterwegs schon 2 Optionen ausgesucht. Gerade als wir am trockenen Wasserloch vorbei fahren, kommt mir die Eingebung. Was spricht eigentlich dagegen, dass wir hier bleiben? Wasser gibt es schon lange keins mehr, also kommen auch keine Tiere, die wir stören könnten. Um uns herum sind Bäume und Gestrüpp, so dass wir nicht so auf dem "Präsentierteller" stehen. Nur die Bewohner von Campsite Nr. 4 können uns bzw. unser Licht aus der Ferne sehen. Wir sind direkt am Rand der Pan und um das Wasserloch herum ist ein großer freier Platz mit Wiese - ein idealer Platz also, um hier die Nacht zu verbringen. Wir verzichten aber darauf, Feuer zu machen. Statt dessen bereiten wir uns Kartoffeln und das Oryx-Geschnetzelte auf dem Gaskocher zu und freuen uns diebisch über unseren schönen Lagerplatz. Die beiden Schakale, die hier wohnen, schleichen neugierig um uns herum und wissen wohl nicht so recht, was sie von unserer Anwesenheit halten sollen.

Bei einem kühlen Savanna genießen wir den gigantischen Sternenhimmel. Wenige Meter entfernt weiden die Oryxe, die nicht den Weg in unseren Kochtopf genommen haben.


14. Mai 2009       Sunday Pan

Ab 3 Uhr nachts hören wir in der Ferne Löwengebrüll, das jedes Mal langsam näher kommt. Als das Brüllen schon recht nah ist, werde ich unruhig, denn ich will heute morgen wieder meine "Ration" Löwe sehen und sie nicht wieder verpassen. Eigentlich hatten wir den Wecker auf 6 Uhr gestellt, doch ich quengle Uwe so lange, bis er genervt nachgibt und wir um 4:45 Uhr aufstehen. Es fängt gerade an zu dämmern und wir können die Umgebung erkennen. Schnell sind die Schlafsäcke verstaut und das Dachzelt zum Abbau vorbereitet. Unser Kaffeewasser hat bereits gekocht, die Thermobecher halten den Morgenkaffee schön warm.

Uwe räumt gerade im Kofferraum unsere Kisten ein, damit alles wieder an seinem Platz verstaut werden kann. Die große Reisetasche mit der Bekleidung und dem Laptop steht noch auf der heruntergeklappten Ladebordwand. Die andere - immerhin 25 kg schwere - Reisetasche mit dem übrigen Kleinkram packen wir nachts der Einfachheit halber immer auf die hintere Rückbank. Auf der anderen Seite steht dann noch der große Objektivköcher, der Fotorucksack und die Fototasche. Im Fußraum findet der Trinkwasserkanister und die Provianttasche Platz. So ist dort hinten dann aber auch voll. Alle Türen am Auto stehen weit offen.

Ich bin gerade am Haare kämmen. Als ich mich umdrehe, steht 8 Meter entfernt plötzlich eine Löwin auf dem Weg. Ein zweiter und dritter Löwe gesellen sich dazu. Ich rufe Uwe zu, dass da Löwen sind und er ins Auto kommen soll. Manchmal hat er keine Lust mir zu antworten und so denke ich mir nichts dabei, dass ich keine Antwort bekomme. Was soll er jetzt auch mit mir diskutieren? Uwe kommt nicht, und ich werde sauer, dass er das so leicht nimmt. Noch einmal rufe ich ihm zu, dass er in den Wagen kommen soll.

Nun wird es aber Zeit, dass ich mich auch in den Wagen begebe. Das Problem ist nur, dass auf der Rückbank kein Platz für mich ist. Sie ist bereits voll und auf den Vordersitz kann ich nicht mehr. Dann müsste ich um die offene Tür herum laufen und dort steht bereits die Löwin vorn am Kotflügel. Ich versuche, mich rückwärts auf den Sitz zu schieben, aber das klappt irgendwie nicht. Die Tasche ist einfach zu schwer und auch im Fußraum gibt es keinen freien Platz. So stehen meine Füße draußen und ich halte die Tür zu. Mir wird klar, dass das natürlich noch keine optimale Lösung ist. Ich muss lachen, so grotesk ist diese Situation. Trotzdem bin ich erstaunlich gelassen.

Inzwischen ist Frau Löwin schon neugierig näher gekommen und steht bereits an der Zeltleiter. Während ich noch immer versuche, irgendwie einzusteigen, rufe ich Uwe vorsichtshalber noch einmal eine Warnung zu. Wieder keine Antwort. Nun werfe ich meine Schuhe in den Wagen und steige auf die offene Reisetasche. Wie auf einem toten Pferd sitze ich nun in der offenen Reisetasche oder besser klemme unter der Decke - noch immer die Haarbrüste in der Hand, als ob die mir jetzt helfen könnte. Ein Schuh liegt hinter mir, der andere vorn auf dem Fahrersitz. Rundherum stehen einladend die Türen offen. Uwe ist noch immer nicht in den Fonds des Wagens gestiegen und so muss ich das Problem mit den offenen Türen irgendwie selbst lösen. Zum Glück habe ich ja schon genug geübt, was das Hin- und Herklettern vom Vorder- auf den Rücksitz anbelangt. Mit Anstrengung gelingt es mir, die Türen gerade noch rechtzeitig zu schließen, als die Löwin keinen Meter entfernt auf meiner Seite langsam und neugierig am Auto vorbei läuft und Richtung Kofferraum geht. Ich halte die Luft an. Im Wageninneren höre ich Uwe Kisten hin und her rücken und denke, ok, er verschanzt sich hinten. Nach einer Weile; die Löwin muss längst hinten angekommen sein, geht plötzlich die Beifahrertür auf. Atemlos sinkt mein Mann auf den Sitz und sagt nur noch "Löwen". Er hatte keine meiner 3 Warnungen gehört.

Als er nichts ahnend rückwärts aus dem Kofferraum gekrochen kam und wieder Boden unter den Füßen hatte, stand er plötzlich neben der Löwin. Er blickte direkt in große neugierige Löwenaugen, die genauso verdutzt drein blickten, wie er. Gerade eine Prankenlänge Distanz lag noch zwischen ihm und der Löwin. Zum Glück war ihm sofort klar, dass es jetzt Ruhe zu bewahren galt. Den Überraschungseffekt nutzend, dabei die Dame fest im Blick hat sich mein Held dann langsam rückwärts aus dem Staub gemacht.

Alles ist gut gegangen und wir müssen erst einmal herzhaft darüber lachen. Ich mache mir zwar große Vorwürfe, dass ich nicht noch lauter gerufen und auf eine Antwort bestanden habe, aber das nützt nun auch nichts mehr. Wir haben wieder ein paar wichtige Dinge dazu gelernt.

Nun haben wir allerdings noch ein Problem, das uns das Lachen schnell wieder vergehen lässt. Hinten auf der Ladebordwand steht noch immer die Reisetasche mit dem Laptop und auch sonst ist hinten alles offen. Wenn die Löwin und deren beide Brüder jetzt ihre Neugier ausleben, dann bleiben von unseren Klamotten nur noch Fetzen übrig und der Laptop wird ein Bastelsatz. Unter der Ladebordwand liegt noch der Müllsack mit allerhand - zumindest für Löwennasen - leckeren Dingen. Auf dem Weg steht noch der Gaskocher.

Noch haben die beiden jungen Männchen Anderes zu tun, als auch um uns herum zu schleichen, doch das kann sich schließlich jederzeit ändern. Man sieht, dass sie voller Übermut sind und irgendwie lange Weile zu haben scheinen. Von Zeit zu Zeit raufen sie miteinander. Der Eine findet ein vertrocknetes, ausgerissenes Grasbüschel und spielt ausgelassen damit. Vorsichtshalber umrunden sie das Wasserloch, ob es nicht doch irgendwo Wasser gibt. Sie müssen als Kinder wohl hier getrunken haben, dass sie das Wasserloch noch als Tränke in Erinnerung haben.

Jedenfalls will Uwe nun noch einmal nach hinten und die Tasche in Sicherheit bringen. Ich protestiere energisch und wenigstens jetzt hört er auf mich. Gerade kommt die Löwin wieder ein Stück nach vorn und betrachtet unseren Gaskocher. Inzwischen sind auch die beiden Männchen zu uns gekommen. Alle 3 stehen kaum 3 Meter vom Auto entfernt und wissen nicht so recht, was sie jetzt denken sollen. Finden sie jetzt Interesse an unserer Reisetasche, dann haben wir ein Problem.

Statt dessen startet die Löwin eine Erkundung unseres Gaskochers. Sie knurrt ihn an und geht gerade leicht in die Hocke, um zum "Angriff" überzugehen und ihn zu attackieren. Uwe weist sie energisch zurecht. Das irritiert sie zwar, hindert sie aber nicht daran, der Gasflasche mit der Pranke einen Schubs zu geben. Ganz so, als ob sie sagen würde, "was will das hier, das gehört hier nicht her". Die Flasche wackelt. Das erschreckt die Löwin etwas und sie lässt vom Gaskocher ab. Sie hat Glück, dass der Kocher schon etwas abgekühlt ist, sonst hätte es eine heiße Pfote gegeben.

Die Drei verlieren langsam das Interesse an uns. Als sie ein Stück weiter ziehen, lachen wir uns erst einmal über dieses Erlebnis schlapp. Immerhin können wir jetzt wenigstens unsere Reisetasche und den Gaskocher wegräumen - die 3 immer fest im Blick. Nach wenigen Minuten kommen sie noch einmal zurück. Irgendwie scheint sie unsere Anwesenheit zu beschäftigen. Unschlüssig bleiben sie stehen und beobachten uns eine Weile.

Als sie weiterziehen und um die Kurve biegen, so dass wir sie nicht mehr sehen können, fahren wir ihnen mit noch offenem Dachzelt und eingeklappter Leiter hinterher. Schließlich müssen wir noch fertig zusammen räumen und da sollten wir schon genau wissen, wo die 3 gerade sind. Sie biegen ins offene Grasland ab und in der weiten Ebene können wir sie gut beobachten. Offenbar machen sie sich auf die Suche nach einem Frühstück, denn den einsamen Springbock, der in der Pfanne grast, beobachten sie ganz genau.

Jetzt brauchen auch wir erst einmal eine Stärkung. Das war vielleicht ein aufregender Start in den Tag. Tja, der frühe Vogel fängt den Wurm!

Wir beschließen, eine Pirschfahrt ins nahe liegende Deception Valley zu machen. Unterwegs, auf der Cutline Road laufen 2 junge Honigdachse vor unserem Auto her, bis sie ins hohe Gras abbiegen. Kurz danach sehen wir noch einmal 3 erwachsene Tiere. Sie kommen von ihren nächtlichen Streifzügen und wollen wohl in den nahen Bau. Heute ist ein richtiger Glückstag, auch wenn das Licht für Fotos noch nicht wirklich gut ist.

Im Deception Valley erwarten uns viele Springbock- und Oryxherden, Kuhantilopen, Strauße, Sekretäre. Kiebitze, Trappen und unzählige Vögel. In der Deception Pan muss vor Kurzem noch das Wasser gestanden haben. Vereinzelt ist der Weg noch feucht. In einer Fahrrinne steht sogar noch ein wenig Wasser, das nun die Vögel trinken.

Bei den Springböcken können wir ganz jungen Nachwuchs bestaunen, der manchmal bei der Mutter säugt. Genüsslich jumpen immer mal wieder die Springböcke durch`s Gras aber es will uns einfach nicht gelingen, sie dabei zu fotografieren.

Heute geht ziemlich heftiger Wind, aber das kann mich nicht davon abhalten, mich auf allen Vieren an eine kleine "Tigereidechse" heranzupirschen, die sich in der Sonne wärmt. Dass ich dabei eine ordentliche Portion Staub um die Ohren geblasen bekomme, nehme ich wortlos in Kauf. Sie ist einfach zu hübsch.

An der freien Kori Campsite Nr. 1 machen wir uns erst einmal Frühstück und lassen den Morgen noch einmal Revue passieren. Einfach ein tolles Erlebnis und gut, dass die anderen Campsites alle belegt waren. Diese Begegnung hätten wir auf Campsite Nr. 4 nicht gehabt. Wir waren einfach zur Richtigen Zeit am richtigen Platz.

Gerade kommt ein LKW vorbei, auf dessen Ladefläche dicht gedrängt lauter San stehen und sitzen. Alle winken uns freundlich und lange zu. Eine bunte Truppe, die hier eine etwas andere Safari macht.

Gemütlich fahren wir wieder in Richtung Sunday Pan. Dort haben wir ja für heute Nacht die Campsite Nr. 2 gebucht. Unterwegs kreuzt ein prächtiger Kudu-Bulle mit riesigen Hörnern unvermittelt unseren Weg und zeigt uns, dass er locker aus dem Stand mal so 2 Meter hoch springen kann. Ein stattliches Tier und seine Sprungkraft mahnt zu Aufmerksamkeit.

Viele Tiere bevorzugen die Straße, um schnell voran zu kommen. So auch 2 Mangusten, die gerade flink vor dem Auto her rennen. Riesige Schrecken fliegen durch die Luft und manchmal bleibt auch eine auf der Windschutzscheibe sitzen oder verirrt sich im Wageninneren.

Auf der Campsite spannen wir unsere geliebten Hängematten auf und hängen ab. Traumhaft diese Ruhe - und diese Hängematten. Schnell sind wir eingeschlummert. Später nutzt Uwe die Zeit, um endlich einmal unsere Daten von der externen Festplatte auf den Laptop zu laden. So haben wir wenigstens eine doppelte Sicherung. Heute Abend wollen wir unseren restlichen Fleischvorrat grillen, denn morgen müssen wir durch den Kuke-Fence - die strengste Veterinärkontrolle, die wir bisher in Botswana erlebt haben und denen wollen wir natürlich nicht unser Fleisch überlassen.

Unser Grillfeuer brennt bereits lichterloh. Die Kartoffeln stehen auf dem Gaskocher, der Tisch ist gedeckt, die Käsecreme fertig und der Rotwein steht auch schon auf dem Tisch. Es dämmert bereits. Ich bin gerade dabei, im Dachzelt unsere Betten zu machen, als sich zwischen uns folgender Dialog entspannt:
Uwe: "Hast Du gehört?"
ich: "nö, wie weit?"
Uwe: "ziemlich nah." kurze Pause. "Ich höre doch was im Gras..."
ich: "wo denn?"
Uwe reicht mir den Scheinwerfer hoch und sagt: "Hier, leuchte ma..... Ach Du Scheiße!"

Ich habe gerade das Gazefenster vom Zelt aufgemacht und kann nun selbst sehen, was oder besser wer da kommt. Bereits mitten in der Auffahrt zur Campsite, keine 10 Meter vom Auto entfernt, kommt ein prächtiges Löwenmännchen direkt auf uns zu. Ihm folgt noch ein weiteres männliches Löwen-Prachtexemplar. So, als ob wir überhaupt nicht da wären, kommen sie direkt auf uns zu. Freundlicherweise brummelt der vordere Löwe so vor sich hin, denn sonst hätten wir ihn wahrscheinlich erst viel später bemerkt. Das gibt es doch nicht, dass wir zweimal an einem Tag so ein hautnahes Löwenglück haben. Aber gut, noch wissen wir nicht, ob es ein Glück sein wird.

Ich bin auf meinem Aussichtsplatz recht entspannt und von heute Morgen schon etwas abgehärtet. Diesmal ist auch Uwe in Sicht- und Rufweite, also sollte eigentlich alles gut sein - wenn da nicht unser Abendessen wäre. Die beiden Löwen haben offenbar die Absicht, direkt über unseren Stellplatz zu laufen und der Weg führt sie unweigerlich an unserem Tisch vorbei. Das bedeutet dann für uns heute Abend mit Sicherheit fasten. Auch wenn sie unseren Geschmack nicht teilen werden, so werden sie doch eine Verwüstung hinterlassen. Unser Feuer beeindruckt die Beiden überhaupt nicht.

Uwe realisiert, dass unser Abendessen in Gefahr ist. Trotz meinem energischen Protest denkt er nicht daran, brav ins Auto zu steigen und sich der Situation zu ergeben, sondern beschließt, zum Angriff über zu gehen. Mit der lauten Kampfansage: "neee, mein Freundchen, das ist mein Abendbrot" schlägt er mit seinem Stock so lange gegen einen Baum, bis die Beiden genervt von dem Krach in die Büsche abdrehen und durch das Gestrüpp um den Platz herum laufen.

Ich weiß nicht, ob ich lachen oder mit ihm schimpfen soll. Immerhin ist seine Taktik von Erfolg gekrönt und unser Abendessen gerettet. Allerdings versperren die Büsche rundherum die Sicht und wir können nicht sicher sagen, ob die Beiden auch tatsächlich weiter gezogen sind oder sich wohlmöglich hinter einem Busch erst einmal zur Ruhe gelegt haben. So bleibt nach Einbruch der Dunkelheit ein mulmiges Gefühl und wir rücken ein Stück näher zum Auto. Die Stabheuschrecke, die wir diesmal an einem Baumstamm entdecken, fesselt uns heute nur bedingt. Über uns in den Bäumen muss eine Eule wohnen. Immer wieder umkreist sie uns fast lautlos aber so richtig erkennen können wir sie nicht. Dafür ist sie einfach zu schnell. Als wir bereits beim Abwasch sind, stattet uns auch noch ein Schakal einen Besuch ab. Irgend etwas hat ihn wohl aufgehalten, dass er erst jetzt kommt. Später, in unserem Dachzelt lauschen wir noch eine ganze Weile in die Nacht, ob wir die beiden Löwenmännchen noch einmal hören. In weiter Ferne brüllen Löwen.

Das war nun wirklich unser bisher aufregendster Tag. Es ist gut, dass wir uns vorher schon einmal gedanklich damit beschäftigt haben, was denn ist, wenn wir mal einem Löwen zu Fuß - ohne schützendes Auto - begegnen werden. Sonst verursacht so ein Erlebnis möglicherweise Panik, die lebensbedrohlich sein kann. Dass es irgendwann passieren würde, war uns klar, dass es zweimal an einem Tag und an unterschiedlichen Plätzen sein würde, glaubt uns Niemand. Es passiert sicherlich nicht vielen Menschen, solch intensive Tierbegegnungen erleben zu können.


15. Mai 2009       Sunday Pan (CKGR) - Grenzübergang Dobe (Namibia)

Wieder stehen wir früh auf, denn heute haben wir einen langen Weg vor uns. Wir wollen in Richtung Nhoma Camp, das in der Nähe des Kaudom GR liegt. Dazu müssen wir in Dobe die Grenze nach Namibia passieren und die schließt um 15:30 Uhr. Für die Fahrt bis dorthin stehen uns 2 Tage zur Verfügung und wir werden unterwegs entscheiden, wie weit wir fahren.

Es ist heute Morgen wieder ziemlich kühl. Im ersten Licht fahren wir die Cutline Road in Richtung Ghanzi. Wieder treffen wir auf einen Honigdachs, der auf dem Heimweg ist und es eilig hat, weg zu kommen, als er uns bemerkt. Unterwegs kommt uns ein Safari-Fahrzeug von Kwando-Safari entgegen. Das sind die, die die Lodge in der Tau Pan betreiben. Auf dem Fahrzeug sitzen 2 britisch aussehende junge Männer im "Jenseits-von-Afrika"-Style. Vorn auf dem Kühler ist ein Stuhl angebracht, auf dem ein schwarzer Guide sitzt. So ein Blödsinn, als ob man die Spuren nicht auch vom Fahrzeuginneren aus sehen kann. Dem Armen ist bitterkalt in dem kühlen Fahrtwind. Immerhin ist für die Einheimischen jetzt gerade tiefster Winter. Es kommt uns vor, als ob man hier versucht, einem gut betuchten Publikum ein "Ersatzkenia" anzubieten.

Am Wegrand sitzen immer wieder auch Bienefresser in den Büschen. Mitten auf dem Weg sucht eine riesige Gruppe Perlhühner nach Futter und es dauert eine ganze Weile, bis auch das letzte Perlhuhn kapiert hat, dass es Platz machen muss, wenn es weiter leben will. Mensch, sind Perlhühner doof! Kein Wunder, dass sie zum Lieblingssnack von Leoparden gehören. Da muss er sich noch nicht einmal wirklich anstrengen.

Der Weg in Richtung Tsau-Gate ist teilweise ziemlich holprig. Sehr gut gefällt uns die Motopi Pan. Diese schöne Pfanne hat sogar ein funktionierendes Wasserloch, an dem sich viele Tiere versammelt haben. Am Tsau-Gate verlassen wir das CKGR und fahren weiter Richtung Kuke Fence. Dort werden wir vom Veterinär mit Handschlag begrüßt. Das hat seinen guten Grund, denn als nächstes werden wir um 20 Pula (~2 Euro) angebettelt. Angeblich will er mit seiner Frau telefonieren. Er hat Glück, dass Uwe so ein großes Herz hat. Dafür bietet er uns ein Permit für die Einfuhr von Fleisch an. Ich hatte schon davon gehört, aber im Moment brauchen wir das nicht, denn wir haben keins mehr. Mal nach dem Preis dafür zu fragen, fällt uns auch erst hinterher ein. Immerhin müssen wir noch nicht einmal aussteigen und über die eklige Seuchenmatte muss ich auch nicht laufen.

Heute zum Freitag Abend ist überall Party. Ganze Dörfer sind auf den Beinen. Wir fahren an vielen, schick gekleideten Menschen vorbei, die sich in ihre "Sonntagskleider" geworfen haben und nun im Nachbardorf Party machen wollen. Jeder hat irgend etwas dabei - mal Schüsseln mit Fleisch, Kanister mit selbst Gebrautem was auch immer, Flaschen, Körbe, Ziegen, Hühner.... Zwei schicke Herero-Frauen in ihren wallenden Gewändern faszinieren uns ganz besonders.

Wir erreichen den Grenzübergang Dobe relativ schnell, aber doch zu spät, um ihn noch passieren zu können. Am Grenzübergang ist alles geschlossen und wirkt wie ausgestorben. Erst nach einer Weile kommt ein Soldat aus dem angrenzenden kleinen Camp und Uwe fragt ihn, ob wir hier campen dürfen. Er meint, dass das nicht erlaubt ist und wir ein Stück zurück fahren sollen. Also gut, wo wir stehen, ist schließlich egal. Fahren wir halt 1 km zurück und stellen uns dort an die Straße. Viel los ist hier schließlich nicht.

Zuerst müssen wir noch die vielen Maulwurfshügel platt treten, bevor wir uns auf der Wiese gleich neben der Zufahrtsstraße niederlassen können. Schließlich wollen wir im Dunklen nicht über die Dreckhügel stolpern. Hinter uns beginnt offenes Buschland und die Glöckchen der Ziegen die hier überall weiden, bimmeln monoton. Aus weiter Entfernung hören wir den Lärm und die Stimmen der nächsten Siedlung.

Wir bauen das Dachzelt auf und bereiten uns unser Abendessen zu. Heute gibt es Nudeln und Geschnetzeltes. Gerade, als wir am Essen sind, kommt ein mit 3 jungen Männern besetztes Polizei-Auto gefahren. Es hält bei uns an und ein sehr freundlicher junger Polizist fordert uns auf, mit in ihr Camp an der Grenzstation zu kommen, weil das Campen hier gefährlich sei. Es gebe Leoparden in der Gegend. Na fein, dann sind wir hier ja genau richtig, denken wir. Uwe erklärt ihnen, dass uns der Soldat weggeschickt hat und sie sind ziemlich sauer. Der Typ bekommt nun wohl einen Anschiss. Wir fragen noch einmal nach, ob es nur wegen dem Leoparden gefährlich sei und als wir ihnen versichern, jetzt sowieso schlafen zu gehen und aufzupassen, fahren sie weiter. Es ist uns schon des Öfteren aufgefallen, dass die Einheimischen sehr große Angst vor den Wildtieren haben. Man müsste meinen, sie wären damit aufgewachsen aber viele haben eine übergroße Angst.

Mit Einbruch der Dunkelheit gehen wir schlafen. Nachts, so gegen 1 Uhr werden wir wach, als ein Auto an uns vorbei fährt. Der Fahrer muss auch gedacht haben, er hat Halluzinationen, als er am Fahrbahnrand ein Auto mit Dachzelt gesehen hat.

Ich werde nachts ein paar Mal von Geräuschen wach, die ich nicht richtig deuten kann. Relativ leise werden dicke Äste gebrochen und gefressen. Es hört sich an wie Elefanten, doch ich kann nichts sehen und eigentlich sind die doch nicht so leise. Uwe meint, es seien Kühe, doch die fressen schließlich keine Äste.


16. Mai 2009       Grenzübergang Dobe - Nhoma Camp (Namibia)

Natürlich haben wir heute Nacht keinen Leopardenbesuch gehabt. Lediglich heute Morgen um 5:30 Uhr ist im Dunklen ein junges Pärchen an uns vorbei gelaufen. Er hat sie ins nächste Dorf begleitet und ist nach 1 ½ Stunden allein wieder zurück gekommen. Als wir bereits aufgestanden sind, kommt noch ein Traktor vorbei gefahren. Die beiden Schwarzen winken freundlich und haben ihren Spaß an diesen verrückten Touristen.

Um 7:30 Uhr öffnet die Grenze und pünktlich stehen wir vorn am Zaun, aber noch ist Keiner da. Langsam trotten nacheinander 3 "Beamte" an und wickeln müde und frierend die Formalitäten ab. 8 °C sind nun wirklich nicht kalt, aber die schlottern hier wie Espenlaub. Dem Einen könnte man beim Schreiben den Kuli klauen und er ist völlig buff, als wir ihm die schon fertig ausgefüllten Grenzformulare hinschieben. Er hatte wohl gehofft, noch ein wenig weiter träumen zu können, während wir die Zettel ausfüllen.

Der freundliche Policeman von gestern Abend braucht noch ein paar lautstarke Einladungen, bevor er endlich - dafür geschniegelt und gebügelt - in adretter Uniform erscheint. Er freut sich sichtlich, dass es uns gut geht und wir plaudern noch ein wenig. Er bestätigt uns dann auch, dass das Tier heute Nacht tatsächlich ein Elefant war. Es gibt hier einige Dickhäuter in der Gegend, die natürlich von den Einheimischen nicht gern gesehen werden. Deshalb war der auch so leise und heimlich. Auf die Veterinärkontrolle hat heute Morgen noch Keiner Bock - die fällt aus.

Endlich können wir den Grenzzaun passieren. Auf der namibischen Seite hatten wir schon Jemanden gesehen, der die Flaggen gehisst und das Tor geöffnet hat. Nun sind wir verwundert, dass hier noch alles geschlossen ist. Gerade geht eine Tür auf und einem jungen Mann in Unterwäsche fällt buchstäblich die Kinnlade runter, als er uns sieht. Wegen der unterschiedlichen Zeiten aufgrund der Zeitumstellung öffnet Namibia seine Grenze 1 Stunde später. Wir hätten jetzt noch ½ Stunde warten müssen, bevor die namibische Grenze offiziell geöffnet ist. Freundlich macht er eine Ausnahme und verpasst uns die Formalitäten. Schlafen kann er jetzt eh nicht mehr, dafür ist er viel zu aufgedreht. Wir haben eine Menge Spaß und sind froh, dass wir nicht warten mussten.

Unterwegs in Richtung Tsumkwe passieren wir das Nyae Nyae-Conservancy, ein Schutzgebiet, in dem die San leben und jagen können. Mitten im Schutzgebiet gibt es auch 2 Campsites. Die Makuri Campsite schauen wir uns an und sind begeistert. Mitten in der Wildnis ist mit viel Liebe eine Campsite angelegt worden. Der Stellplatz liegt an einem großen Baobab, hat eine feste Feuerstelle und sogar ein Dixi-Klo - liebevoll getarnt. Selbst Feuerholz wird gestellt. Alles ist sehr sauber und gepflegt.

Wenige Kilometer weiter ist eine kleine San-Siedlung. Als wir mitten durch sie fahren, ist das Staunen auf beiden Seiten groß. Wir passieren die Gura Pan. Eine kleine, aber sehr schöne Pfanne, die das ganze Jahr über Wasser hat. Hier leben viele Wasservögel. Es gibt sogar einen Hide. Ein wirklich idyllischer Platz hier.

Wir beschließen, uns noch die Nyae Nyae Pan anzusehen. Allerdings sind die Wege hier teilweise ziemlich wild. Das Gras steht mannshoch und einige Wege sehen so aus, als ob hier schon ewig niemand mehr gefahren ist. An einer Weggabelung sind wir unschlüssig, was nun der richtige Weg ist. Uwe entscheidet sich für Abbiegen und wieder passieren wir eine San-Siedlung. Dann wird der Weg immer schlechter. Erst versperren nur kleine Dornenbüsche den Weg, dann reichen die Sträucher schon bis über die Motorhaube, die wir überfahren müssen. Plötzlich kracht es und wir hängen mit dem linken Vorderrad in einem großen tiefen Loch. Wir sind ziemlich erschrocken. Zum Glück ist nichts passiert. Uwe wendet endlich und wir fahren zum "Hauptweg" zurück. Viel besser ist der allerdings auch nicht, denn auch hier ist das Gras so hoch wie unser Auto. So kommen wir nur langsam voran. Wir ändern unsere Pläne und fahren die nächste Verbindungsstraße aus dem Schutzgebiet. Hinter der Tsumkwe-Lodge führt noch ein Weg zur Nyae Nyae Pan und den wollen wir versuchen, zu fahren. Es zeigt sich, dass dieser Weg wesentlich besser befahrbar ist und endlich stehen wir auch an der Nyae Nyae Pan. Diese große Pfanne hat zwar kein Wasser, aber einige Gnus, Springböcke, Strauße und Kuhantilopen grasen mitten in der Pfanne. Ein sehr idyllischer Platz. Der Weg hat sich durchaus gelohnt.

Wir kehren auf die Hauptstraße in Richtung Grootfontein zurück. Bis zum Abzweig nach Nhoma sind es noch rund 28 km, bevor es auf guter fester Piste bis Nhoma geht. Die Beschilderung ist ein wenig mager, aber mit wachsamen Augen und GPS dennoch zu finden. Die Landschaft hier ist wunderschön. Dichte Wälder vermitteln den Eindruck noch unberührter Natur. Das letzte Stück zum Nhoma Camp, das auf einer Anhöhe liegt, ist Tiefsand. Arno und Estelle begrüßen uns herzlich und von Arno bekomme ich mit Blick auf meine geliebten Flipflops gleich erst einmal eine klare Ansage zu hören - feste Schuhe im Camp, lautet die Anweisung.

Außer uns sind heute noch 2 weitere Gäste im Camp. Wir haben gerade noch Zeit, unsere Kamera zu greifen, da geht es auch schon in das San-Dorf, das sich gleich neben der Lodge befindet. Vier San im Lendenschurz und mit traditionellem Schmuck führen uns vor, wie sie Pfeile für die Jagd herstellen. Sie erklären uns ihre Jagdmethoden und wir erfahren viel über ihr Leben.

Wir erhalten tiefe Einblicke in eine "Buschmann-Handtasche", lernen ihre Werkzeuge kennen und bekommen vorgeführt, wie Feuer machen ohne Streichhölzer funktioniert. Den in echtem Teamwork akkurat hergestellten Pfeil bekommen wir am Ende sogar geschenkt. Er wird natürlich einen Ehrenplatz in unserer Sammlung erhalten.

Mit einer Menge schauspielerischem Geschick und viel Spaß auf beiden Seiten führen sie uns vor, wie eine Springbockfalle gebaut wird und auch wie sie funktioniert.

Danach dürfen wir im Buschmann-Village Einblick in das Dorfleben nehmen. Hier gibt es eine Menge sehr junger Frauen mit Kindern. Fast jede Frau trägt ein Kleinkind auf dem Rücken. Kinder bedeuten bei den San Reichtum. Unser Guide, ebenfalls San, erzählt uns, dass junge Mädchen ab 13 Jahren Mutter werden und so verwundert es nicht, dass hier unzählige Kinder umher wuseln. Die schon etwas größeren Kinder umrunden uns neugierig.

Unser Guide erzählt uns viel über das Leben dieser Sippe. Alle sind irgendwie miteinander verwandt und jeder ist in dieser Gemeinschaft gleichwertig. Die älteste Bewohnerin dieses Dorfes ist 67 Jahre alt und der "Stammesälteste" sogar 70 Jahre.

Die Art, wie diese Menschen leben, wie sie sich kleiden und welche Sitten und Bräuche sie pflegen, ist für uns Europäer gewöhnungsbedürftig. Man muss schon bereit sein, sich auf diese Menschen und ihre Lebensform einzulassen. Natürlich ist Bekleidung auch für sie längst eine Selbstverständlichkeit - aber sie dient einem anderen Zweck. Hier muss Bekleidung in erster Linie wärmen. Der traditionelle Lendenschurz hat längst ausgedient und wird nur noch für die Touristen angelegt. Wasser ist für die San schon immer ein wertvolles Gut. Es ist selten, knapp, lebensnotwendig und zum Trinken. Sich zu waschen, ist für diese Menschen nicht so wichtig - es gehört nicht in ihre Tradition. So lässt es sich auch erklären, dass die Menschen - zumindest für unser Empfinden - in zerlumpten, schmutzigen Kleidern herumlaufen. Ihr Ansehen, innerhalb der Gemeinschaft orientiert sich nicht an Marken und Statussymbolen. Ihr Platz in ihrer Gemeinschaft ist gesichert und nicht von materiellen Dingen abhängig. Man ist schnell dabei, die Nase zu rümpfen - aber die Frage ist, über wen?

Ein Teil der Frauen spielen mit einer grünen Orange das "Orange Monkey Spiel". Sie sind sehr geschickt darin. Ein Stück entfernt, haben sie selbst gefertigte Schmuckstücke, Werkzeuge und Musikinstrumente zum Verkauf aufgereiht. Wir werden aber zu keinem Zeitpunkt genötigt, etwas zu kaufen, was wir als sehr angenehm empfinden. Die Männer spielen das "Porcupine Game" (Stachelschweinspiel) und haben selbst viel Spaß dabei. Man hat nicht wirklich den Eindruck, dass sie es für uns machen, sondern eher zu ihrer eigenen Freude. Eine Weile schauen wir zwei Frauen beim Anfertigen von Perlenschmuck zu, bevor wir zurück ins Camp laufen.

Das Nhoma Camp ist ein Zeltcamp. Neben dem Hauptgebäude, das auf der Anhöhe eine schöne Aussicht auf die angrenzenden Wälder bietet, gibt es geräumige, nagelneue Zelte auf festen Holzplattformen, die mit großer Badewanne und Sanitärteil ausgestattet sind. Wir nutzen die kurze Pause, um uns schnell mal wieder einer gründlichen Dusche zu unterziehen. Dann gibt es auch schon Abendessen. Es schmeckt köstlich. Von Estelle erfahren wir, dass sie alle Speisen noch auf offenem Feuer zubereitet. Alles ist sehr familiär und gemütlich.

Gleich nach dem Dinner gehen wir noch einmal ins Village. Dort wird heute Abend getanzt. Im Schein des Feuers tanzen 3 Männer den Giraffentanz. Die umstehenden Frauen, mit Kleinkindern auf dem Rücken, klatschen und schlagen im Takt Holzklötzer aneinander. Einer der Tänzer verfällt sogar in Trance und wird auf dem Boden abgelegt, bis er wieder zu sich kommt und weiter tanzen kann. Der Singsang und das Tanzen sind sehr eindringlich und versetzen auch uns in eine magische Stimmung. Noch lange haben wir den Klang im Ohr.

Als wir längst im Bett sind, hören wir noch die Stimmen und den Gesang im angrenzenden Village.



17. Mai 2009       Nhoma Camp

Um 7 Uhr ist Frühstück und kurz nach 8 Uhr brechen wir zur Jagd auf. Die San hier im Village jagen noch, um essen zu können und heute dürfen wir mit auf die Jagd. Es mutet schon merkwürdig an, wenn die 4 Männer mit langen Spießen und Speeren bewaffnet auf die Pritsche von Arnos Wagen steigen. Die langen Spieße mit Haken sehen eher aus, als wollten die Männer fischen gehen. Die Speerspitzen sind scharf geschliffen, ihre Äxte schauen aus der Springbocktasche (Buschmannhandtasche) heraus.. Wir nehmen im Wageninneren Platz. Neben mir liegt Arnos Gewehr. Auch Estelle fährt mit einem zweiten Fahrzeug mit, denn inzwischen haben die Gäste gewechselt und gerade ist ein belgisches Ehepaar mit 3 Kindern angekommen. Sie ist geborene Ovambo (stammt also aus Namibia) und das jüngste der drei Kinder ist gerade ein halbes Jahr alt. Mit dem Baby auf den Bauch geschnallt, ohne Sonnenhüte und richtiges Schuhwerk gehen alle mit auf die Jagd. Die beiden größeren Kinder sind ungefähr 5 und 7 Jahre alt.

Wir fahren ein ganzes Stück, bis wir auf einem schmalen Waldweg sind. Plötzlich klopfen die Männer auf das Dach. Arno hält an und die Männer schauen sich die Spuren im Sand näher an. Zuerst entdecken sie frische Kuduspuren und ein wenig später frische Stachelschweinspuren. Sofort machen sich die Männer an das Verfolgen der Spur. Wir steigen aus und folgen den Stachelscheinspuren. Die Buschmänner vornweg und wir mit dem Guide - in gebührendem Abstand, damit wir keine Spuren zertreten, hinterher. Uns folgt die komplette belgischen Familie mit den Kids, Arno und Estelle. Arno hat das Gewehr geschultert und ich frage ihn nach dem Grund dafür. Er meint trocken: "Damit ich Euch erschießen kann, wenn Euch etwas passiert. Das ist billiger, als Euch herausholen zu lassen.". Ok, das hätten wir dann auch geklärt.

Kreuz und quer laufen wir den Spuren hinterher. Zwischendurch erklären uns die San die einzelnen Pflanzen und Früchte des Waldes. Sandäpfel, Süßkartoffeln, Buschrosinen, Nüsse, heilende Wurzeln und Sträucher. Auch wir kosten uns fleißig durch den Supermarkt der Natur und sind ziemlich beeindruckt, welche Vielfalt wir hier vorfinden. Ein Stück Wurzel riecht genau so wie Rheuma-Salbe (Vipratox), nur viel viel stärker. Die Nüsse schmecken wie süße Mandeln und die Buschrosinen sind tatsächlich so süß wie kleine Rosinen. Nun wissen wir sogar, wie und wo Süßkartoffeln wachsen. Bisher kannten wir nur ihren Platz im Supermarkt.

Wir lernen eine Tierspurspinne (deertrapspider) kennen, deren Spinnennetz wie ein Hufabdruck aussieht. Allein wären wir nie auf die Idee gekommen, dass da eine Spinne raffiniert ihr Netz getarnt hat. An einem winzig kleinen Blatt, das einsam aus der Erde ragt, bleiben wir stehen und mit verschwörerischer Miene beginnt einer der Buschmänner mit den Händen im feuchten Sand zu graben. Er fördert eine Knolle zu tage, die in Etwa die Größe einer Kokosnuss hat. Nachdem er sie weitgehend vom Sand befreit hat, beginnt er, Stücke davon in ein großes Blatt, das ihm dabei als Teller dient, abzuschneiden. Eine Handvoll der abgeschnittenen Stücke drückt er dann mit der Hand aus und wir sind beeindruckt, wie viel Flüssigkeit diese wenigen Fasern enthalten. Genüsslich - oder zumindest tut er so - trinkt der San diese Flüssigkeit, die als Wasserersatz in der Wüste lebensrettend sein kann. Natürlich probieren wir auch alles aus. Die Flüssigkeit der Knolle schmeckt ziemlich bitter und Arno erklärt uns, dass unsere (verweichlichten) europäischen Mägen damit schon ein Problem hätten, aber im Notfall sind Magenbeschwerden schließlich trotzdem besser als verdursten. Wir sehen einen Pilz und die Männer zeigen uns, welche wundersame Wirkung dieser Pilz hat. Er wird getrocknet, zu feiner Asche zerstoßen und in einer leeren Batteriehülse (R20) aufbewahrt. (Als Deckel wurde ein Stück Springbockfell verarbeitet). Es sieht ein wenig wie Schwarzpulver aus. Wird nun mit einem Stein gegen die Blechdose geschlagen, erhitzt sich das Pulver in ihr. Innerhalb kürzester Zeit beginnen die obenauf gegebenen trockenen Grashalme zu qualmen. Nun noch ein wenig blasen und schon brennt ein Feuer. Wahnsinn! Wir kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus.

Längst haben die Kids und ihre Eltern aufgegeben. Estelle ist inzwischen mit ihnen zum Wasserloch vorgefahren. Dort haben die Männer Fallen aufgestellt, die nun kontrolliert werden. Dazu fahren 2 der Buschmänner mit ihr mit. Noch immer suchen die anderen Beiden nach dem Bau des Stachelschweins. Inzwischen haben wir schon mehrere Runden durch hüfthohes Unterholz gedreht. Leider vergebens. Zwar sehen die Männer Spuren, wo für unsere Augen gar nichts ist, aber es hat nicht gereicht. Inzwischen steht die Sonne zu hoch und der Schatten der Abtritte ist noch weniger zu erkennen. Immer wieder versuchen sie, die Spuren wieder zu finden - doch leider vergebens. Irgendwann müssen sie widerwillig und schweren Herzens aufgeben. Noch nicht einmal eine Bienenwabe haben sie in den Bäumen gefunden. Für uns ist diese Jagd Fun und nette Abwechslung, für diese Männer geht es hier um Essen. Deshalb auch diese Ausdauer. Natürlich sind wir etwas enttäuscht, dass aus dem "Spektakel" nichts geworden ist, aber man kann es eben nicht erzwingen. Hätten wir den Bau gefunden, wäre einer der Männer (sie sind ziemlich kleinwüchsig und schmal) hinein gekrochen und hätte versucht, das Stachelschwein heraus zu treiben. Die anderen Männer hätten es mit ihren langen Spießen (deshalb die Haken) dann versucht, heraus zu ziehen. Das Tier wäre noch vor Ort getötet und zubereitet worden. Echt Schade aber auch ein Grund, noch einmal wieder zu kommen. Dann soll Arno uns ein Stachelschwein reservieren! ;-)

Uwe hatte das GPS dabei und die Tour aufgezeichnet, die wir durch den Busch gemacht haben. Kreuz und quer sind wir gelaufen und auch mehrmals im Kreis. Immerhin 18 km sind wir den Spuren des Stachelschweins gefolgt - vergeblich. Außer ein paar Süßkartoffeln und Nüssen bringen die San nichts von dieser Jagd mit.

Wir fahren weiter zum Wasserloch. Dort sind Fallen aufgestellt. In zwei dieser Fallen hatte sich jeweils ein Toko verfangen. Doch auch hier haben die Männer Pech. Inzwischen hatten sich Marder oder andere Raubtiere über den Fang hergemacht und nur die Federn der Vögel übrig gelassen. Verständlicherweise sind die Männer ziemlich enttäuscht. Auch hier also "nothing".

Nun zeigen sie uns noch, wie man mit den beiden Holzstäben Feuer macht. Auch das - wie übrigens alle anderen Tätigkeiten - werden im Team erledigt. Die Buschmänner arbeiten immer Hand in Hand und ergänzen sich dadurch perfekt. Ihr Teamwork ist faszinierend und beeindruckend. Davon können wir "hoch technologisierten Europäer" jede Menge lernen. Es war uns schon bei der Herstellung der Pfeile und der Fallen aufgefallen und auch jetzt können wir uns davon überzeugen, dass jeder - ohne viele Worte seine Aufgabe kennt und zupackt. Nachdem wir gesehen haben, wie das Feuer machen geht, soll Uwe es probieren. Wieder im Team, geht es tatsächlich ganz schnell, bis das trockene Grasbüschel qualmt. Nun noch ein wenig blasen und schon brennt das Feuer lichterloh - Aufgabe gemeistert. Es macht Spaß, den Männern bei ihren täglichen Verrichtungen über die Schulter zu schauen. Auch beim Neuaufbau der Vogelfalle darf Uwe Hand anlegen und es funktioniert. (Vielleicht ist das ja eine Methode, wie wir zu Hause unsere lästigen Dachratten (Tauben) los werden.)

Den Strick für die Schlingen stellen die Männer auch selbst her. Wir schauen ihnen zu, wie in wenigen Minuten aus einem Sansevieria-Blatt ein stabiler, sauber gedrehter Strick wird. Auch den bekommen wir als Andenken geschenkt. Nun müssen wir die ebenso einfache wie geniale und zuverlässige Konstruktion nur noch zu Hause nachbauen.

Zum Abschluss drehen wir noch eine Runde um das Wasserloch. Hier gibt es jede Menge große und tiefe Elefantenspuren, aber ein Dickhäuter lässt sich leider nicht sehen. Dafür durchwühlen die Männer den umher liegenden trockenen Elefantendung und fördern Nüsse zu Tage. Diese Nüsse, die etwas größer als Mandeln sind, werden von den Elefanten zur besseren Verdauung gefressen, in ihrem Magen aber nicht zersetzt und unverdaut wieder ausgeschieden. Sie sind so eine Art unterstützendes Mahlwerk. Diese Nüsse sammeln die Männer auf. Das Innere des Kerns ist vollkommen unversehrt und schmeckt angenehm mild und süß. Wir helfen ihnen beim Sammeln. Immerhin sind die beiden Hände voll Nüsse alles, was es bei ihnen heute gibt.

Auf dem Rückweg aus dem Busch lässt Arno die Männer umgestürzte Baumstämme aus dem Weg räumen. Dabei können wir uns von der Funktionsfähigkeit der handgefertigten Äxte überzeugen und sind restlos begeistert. So ein Teil brauchen wir auch für unsere zukünftigen Buschtouren. Wieder erledigen die Männer auch diese Arbeit gemeinsam. Sofort springen alle 4 vom Fahrzeug und machen sich mit vereinten Kräften ans Werk. Bei uns würde einer arbeiten und die anderen 3 würden ihm dabei zuschauen. Aber bei den Buschmännern ist klar, dass einer allein nicht existieren könnte. Für sie ist das Leben nur in der Gemeinschaft zu bewältigen.

Wir fahren gegen 14 Uhr ins Camp zurück. Für uns waren es sehr lehrreiche Stunden. Nun wartet auf uns der gedeckte Tisch - wir haben einen Bärenhunger. Die San bleiben hungrig. Mit hängenden Schultern und gesenktem Haupt steigen sie vom Fahrzeug und marschieren mit leeren Händen in ihr Village. Wir fühlen uns nicht gut, als wir uns an den Tisch setzen, auch wenn das Essen köstlich schmeckt.

Gerade als wir mit dem Essen fertig sind, hält uns der Sohn von Arno und Estelle auf einem Stock ein grünes Chamäleon unter die Nase. Ich bin außer mir vor Freude. So eins wünsche ich mir schon ewig und habe einfach noch keins entdecken können. Heute Morgen hatte Arno mir noch gesagt, das ich es höchstens mal auf der Teerstraße finden kann. Jetzt gilt es, das hübsche Tier gut in Szene zu setzen und es einem ausgiebigen Fotoshooting zu unterziehen. Ich bekomme nicht genug und das Tierchen lässt sich geduldig ablichten. Seine Augen sind faszinierend. Als wir es in die Sonne setzen wollen, bläst es seinen Kropf auf, der orange gestreift ist. Am liebsten würden wir es mit nach Hause nehmen, so schön ist es. Ganz weich fasst es sich an. Nur seine Krallen kratzen ziemlich. Dass es auch eine Reihe messerscharfer Zähne hat, erfahren wir zum Glück erst später.

Inzwischen ist die belgische Familie mit den Kids schon zu den San ins Village gegangen. Auch ihnen wird heute das Pfeile machen vorgeführt. Wir haben heute für die Kinder Bonbons dabei. Den Vorschlag von Arno und Estelle, die Bonbons schon vorher auszuwickeln, nehmen wir gern an. So wird vermieden, dass überall das Papier herum liegt. (Das nächste Mal kaufen wir gleich welche, die nicht einzeln verpackt sind!)

Wieder umrunden uns die Kinder neugierig. Als wir ihnen ein paar Aufnahmen von sich auf dem Display der Kamera zeigen, finden sie Gefallen an dem Spiel und nun will jeder fotografiert werden. Fleißig wird gepost. Sie freuen sich diebisch, wenn sie sich dann auf dem Display erkennen und so haben wir alle viel Spaß.

Unter den selbst hergestellten und zum Verkauf angebotenen Gegenständen befindet sich auch eine solche Axt, wie die Männer heute Vormittag eingesetzt haben und die muss Uwe haben. Für ~15 Euro ist das Teil Souvenir und Gebrauchsgegenstand zugleich.

Heute etwas weniger enthusiastisch als gestern spielen die Frauen wieder das Orange Monkey Game. Dafür haben die Männer bei ihrem Stachelschweinspiel wieder viel Spaß. Da sich jeweils 4 Spieler gegenübersitzen und heute der 8. Mann fehlt, springt unser Guide ein. Zum Schutz seiner hellen Hose wird extra für ihn noch schnell eine Decke geholt, bevor er auf dem Boden Platz nimmt.

Unseren Guide, der ja selbst dieser Sippe angehört, bitten wir, alle Kinder heran zu rufen, damit wir die Bonbons verteilen können. Wir haben keine Ahnung, wie viel Kinder es hier gibt, aber 3 Tüten sollten ausreichen. Wir zählen etwa 48 Kinder. In Reih und Glied mit erwartungsvollen Augen stellen sich die Kinder an und nehmen ihren Bonbon in Empfang. Am Ende der Reihe warten schon die jungen Mütter und Frauen in der Hoffnung, dass auch sie etwas abbekommen. Selbst alte Frauen und Männer stehen in einer Reihe, um sich einen Bonbon abzuholen. Zum Glück haben wir genug und so bekommt Jeder. Manche versuchen es auch zweimal. Die Beule in ihrer Wange verrät den Betrug und Uwe versucht, die Bonbons gerecht zu verteilen. Nun drängen sich auch verstohlen immer mehr Männer um uns. Auch sie freuen sich, einen Bonbon ab zu bekommen. Am Ende lutscht jeder zufrieden auf einem Bonbon herum.

Zurück im Camp bittet Estelle zum Abendessen. Wieder schmeckt es köstlich. Bei einem guten Glas Wein fragen wir Arno noch ein paar Löcher in den Bauch. Es gibt so viel, was wir noch wissen möchten. Und Arno weiß eine Menge, denn immerhin lebt er schon fast 30 Jahre im Busch.


18. Mai 2009       Nhoma Camp - Namutoni (Etoscha Pfanne)

Nach einem guten Frühstück verlassen wir das Nhoma Camp. Unser heutiges Ziel ist die Etoscha Pfanne. Nach den überdurchschnittlich ergiebigen Regenfällen der vergangenen Monate ist die Etoscha Pfanne zu 70 % mit Wasser gefüllt. Dieses seltene Naturspektakel wollen wir uns nicht entgehen lassen. Zwar haben wir nichts gebucht, aber irgendwo wird sich ein Stellplatz für uns finden lassen.

Auf der breiten, gut ausgebauten Gravel Road in Richtung Grootfontein sehen wir eine riesige Stabheuschrecke sitzen. Da müssen wir einfach anhalten und sie aus nächster Nähe bestaunen. Dieses Tier misst mehr als 20 cm Länge und sieht eigentlich aus wie ein Ast. So ein riesiges Exemplar haben wir bisher noch nicht gesehen.

Einige Kilometer weiter überfahren wir fast ein grünes Chamäleon. Zum Glück kann Uwe es in die Mitte des Wagens nehmen und das Tier bleibt unversehrt. Davon überzeugen wir uns natürlich persönlich. Dieses Tier ist noch schöner, als das gestrige und wir machen ein ausgiebiges Fotoshooting an der Straße. Als wir es endlich laufen lassen, können wir noch sehen, welches Habitat es bevorzugt. Nun weiß ich wenigstens, wo ich in Zukunft nach ihm suchen muss, auch wenn es nicht leicht zu finden ist.

An der Veterinärkontrolle vor Grotfoontein werden wir ziemlich massiv von einer Anhalterin bedrängt. Sie riecht stark nach Alkohol und will unbedingt mitgenommen werden. Auf unsere Ablehnung reagiert sie aggressiv und wir sind froh, als wir endlich weiterfahren können.

Arno hatte uns noch einen Tipp gegeben, wo wir gutes Wildfleisch kaufen können. Kurz vor Grootfontein gibt es eine Metzgerei, die viele Sorten Wild hat. Wir müssen nur auf das kleine Schild "MAKA" achten. Tatsächlich finden wir das Schild und die dazugehörige Metzgerei. Zwar macht der Hof einen etwas befremdlichen Eindruck und sieht nicht aus, wie wir uns eine Metzgerei vorstellen, doch entscheidend ist schließlich die Ware. Heute gibt es Eland und Kudu. Wir entscheiden uns für Eland, denn das hatten wir bisher noch nicht und sind gespannt, wie es schmeckt. Für mehr als 1 kg Filet zahlen wir 5 Euro - ein lächerlicher Preis.

Nach der Einsamkeit der letzten Wochen kommt uns die Betriebsamkeit hier in Grootfontein so richtig großstadtmäßig vor. Im "Spar"-Supermarkt kaufen wir noch ein wenig ein, denn schließlich sind wir die nächsten Tage wieder selbst für unsere Verpflegung verantwortlich.

So gegen 14 Uhr erreichen wir Namutoni, das östliche Camp der Etoscha Pfanne. Hier hat sich seit unserem letzten Besuch viel verändert. Alles wurde gründlich modernisiert. Es ist überhaupt kein Problem, einen Platz auf der Campsite zu bekommen. Wir entschließen uns, eine Nacht in Namutoni und eine Nacht in Halali zu verbringen. Mehr Zeit bleibt uns leider nicht aber schließlich sind wir ja vor allem wegen dem Wasser hier. Als ich das Sightseeing-Book durchschaue, bekomme ich fast einen Lachanfall. Da hat tatsächlich so ein Witzbold Tiger in Etoscha gesehen.

Schnell suchen wir uns auf der Campsite einen Platz und machen anschließend noch eine Pirschfahrt.

Wir müssen gar nicht sehr weit fahren, um direkt ans "Meer" zu kommen. Der Anblick der mit Wasser gefüllten Etoscha Pfanne überwältigt uns. Man hat tatsächlich das Gefühl, am Meer zu stehen. Bis zum Horizont ist nur Wasser.

Obwohl wir nicht damit gerechnet hatten, sehen wir viele Tiere. Vor allem Giraffen halten sich in der Nähe des Wassers auf. Wir können eine Giraffe mit einem Knochen im Maul beobachten. Immer wieder schiebt sie ihn hin und her. Ob Giraffen genauso um Artgenossen trauern wie Elefanten?

Unmittelbar im Uferbereich lassen sich viele Vögel beobachten. Wir sehen jede Menge Wasservögel, Kuhreiher, Springböcke, Kuhantilopen, Gnus, Impalas, Großtrappen, Schakale und Giraffen. Echt Schade, dass wir uns wieder nach den Einschlusszeiten richten müssen.

Auf der Campsite geht es ziemlich dicht gedrängt zu. Man hängt so nah aufeinander, dass man dem Nachbarn nachts Händchen halten kann. Das ist uns nach der Freiheit der letzten Wochen einfach zu nah. Hilft aber nichts, denn eine Alternative haben wir nicht.

Das Eland kommt gleich heute Abend auf den Grill und es schmeckt vorzüglich. Es ist zart und saftig. Wir haben eine gute Wahl getroffen. Nach dem Abendessen nutzen wir den Stromanschluss auf der Campsite, um unsere Daten auf den Laptop zu sichern.


19. Mai 2009       Namutoni - Halali (Etoscha Pfanne)

Ganz in der Ferne haben wir heute Nacht Löwengebrüll gehört. Um 5:45 Uhr sind wir startklar. Blöd, dass das Tor erst um 6:30 Uhr - nach dem Sonnenaufgang - geöffnet wird. Wir stellen uns schon mal vor das Tor und sehen, dass es gar nicht geschlossen ist. Das Schiebetor muss nur aufgezogen werden. Ich bin versucht, es zu öffnen, aber Uwe mahnt mich zu Disziplin. Als endlich der diensthabende "Toröffner" kommt, bequatschen wir ihn eine wenig und er öffnet immerhin 15 Minuten früher das Tor.

Wir müssen gar nicht weit fahren, bis wir auf eine Löwin treffen, die gerade vom Wasser kommt. Nur wenig später sichten wir auch noch eine Wildkatze. Viele Schakale sind unterwegs, die wohl noch nach den Resten der größeren Raubtiere suchen.

Wieder können wir große Gnu-, Zebra- und Springbockherden beobachten. Mit dem "Meer" im Hintergrund, das bis zum Horizont reicht, ist es eine ganz fantastische Kulisse. Kaum vorstellbar, dass hier im September alles trocken ist und nur die Hitze auf dem brettharten Boden flimmert. Jetzt können wir Pelikane auf dem Wasser schwimmen sehen, überall stehen Graureiher im Wasser und sogar eine Kolonie rosa Flamingos können wir in der Ferne ausmachen.

Der Lookout-Point lässt sich im Moment nur zu 1/3 befahren, wenn wir nicht im Schlamm stecken bleiben wollen. Hunderte von Säbelschnäblern stehen im Wasser, Fahlregenpfeifer laufen aufgeregt umher und Stelzenläufern durchsuchen das Wasser nach Nahrung. Es ist ein Erlebnis. Wir könnten ihnen ewig zuschauen.

Unterwegs sehen wir auffallend viele Blauracken. Am Wasserloch Nuamses bleiben wir eine Weile stehen. Gerade kommt eine Elefant zum Wasserloch. Erst trinkt er ausgiebig und anschließend bespritzt er sich mit dem schwarzen Schlamm. Es macht ihm sichtlich Freude. Er umrundet das ganze Wasserloch, bevor er in die dichten Büsche abdreht.

Gegen 14 Uhr erreichen wir Halali. Hier ist nicht ganz so viel los wie in Namutoni. Dafür bekommen wir eine Campsite zugewiesen. Die liegt gleich neben dem Pool und die Umwälzpumpe nervt schon nach 10 Minuten. Wir bitten um einen anderen Platz, der dann auch wesentlich ruhiger ist. Schnell statten wir dem hauseigenen Wasserloch noch einen Besuch ab aber dort ist um die Uhrzeit nicht viel los. Wenigstens ist der Platz inzwischen überdacht.

Im Sightseeing-Book hatte ich gelesen, dass Löwen mit Jungen am Wasserloch Salvadora gesichtet wurden. Dorthin machen wir uns auf den Weg. Am Wasserloch selbst ist nichts los, aber wenige Kilometer weiter hinten sehen wir sie dann. Dort liegen 3 Weibchen mit 11 Jungen, die keine 2 Monate alt sind. Die Kleinen sind nur süß. Zwar sind sie verhältnismäßig weit entfernt, aber sie sind einfach zu goldig. Hier bleiben wir bis zur letzten Minute.

Am Wasserloch Rietfontein sehen wir mehrere Autos stehen und schauen dort noch schnell vorbei. Da baden gerade 2 große und 5 kleine Elis voller Wonne. Einer der Kleinen hat einen Sender um. Als die meisten Fahrzeuge schon weg gefahren sind, hebt einer der Elefanten den Rüssel. Es sieht aus, als ob er uns winkt. Im schönsten Licht müssen wir diese muntere Gruppe verlassen und brettern in einer riesigen Staubwolke als Kolonne von mindestens 8 Fahrzeugen gen Halali-Camp. Wir sind natürlich das Schlusslicht. Hinter uns sehen wir einen traumhaften Sonnenuntergang. Eines der Fahrzeuge vor uns scheert noch aus und will das Bild der weiten Grasebene mit dem herrlichen Sonnenuntergang und dem tollen Licht noch mitnehmen. Die Puffotter, die sich auf der Straße sonnt(e), können wir leider nicht mehr fotografieren. Ich bin auch gar nicht sicher, ob sie die vor uns fahrenden 7 Fahrzeuge überhaupt überlebt hat. In letzter Minute kommen wir um 17:30 Uhr im Camp an und sind ziemlich angesäuert über den frühen Einschluss. Die großen Springbock- und Impalaherden in der weiten Grasebene konnten wir gar nicht wirklich beachten. Dabei ist die Gegend hier insgesamt sehr wildreich.

Die Campsite Halali ist wesentlich großzügiger angelegt als in Namutoni. Außerdem sind viele Plätze frei, so dass es nicht so gedrängt zugeht, wie letzte Nacht. Wir grillen unsere letzten Eland-Steaks, denn morgen hat uns die Zivilisation und das "echte" Leben wieder. Schade. So viel Savanna kann man gar nicht trinken, damit dieser Gedanke auszuhalten ist. Schon jetzt überkommt uns Sehnsucht nach diesem herrlichen "Lotterleben".


20. Mai 2009       Halali (Etoscha Pfanne) - Swakopmund

Halali ist dafür bekannt, dass die Honigdachse nachts die Mülltonnen plündern. Ich nehme schon mal vorsorglich den Blitz mit ins Bett. Zuverlässig klimpern dann auch bald die ersten Blechdeckel der Mülltonnen als sicheres Anzeichen dafür, dass die räuberische Bande unterwegs ist. Immer wieder fallen scheppernd die großen Blechtonnen um und leere Flaschen klimpern. Gleich 4 Honigdachse fallen auch über unsere Tonne her. Es stört sie nicht, dass man sie dabei anleuchtet. Schnell und konzentriert arbeiten sie sich von Tonne zu Tonne.

Wieder sind wir um 5:45 startklar. Das Gate öffnet regulär um 6:15 Uhr, aber heute schon um 6:05, nachdem wir den diensthabenden "Toröffner" genug bequatscht und mit einem Kaugummi bestochen haben. Wir fahren direkt zu dem Platz, an dem wir gestern die Löwenfamilie gesehen haben. Die Kleinen sind offenbar allein und liegen an der gleichen Stelle, an der wir sie gestern beobachtet haben. Wir vermuten, dass ihre Mütter am Wasserloch trinken und fahren zum Wasserloch. Dort sehen wir zwar keine Löwinnen, aber dafür nähern sich gerade 3 Geparden. Was haben wir für ein Glück! Eine Gruppe von Geparden zu sehen, ist äußerst selten, denn Geparden sind eigentlich Einzelgänger. Vermutlich sind die 3 Geschwister. Sie lassen sich im Schatten eines Busches nieder. Schade, dass sie so weit entfernt sind. Bestimmt kommen sie irgendwann hier an das Wasser um zu trinken. Leider haben wir aber nicht so viel Zeit, denn vor uns liegt noch ein langer Weg bis Swakopmund.

Trotzdem fahren wir noch einmal zurück zu den kleinen Löwenkindern. Die müssen inzwischen über die Straße gelaufen sein, denn die ganze Gruppe steht jetzt zusammen mit den Müttern auf der anderen Straßenseite. Nun kommen sie auch noch auf uns zu und überqueren direkt vor uns die Straße. Och, am liebsten würden wir so einen kleinen tapsigen Wollknäul einpacken. Die sind sooo süß! Schade, dass alles so schnell geht. Die vielen Autos, die inzwischen hier stehen, machen den Tieren Angst und so beeilen sie sich, in die schützenden Dünen zu gelangen. Es sind sogar 4 Löwenmütter. Eine hatten wir gestern gar nicht gesehen. Die Weibchen sehen aus, als ob sie gerade Beute gemacht haben. Ihre Köpfe sind noch ganz blutig. Eine der Löwinnen hat sogar eine frische Verletzung. Da war wohl ein Horn im Weg. Wir können beobachten, wie die Kleinen immer wieder bei einer der Mütter versuchen, an die Zitzen zu kommen, aber die Weibchen drehen sich immer auf die Seite. Als eine der Mütter nachgibt, stürzen sich gierig alle Kleinen auf die Zitzen. Das Weibchen stöhnt vor Schmerzen und nach einer Weile macht sie durch energisches Fauchen klar, dass es jetzt reicht. Wenn man sich die kleinen spitzen Beißerchen der Jungen anschaut, kann man die Löwin sogar verstehen.

Schweren Herzens reißen wir uns los und machen uns auf den Weg. Wenige Kilometer weiter können wir in der Pan noch einmal 4 Löwen sichten. Diesmal 2 Weibchen und 2 Junge, die aber schon etwas größer sind. Auch einer Tüpfelhyäne begegnen wir. Kein Wunder, bei dem üppigen Tierreichtum. Zum Abschluss treffen wir dann auch noch auf eine große Zebraherde, die an der Straße grast. Dann müssen wir leider Abschied nehmen von Etoscha.

Die geteerte Straße macht es uns leicht, voran zu kommen. Wir fahren über Outjo und Okahandia aber trotzdem zieht sich der Weg. Swakopmund erreichen wir kurz vor 16 Uhr. Unsere Unterkunft haben wir bei "Namibia Holiday Services" gebucht. Die finden aber den Schlüssel für das gebuchte Appartement nicht und wir bekommen ein anderes. Unser Appartement im Komplex "Allee Meer" an der Rhode Allee Straße ist ein wenig überdimensioniert für uns zwei. Es ist ganz neu, hat 3 Schlafzimmer, 2 Bäder, einen großen Wohn-/Eßbereich mit voll ausgestatteter Küche. Überhaupt ist die Wohnung komplett eingerichtet und vollständig ausgestattet. Vom Balkon aus schauen wir links auf das Aquarium und rechts auf die Jetty - die alte Landungsbrücke und Wahrzeichen von Swakopmund. Was will man also mehr?

Unsere Garage ist zwar schön breit, aber leider ein wenig zu kurz für unser "Wüstenschiff" Immerhin passt es trotz Zeltaufbau und Kanistern auf dem Dach noch gerade so in der Höhe. Uwe muss zwar mächtig rangieren, aber wir schaffen es mit vereinten Kräften.

Um uns bei "Bush Bird" für unseren Rundflug zu melden, den wir übermorgen gebucht haben, gehen wir zu Fuß. So groß ist Swakopmund nicht, dass man es nicht erlaufen kann. Daniela von "Bush Bird" wartet schon auf uns (wir hatten uns telefonisch angekündigt) und tut ihr Bestes, dass wir gute Sitzplätze bekommen. Zusätzlich mit guten Tipps ausgestattet, wohin wir gut essen gehen können, machen wir uns auf Futtersuche.

Schnell werden wir bei "Erich`s" fündig. Wir bekommen Platz, obwohl wir nicht reserviert haben. Das Essen ist sehr sehr lecker. Die Karte bietet sogar Swakopmunder Spargel. Auf den bin ich schon lange neugierig. Er hat ein wunderbar nussiges Aroma, schmeckt köstlich und nach mehr. Natürlich spricht man im "Erich`s" deutsch. Wir laufen nach Hause und fallen müde ins Bett. Die feuchte Meerluft macht ziemlich müde.


21. Mai 2009       Swakopmund

Heute ist Vatertag - auch in Namibia. Die Stadt ist ziemlich menschenleer. Vom Meer kommt eine dicke Nebelwand mit viel feuchter Luft. Die Haare kringeln sich. Wir sind um 8 Uhr verabredet. Gut, dass Uwe heute Nacht eingefallen ist, dass wir an unserer eigentlich gebuchten Unterkunft abgeholt werden. Wir postieren uns also an dieser Straße (2 Querstraßen entfernt) und warten gespannt. Pünktlich um 8 Uhr kommt Tommy mit seinem Wüstengefährt. Wir sind die ersten von insgesamt 9 "Expeditionsteilnehmern" seiner Living Desert Tour. Als wir alle Teilnehmer aufgesammelt haben, geht es in die Dünen, die gleich hinter Swakopmund beginnen. Dort lässt Tommy erst einmal bis auf 0,8 bar die Luft aus seinen Reifen und hängt seine Schuhe vorn ans Auto. Ab jetzt läuft er barfuss.

Vor uns ragen steil die Sanddünen auf. Wie, hier will der hoch? Mit viel Schwung und Geschick steuert uns Tommy durch die wunderschöne Dünenlandschaft. Es dauert nicht lange, bis er uns den ersten Wüstenbewohner vorstellt. Es ist eine Blindschleiche, die im Sand lebt. Man hat den Eindruck, Tommy kennt jedes Tier persönlich. Mit viel trockenem Humor erklärt er uns die Besonderheiten des Tieres und wir können es auch anfassen. Wie in einem Buch liest Tommy die Spuren in der Namib und verblüfft uns ein- auf das andere mal. Wir lernen den sandtauchenden Gecko kennen, der sich auch hübsch als Ohrschmuck macht. Tommy hängt ihn auch mir an`s Ohr und der kleine Kerl hält sich dort tapfer mit seinen kleinen Zähnen fest. Wir haben unseren Spaß.

Als nächstes findet Tommy in den Dünen eine Seitenwinder. Diese Kleine Puffotter, die sich durch seitliches winden fortbewegt, kann sich verdammt gut tarnen. Ein paar schnelle Körperbewegungen hin und her und schon hat sich die Schlange im Sand eingegraben. Dann schauen nur noch ihre beiden Katzenaugen hervor, die oben auf dem Kopf angeordnet sind. Dabei sind sie nicht viel größer als Stecknadelköpfe. Das sehen wirklich nur geübte Augen. Wir bekommen Gelegenheit, diese Schlange aus nächster Nähe zu bestaunen. Wenig später gräbt Tommy einen Palmato-Gecko aus dem Sand. Mein Herz macht Freudensprünge. So ein süßes Kerlchen hatte ich mir gewünscht. Der ist sogar so schön, dass selbst Tommy begeistert ist und ihn als besonders fotogenes Exemplar im Einweckglas für ein privates Fotoshooting mit zu sich nach Hause nimmt.

Auch ein Namaqua-Chamäleon findet Tommy noch für uns. Wir staunen, wie das einen großen (mitgebrachten) Grashüpfer "erlegt". Als Gastgeschenke hat Tommy im Einweckglas Mehlwürmer und einen Kopfstandkäfer. Wir dürfen das Chamäleon anfassen. Anders als das Grüne, das wir vor ein paar Tagen gesehen hatten, ist das Namaqua-Chamäleon schwarz und bekommt dann eine schwarz-weiß-braune Zeichnung, die sich sogar pink färben kann. Je nach Sonneneinstrahlung verändert sich die Farbe - warm hell, kalt dunkel. Tommy gibt mir das Chamäleon auf die Hand und es wandert auf meinen Arm. Dort platziert er Mehlwürmer und wir können "Auge in Auge" staunen, wie es sich mit seiner langen Zunge die Mehlwürmer fängt. Das ist eine ziemlich kitzlige Angelegenheit.

Wir fahren durch die gigantische Kulisse der wunderschönen Dünenlandschaft. Je nach Lichteinfall und Standpunkt schimmern die Dünen in unterschiedlichen Farbtönen. Hier wäre ich gern länger.

Mit einem großen Magnet zeigt Tommy uns, wie viel Eisenpartikel in dem Sand enthalten sind. Wieder muss mein Arm herhalten für einen kleinen Spaß. Er streift die Eisenpartikel auf meinem Arm ab und nimmt sie dann mit dem Magnet wieder auf. Dabei stellen sich die Eisenpartikel wie Haare auf und es kitzelt, als er sie mit dem Magneten wieder auf nimmt. Sehr beeindruckend. Die Zeit verfliegt und für uns viel zu früh bricht er zur Rückfahrt auf. Hinter jedem Dünenzug erwartet uns eine noch spektakulärere Kulisse. Von einer 80 Meter hohen und steil abfallenden Düne fährt Tommy herunter. Dabei stellt er den Motor ab. Die Düne brummt gut hörbar - eine Brummdüne.

Wir sind beeindruckt von diesen Erlebnissen und auch von diesem Menschen, dem man anmerkt, dass er die Wüste mit Haut und Haar liebt. Im Laufe der Zeit hat er sich ein wahnsinnig breites Wissen über sie angeeignet. Mit viel Witz und Wissen versteht es Tommy, die Menschen für diesen Lebensraum zu begeistern.

Nach 14 Uhr sind wir zurück von dieser spannenden Tour. Nicht ohne mit Tommy noch eine Fototour für den nächsten Vormittag ausgemacht zu haben. Wir bekommen nicht genug und wer weiß, was wir morgen finden werden. Nun müssen wir uns noch schnell ein Brot kaufen. Wir bummeln noch ein wenig durch Swakopmund und fahren dann nach Walvis Bay.

Heute Abend wollen wir ins "Rafts" essen gehen. Das haben wir vom letzten Aufenthalt hier noch in bester Erinnerung. Außerdem gab es damals in der Lagune große Flamingokolonien, denen man vom Restaurant aus beim Fressen zuschauen kann. Kurz vor 18 Uhr sind wir dort. Leider sind diesmal keine Flamingos und Pelikane in der Lagune. Dafür ist die Speisekarte noch immer ziemlich üppig, was uns die Auswahl nicht gerade leicht macht. Das Essen schmeckt einfach köstlich und wir haben einen sehr schönen Abend. Viel zu schnell ist auch dieser Tag vergangen.



22. Mai 2009       Swakopmund

Wieder treffen wir uns um 8 Uhr mit Tommy. Heute geht nur ein Ehepaar mit auf die Tour. Ann und Steve Toon (www.toonphoto.com) sind ziemlich renommierte britische Naturfotografen, die ähnlich wie wir, gemeinsam fotografieren. So tut es heute besonders weh, dass bei uns Einer zuschauen muss, weil die blöde Kamera kaputt ist. Ich lasse Uwe den Vortritt, denn schließlich ist er beim Fahren immer etwas benachteiligt, wenn es um das Fotografieren geht. Außerdem stehen die Tiere ja sowieso immer auf meiner Seite! ;-)

Zuerst holt Tommy in den Dünen den zauberhaften Palmato-Gecko von gestern aus dem Glas. Ich könnte heulen! Naja, so schaue ich Ann und Steve ein wenig über die Schulter. Immerhin fotografiert Ann mit dem gleichen Makro wie wir und es ist interessant zu sehen, wie die Beiden arbeiten. Sogar Tommy reißt es herum und nach ein wenig zureden holt auch er seine Kamera aus dem Wagen. Nun liegen 4 Leute sternenförmig der Länge nach im Sand und robben rotierend um den Gecko herum. Es ist ein Bild für die Götter! Am Ende sieht der Platz um den Gecko aus, als hätten dort 100 Leute gestanden.

Der Palmato-Gecko hält sich tapfer als Fotomodell. Er läuft nicht weg. Da der Kleine fast keine Pigmente hat, sind viele Teile seines Körpers durchsichtig und man kann sogar einige Organe und die Blutbahnen sehen. Selbst seine Zunge ist durchsichtig. Dadurch wirkt er sehr zerbrechlich. Damit der sonst Nachtaktive in der Sonne nicht austrocknet, feuchtet Tommy ihn mit der Sprühflasche etwas an. Goldig, wie der Kleine sich dann die Tropfen von den großen schwarzen Augen leckt. Tommy deponiert ihn wieder in seinem Glas und wir fahren weiter durch die Dünen.

Nun holt Tommy aus seinem Konservenglas-Repertoire eine "Dancing white lady" hervor. Auch diese Spinne, die aussieht, als wäre sie mit weißem Satin bezogen, wird einem ausgiebigen Fotoshooting unterzogen. Die Dame ist allerdings ein wenig störrisch und giftig. Tommy meint, dass ihr Biß mit einem üblen Wespenstich vergleichbar ist.

Den einzigen weißen Käfer weltweit kann uns Tommy nur zwischen Daumen und Zeigefinger zeigen. Der büchst sonst aus. Dafür präsentiert uns Tommy nun einen Kopfstandkäfer, der seinen Trinkwasserbedarf auf ganz raffinierte Weise deckt. Er stellt sich kopfüber an einen Dünenkamm und lässt den Küstennebel über sich ziehen. Dabei kondensiert an seinem Körper Wasser, das an ihm herunter läuft - direkt in seinen Mund. Cleveres Bürschchen. Heute kommt der Küstennebel ausnahmsweise aus der Sprühflasche.

Nun sucht Tommy nach Schlangen. Er sieht unterwegs zwar eine Große, aber die ist ihm für uns zu schnell und gefährlich. Nach beharrlicher Suche findet er eine kleine Seitenwinder. Die hat sich zwar schnell im Sand eingegraben, aber Tommys wachsamem Blick entgeht sie dennoch nicht. Sie wird das nächste Modell, ob sie will oder nicht. Schon mit wesentlich mehr Respekt - immerhin ist es eine Viper - wenn auch nur eine klitzekleine, wird auch diese Schlange fotografisch eingekreist. Fluchtversuche der Schlange zwischen den einzelnen Fotosequenzen weiß Tommy immer wieder zu verhindern. Dass die Schlange dabei zwischen seinen nackten Füßen hindurch kriecht, beeindruckt ihn wenig. Welcher Fotograf letztlich am nächsten dran war, muss ich nicht extra erwähnen! Am liebsten hätte mein lieber Mann auch diese Schlange angefasst.

Als nächstes sucht Tommy nach seinem Lieblingstier, dem Namaqua-Chamäleon. Wir werden fündig. Hier wohnen sogar gleich 2 nebenan. Unser "Gastgeschenk", die riesige Heuschrecke verspeist das Chamäleon mit Genuss und langer Zunge, die immerhin so lang ist, wie die ganze Körperlänge des Tieres. Auch die Mehlwürmer verfehlen ihre Wirkung nicht. So erhöht sich die Trefferquote eines Fotos mit "ausgefahrener" Zunge beträchtlich. Wieder liegen alle im Sand und der Platz sieht anschließend aus, als hätten eine größere Menschenmenge hier gestanden. Ich mache mich etwas nützlich, indem ich dem Chamäleon die Mehlwürmer fotogen "anreiche".

Nun muss Tommy ein wenig auf die Tube drücken. Um 14 Uhr haben wir unsere nächste Verabredung. Dennoch genießen wir wieder die traumhafte Dünenkulisse, schauen kopfschüttelnd den Sandbordern und Quadbikern zu und beneiden Tommy um diesen herrlichen Arbeitsplatz. Auch die Brummdüne führt Tommy noch einmal vor. Wieder sind wir beeindruckt.

Pünktlich setzt uns Tommy vor unserer Haustür ab. Uns reicht die Zeit gerade für einen Equipmentwechsel. Dann werden wir auch schon von "Bush Bird" abgeholt. Unser Rundflug über Kuiseb, Sossusvlei und Skelettenküste startet um 14:30 Uhr. Am Airport herrscht Hochbetrieb. Ich zähle 15 Chesnas und jede Menge Leute. Eine große Reisegruppe wird aufgeteilt. Jeder dieser Passagiere hat einen großen Aufkleber am Revers mit dem Namen des Piloten.

Unser Pilot ist James. Mit uns fliegt noch ein schweizer Ehepaar. Er misst ungefähr 1,90 m und hat sich offenbar schon kräftig Mut antrinken müssen. Jedenfalls kann er sich nicht mehr richtig artikulieren. Na Klasse, die Luft ist ohnehin schon knapp in diesen kleinen Maschinen und dann stinkt der wie eine explodierte Schnapsdestillerie. Daniela hat die Sitzplatzverteilung rechnerisch ermittelt. Ich sitze neben dem Piloten, Uwe ganz hinten allein. Damit hat sich auch hier das Fotografieren für mich erledigt. Nun muss Uwe dahinten allein "kämpfen" Hinter mir sitzt er, was dazu führt, dass ich zwischen den Schaltknöpfen der Armatur klemme. Ich bekomme strenge Anweisung, nicht mit den Füßen auf das Pedal am Boden zu kommen, nichts anzufassen oder sonst wie zu betätigen und dann starten wir. Ja Hallo, sehe ich so vertrottelt aus, dass ich so mal eben an allen Knöpfen spiele und die Hebel vor mir ausprobiere? James fliegt sehr konzentriert. Als erstes schaltet er unser beider Frischluftzufuhr auf volle Pulle. Aha, dem stinkt es auch. Mir drücken die Kopfhörer. Im Funk quatschen so viele durcheinander, dass die Dinger eigentlich sowieso keinen Sinn machen - außer den Fluglärm etwas zu überdecken.

Zuerst fliegen wir über den Kuiseb Canyon. Gigantisch! Auch die Dünenlandschaft von Sossuvlei ist von oben noch beeindruckender. Wir sehen Zebras und Oryx. Erst von hier oben kann man die wahre Größe der Düne 45 und der anderen Sossusvlei-Dünen so richtig sehen. Um das Deadvlei drehen wir eine Runde, damit wir es richtig sehen können. In einem Bogen geht es weiter über die Namib. Man wird ganz still und ist überwältigt von so viel Naturschönheit. Einfach Wahnsinn, was die Natur hier für eine gewaltige Kulisse geschaffen hat.

Leider kann ich mich nicht wirklich bewegen, zwischen all den vielen Armaturen, denn zugunsten der langen Beine meines Hintermannes klemme ich mehr im Sitz, als ich wirklich sitze. Fotografieren könnte ich so sowieso nicht. Deshalb lehne ich es auch ab, als Uwe mir die Kamera vorreicht. Dass er da hinten schwächelt, kann ich nicht wissen, denn umdrehen geht nicht. Mir bleibt nichts anderes übrig, als diese fantastische Landschaft einfach nur zu genießen und das tue ich in vollen Zügen.

Nun dreht James zur Küste ab. Das planktonreiche Wasser des Atlantik lässt das Meer hier ganz grün aussehen. Wir können Seehund-Kolonien erkennen und einen toten Wal. Zwischendurch überfliegen wir die Reste alter Diamanten-Camps und einige Schiffswracks. Die Eduard Bohlen sieht so klein aus von hier oben. Wir haben traumhaftes Wetter aber leider bleibt für Extrakurven keine Zeit, denn hinter uns fliegt eine wahre Fliegerstaffel.

In der Lagune von Sandwich Harbour stehen tausende von Flamingos und anderen Vögeln. Die Salzseen von Walvis Bay bezaubern durch ihre Farbenvielfalt, die von violett, orange, rosa, blau, grün bis türkis reicht und wie eine riesige Mischpalette aussieht. Überhaupt wirken die Lagunen von hier oben wie ein Netz von lauter Adern. Hoffentlich hat Uwe das auch fotografiert und hoffentlich ist nicht alles verwackelt. Wir haben zwar speziell für das Fotografieren durch Glasscheiben so einen Gummi-Pümpel gekauft, der statt der festen Sonnenblende verwendet wird, aber wenn ich so über die Schulter schaue, scheint das doch nicht so optimal zu funktionieren.

Wohlbehalten und souverän landen wir kurz vor 17 Uhr. Der Fahrer von "Bush Bird" bringt uns nach Hause. Gerade beginnt die Sonne unter zu gehen und so laufen wir noch schnell zur Jetty, um "ganz nah dran zu sein".

Nachdem es uns vorgestern so gut geschmeckt hat, beschließen wir, wieder bei "Erich`s" Essen zu gehen. Es macht zwar ein wenig Probleme, dass wir wieder nicht reserviert haben, aber man ist flexibel und wir bekommen unseren Tisch. So können wir noch einmal den Swakopmunder Spargel genießen, bevor es zu Hause endgültig ans Packen geht. Morgen ist leider auch für uns der Urlaub schon wieder vorbei. Schluchz.


23. Mai 2009       Swakopmund - Windhoek - Frankfurt a. M.

Nachdem es uns gestern Nachmittag nicht mehr gereicht hat, noch beim Campingausstatter Cymot vorbei zu fahren., müssen wir das auf heute Morgen verschieben. Wir haben beschlossen, uns zwei Blechkisten zu kaufen, in die wir unsere Sachen einlagern, die hier in Namibia bleiben. Die Kisten sind dann auch schnell besorgt und mit vereinten Kräften haben wir sie im Handumdrehen gepackt. Irgendwie sammelt sich schon eine Menge Zeug an.

Unser Flug ab Windhoek geht um 19 Uhr, so dass wir eigentlich noch genug Zeit zur Verfügung haben. So beschließen wir, nicht die Teerstraße zu fahren, sondern die C 28 durch das Koimasis-Gebirge. Die Gegend ist landschaftlich sehr schön. Bestimmt kann man hier prima wandern.

Wir kommen gut in Windhoek an. Diesmal bringt uns Valerie zum Flughafen. Das freut uns ganz besonders, denn so haben wir noch ein wenig Zeit zum Plaudern. Unsere Maschine startet pünktlich. Diesmal bekommen wir sogar Wildfleisch an Bord. das schmeckt ausgesprochen gut und zufrieden schlafen wir ein. Zwischendurch wird nach einem Arzt gesucht. Es gibt einen Notfall an Bord. Glücklicherweise findet sich eine Ärztin, die helfen kann, so das wir nicht zwischenlanden müssen. Überraschend schnell vergeht die Nacht. Wehmütig und nicht ganz freiwillig setzen wir unsere Füße auf deutschen Boden. Gut, dass wir bald wieder "nach Hause" können, auch wenn wir im Herbst neues Terrain erkunden wollen.


Von den Erlebnissen dieser Reise werden wir sicherlich noch lange sprechen. Die intensiven Tierbegegnungen haben einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Es gibt eine Menge Dinge, die wir dazu gelernt haben. Während unserer Reise haben wir eine Reihe von interessanten Menschen getroffen, die unsere Liebe teilen. Wir haben aber auch festgestellt, dass das Paradies immer enger wird. Unberührte Natur wird immer seltener. Dieses Wissen wird uns auch bei zukünftigen Reiseplanung leiten, denn die nächsten Reiseziele haben wir schon im Kopf.



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