Reisebericht Ruanda / Uganda 2010

vom 3.September - 11. September 2010

Besuch bei den Letzten ihrer Art – Berggorillas im Regenwald von Ruanda und Uganda


Schon lange träumen wir von einem großen Abenteuer und nun wollen wir es endlich in die Tat umsetzen. Wir haben viel darüber gelesen, viele Informationen und Meinungen darüber eingeholt und unser Entschluss steht fest: Wir gehen zu den Letzten ihrer Art – den Berggorillas in den Regenwäldern von Ruanda und Uganda. Einhellige Aussage all derer, die es erlebt haben: „Sie rauben Dir das Herz“. Wir sind uns im Klaren darüber, dass das Tracking zu den Berggorillas kein Spaziergang wird. Schließlich leben sie im Regenwald und bequeme Wanderwege kann man dort nicht erwarten. Trotzdem bringt uns das nicht von unserem Vorhaben ab. Noch sind wir konstitutionell in der Lage, solche Extreme zu bewältigen. Wer weiß, wie lange uns das noch möglich ist? Die Familie lassen wir vorsichtshalber in dem Glauben, dass wir ausschließlich Südafrika bereisen werden. Zu groß wären die Sorgen um uns. Die Vorstellung, dass wir nach Ruanda und Uganda gehen, assoziiert für sie – wie auch für die meisten anderen Menschen – Länder, in denen Bürgerkrieg und Massenmord, Hunger und Krankheit vorherrschen.

Dass diese Länder längst zur Normalität zurück gefunden haben, an ihrem wirtschaftlichen Aufschwung arbeiten und durchaus lohnende Reiseziele darstellen, davon werden wir uns auf unserer Reise mit eigenen Augen überzeugen. Auch wenn wir in ein „echtes“ schwarzafrikanisches Land gehen, wo „Weiße“ Muzungu genannt und noch respektvoll bestaunt werden, ist das Risiko für Leib und Leben kalkulierbar. Wir haben uns über die aktuelle Sicherheitslage informiert, alle notwendigen Impfungen einschließlich Gelbfieberimpfung aufgefrischt und wir werden nicht auf eigene Faust reisen, sondern können uns der Orts- und Sprachkenntnis eines einheimischen Guides und Fahrers bedienen.

Nach intensiven Recherchen haben wir dank Internet unsere Reise bei AA Safari & Tours gebucht – einem ugandischen Reiseunternehmen, das sich auf Gorillatracking spezialisiert hat. Mit unendlicher Geduld, ohne Rücksicht auf Uhrzeit und Wochentag hat Tanah sich immer wieder unserer Fragen, Wünsche und Bedenken gewidmet und eine Tour nach unseren Vorstellungen zusammengestellt. Nun sind wir natürlich extrem gespannt, was uns erwartet.

Am Airport in Johannesburg essen wir noch eine Kleinigkeit und müssen uns dann bis 21 Uhr gedulden, bevor wir unser Gepäck bei Kenya Airways aufgeben können. Eingecheckt hatten wir schon am Selbstbedienungsschalter. Ziemlich verständnislos nehmen wir zur Kenntnis, dass jedes aufgegebene Gepäckstück nun in viele Lagen Folie eingewickelt wird. Was für eine Müllproduktion und Verschwendung wertvoller Ressourcen. In Ruanda ist aufgrund des Umweltschutzes seit 2005 die Verwendung von Plastiktüten gesetzlich untersagt, so dass wir uns sehr unwohl fühlen, als Gäste des Landes mit so einem Haufen „Plastik-Müll“ einzureisen. Sehr respektvoll ist das nicht. Obwohl es das Ganze kostenlos gibt, reagieren die meisten Reisenden mit Unverständnis. Unser Gepäck wird durchgecheckt bis Kigali (Ruanda).


Im Duty-Free-Bereich beginnen gerade die Geschäfte zu schließen und ich werde hektisch. Ich wollte hier auf jeden Fall noch weitere Tischläufer von „Carole Nevin“ kaufen, da sich der schon Vorhandene mehr als bewährt hat. Immerhin hat das Geschäft noch geöffnet, doch leider habe ich nur bedingt Erfolg. Verblüfft sind wir, welche positive Entwicklung der Flughafen Johannesburg genommen hat. Die Fußball-WM hat dem Land wirklich gut getan. Vieles mutet hier schon sehr europäisch an.

Als sich die Passagiere für den Kenia-Flug sammeln, sind „Weiße“ eindeutig in der Minderheit. Jetzt geht es nach Schwarzafrika. Viele der Passagiere sprechen französisch.

Verhältnismäßig pünktlich startet die Maschine und wir können noch das Lichtermeer von Johannesburg bewundern. Bis Kenia fliegen wir 5 Stunden und so schlafen wir nach dem Essen sogar ein wenig.


03.09.2010       Nairobi (Kenia) – Kigali (Ruanda) – Gorilla`s Nest Lodge (Ruhengeri)

Der Flug geht schnell vorüber. Richtig ärgerlich ist es, als wir morgens den Kilimandscharo zur Rechten, die Masai Mara unter uns und die Serengeti links von uns haben und es noch immer stockdunkel ist. Als es endlich hell wird, empfängt uns Nairobi mit einer dicken Wolkendecke. Es ist sehr bewölkt und schwülwarm.

Unsere Maschine von Nairobi nach Kigali soll um 8 Uhr starten. Der Anzeigentafel im Flughafen entnehmen wir, dass der Flug Verspätung hat und auf 10:40 Uhr verschoben wurde. Wir haben also ausgiebig Zeit. Im Flughafen herrscht ein geordnetes Chaos. Obwohl es nach hiesiger Zeit gerade erst 6 Uhr ist, wimmelt es von Passagieren. In den schmalen Gängen ist bald alles verstopft, am Infoschalter steht eine lange Schlange. Es gibt kaum Sitzgelegenheiten, so dass die Leute, Hühnern auf der Stange gleich, auf dem Boden sitzen. Einige Zeit später sind noch nicht einmal Sitzplätze auf dem Fußboden zu bekommen. Immerhin putzen so die Passagiere den Fußboden bis in die Ecken. Überhaupt hat der Flughafen Nairobi seine beste Zeit längst hinter sich.

Wir besorgen uns an einem kleinen Imbissstand erst einmal einen großen Kaffee. Der schmeckt auch gar nicht schlecht und bezahlen können wir ihn mit US-Dollar. Sogar das Wechselgeld bekommen wir in US-Dollar zurück.

Im Verlauf des Morgens sammeln sich immer mehr wartende Menschen. Eine Maschine nach Johannesburg ist heute ganz ausgefallen und fliegt erst morgen wieder. Wir hoffen sehr, dass uns das nicht passiert, denn dann käme unsere weitere Reiseplanung sehr durcheinander. In einer ziemlich ungewöhnlichen Perspektive betrachten wir nun die Reisenden, die sich durch die schmalen Gänge schieben oder so wie wir, wartend auf dem Boden sitzen. Sogar die kenianische Fußballnationalmannschaft lernen wir hier noch kennen. Die Jungs sitzen mehr oder weniger neben uns auf dem Boden aber natürlich muss man uns erst aufklären, wen wir da vor uns haben. Dafür nutzen wir die Zeit und ungewöhnliche Perspektive, schon mal die kenianischen Steckdosen zu inspizieren, die, wie wir später feststellen, mit den ruandischen und ugandischen Steckdosen identisch sind. Hier der „Steckbrief“ dazu:

          

Nach endloser Warterei scheint es dann doch gegen 10:30 Uhr so langsam los zu gehen. Immerhin dürfen wir jetzt zum Gate gehen und irgendwann lässt man uns dann sogar ins Flugzeug von Kenya Airways laufen. Diesmal ist es eine 737, die uns nach Kigali bringen wird. Man hat sich also aufgrund der vielen Passagiere doch für eine größere Maschine entschieden. Gleich nach dem Start wird eine warme Mahlzeit serviert und kaum ist die verspeist, geht die Maschine schon wieder in den Landeanflug über Kigali. Immerhin haben wir durch ein größeres Loch in der Wolkendecke den Lake Victoria gesehen. Der See hat eine gigantische Größe.

In Kigali sind wir überrascht über das moderne Flughafengelände. Es sind auffällig viel bewaffnete Sicherheitskräfte präsent. Als wir aus der Maschine steigen, wartet ein Bus vor der Gangway. Wir werden aber links zum Flughafengebäude gelotst. Ich kann gerade noch ein Schild lesen, das den Herrn Präsidenten sowieso willkommen heißt. Das will wohl sagen, dass in unserer Maschine auch irgend so ein hoher Regierungsmitarbeiter geflogen ist. Naja, es ist alles gut gegangen. Die Einreiseformalitäten (das Formular erhielten wir schon im Flugzeug) gehen schnell. Ein Visum brauchen wir nicht und bezahlen müssen wir auch nichts. Sogar hier wird der Pass eingescannt. Sehr schnell bekommen wir auch unser Gepäck und werden sofort höflich von einer Zollbeamtin auf die Seite gewunken. Die will einen Blick in eine unserer Taschen werfen. Zuerst jedoch verlangt sie von uns, dass beide Taschen aus der Folie befreit werden. Freundlich und hilfsbereit reicht uns sofort Jemand eine Schere und eine andere helfende Hand nimmt uns den großen Knäuel Folie ab. Als die Zollbeamtin das Chaos in unserer Reisetasche gesehen hat, will sie nichts mehr von uns.

Vor der Tür erwartet uns bereits Ahmed – unser persönlicher Guide und Fahrer von AA Safari & Tours, der uns die nächsten 8 Tage zur Verfügung stehen wird. Er ist ein netter, unkomplizierter junger Mann aus Uganda.

          

Sowohl in Ruanda als auch in Uganda ist der US-Dollar anerkanntes Zahlungsmittel. Allerdings sollten die Scheine nicht vor 2003 gedruckt und nicht beschädigt sein, da sie sonst nicht akzeptiert werden. Wir haben neue US-Dollarnoten dabei und verzichten deshalb darauf, uns am Geldautomaten im Flughafengebäude mit Landeswährung zu versorgen. Als kleine Hilfe, damit wir mit den vielen Währungen nicht durcheinander kommen, haben wir entsprechende Umrechnungstabellen dabei.

Ahmed bringt uns zuerst zur Genozid-Gedenkstätte in Kigali, der Hauptstadt Ruandas. Diese Gedenkstätte, die im Jahr 2009 errichtet wurde und noch weiter ausgebaut wird, erinnert an die rund 1.250.000 Menschen, die 1994 bei dem großen Massenmord umgebracht wurden. In einer sehr ergreifenden Präsentation erfahren wir mehr über die Hintergründe dieses großen ethnischen Völkermordes, bei dem sich die einzelnen Stämme der Hutus, Tutsis und Twas auf das Grausamste bekämpft und umgebracht haben. Dabei wird deutlich, mit welchen enormen Problemen dieses Land zu kämpfen hatte und noch hat. Eine tragende Säule der Gesellschaft, die arbeitsfähige Generation, brach damals weg, viele Kinder blieben als Waisen zurück. Noch viel beeindruckender aber ist, wie das Land und die Menschen mit dieser grausamen Geschichte umgehen. Die Menschen hassen nicht, sondern verzeihen und versuchen, das Geschehene aufzuarbeiten und daraus zu lernen. Im Außenbereich der Gedenkstätte gibt es viele Massengräber, wohin die Leichen umgebettet werden, die im Land gefunden wurden und noch gefunden werden. Auf einer Wand der Erinnerung sollen die Namen aller Ermordeten verewigt werden. Unterschiedlich gestaltete Gärten geben Besuchern und Angehörigen die Möglichkeit, sich zurückzuziehen, zu trauern. Die Gedenkstätte ist sehr schön gestaltet, informativ und natürlich sehr beeindruckend und bedrückend. Audiovisuelle Führungen – auch in deutsch – lassen die Geschichte des Landes besser verstehen.

So nach und nach treffen wir hier alle Touristen aus unserem Flieger wieder. Ein Besuch dieser Gedenkstätte ist offensichtlich das Start- und Pflichtprogramm eines jeden Ruanda-Touristen. Sinnvoll ist das sicherlich, denn so sensibilisiert, sieht man Land, Leute und das Erlebte aus einem etwas anderen Blickwinkel.


Ahmed hat in der Zwischenzeit noch Trinkwasser für unsere Reise eingekauft und ein wenig Schlaf nachgeholt. Der Arme wartet ja schon geraume Zeit am Flughafen auf uns und musste früh aufstehen.

Kigali hat 1 Millionen Einwohner und die scheinen alle auf der Straße unterwegs zu sein. Es herrscht ein riesiges Gewusel. Motorradtaxis sind das schnellste und preiswerteste Beförderungsmittel und davon gibt es reichlich. Dazwischen wuseln ungeheuer viele Fußgänger.


Die Frauen tragen hier fast ausschließlich ihre Einkäufe und alles Andere auf dem Kopf. Krüge, Kanister, Taschen, Koffer, Körbe, Säcke, Holz, Bananenstauden – man glaubt nicht, was auf einem Kopf alles Platz findet. Ganze Bündel von Ästen, Bambus oder Zuckerrohr werden so transportiert und manchmal sehen die Frauen dann aus wie wandelnde Büsche, so groß ist die Last, die sie sich auf den Kopf gepackt haben. Oft bringen sie die Lasten gar nicht allein auf den Kopf gehoben. Dann helfen ihnen Umstehende. Wenn die Last aber erst einmal auf dem Kopf platziert ist, wirkt es leicht und ihr Gang ist würdevoll.


Ruanda nennt sich auch Land der tausend Hügel und davon bekommen wir jetzt einen kleinen Eindruck. Die Menschen leben überwiegend von der Landwirtschaft. Der Boden ist sehr fruchtbar. Wohin man blickt, sieht man Berge, grüne Täler und Felder. Es ist für uns unfassbar, wie exzessiv das Land bewirtschaftet wird. Auch der steilste Hang wird landwirtschaftlich genutzt. Die Felder reichen stets bis zur Kuppe eines Berges, egal wie hoch und steil der Berg ist. Kein Fleckchen Erde liegt brach. Angebaut werden sehr häufig verschiedene Kartoffelarten, die oft für den Export bestimmt sind, wie Süßkartoffeln und Irische Kartoffeln (unsere „normale“ Speisekartoffel). Daneben wird eine Vielzahl von Gemüsesorten angebaut. Besonders beliebt scheinen Bohnen, Weißkraut, Zwiebeln, Paprika zu sein. Sehr häufig sehen wir aber auch Felder, mit weißen Blumen; einer Astern- bzw. Chrysanthemenart (Tanacetum), die in die USA exportiert werden. Dort wird daraus Pyrethrum gewonnen; ein Insektizid. Doch auch Mais, Reis, Hirse, Zuckerrohr, Bananen, Kaffee und vieles andere wird auf jeweils kleinen Feldern – oft terrassenförmig - angebaut.

Die Straßenverhältnisse bis zum Volcanoes NP sind einigermaßen gut. Immerhin ist die Straße fast durchgängig geteert und dort, wo noch eine Teerdecke fehlt, sind die Chinesen bereits dabei, eine neue Straße zu bauen. Auch in Ruanda hat China schon den Fuß in der Tür. Sie scheinen sich auf den Straßenbau in Afrika spezialisiert zu haben. Etwas ungewohnt ist die Tatsache, dass Ahmed zwar das Lenkrad auf der rechten Seite hat, aber dennoch rechts fährt. Wenn er sich zwischen den Löchern auf der Straße einen Weg suchen muss, spielt das aber ohnehin keine Rolle mehr, auf welcher Seite er theoretisch fahren müsste. Schmunzelnd nehmen wir zur Kenntnis, dass auch er sich nicht gern überholen lässt und so mancher Mopedfahrer wird da auch mal auf die Seite gedrängt. Leid tun mir immer die Fahrradfahrer, die ähnlich wie in Sambia, Unmengen auf ihre Fahrräder laden und diese dann auch noch die steilen Berge hochschieben. Öfter zucke ich zusammen, weil ich denke, jetzt bekommt der arme Fahrradfahrer den Seitenspiegel in die Rippen. Zum Glück passiert das aber nie. Eine Fahrradbesatzung besteht in der Regel immer aus zwei, manchmal auch aus drei Personen. Ein Paar hatte zwischen sich dann noch quer ein lebendes Schaf liegen. Andere haben 3, 4 oder gar 5 riesige Säcke aufgeladen. Wir können uns an diesem pulsierenden afrikanischen Leben gar nicht satt sehen und wir saugen die Eindrücke buchstäblich in uns auf.

An einem steilen Hang sehe ich im Vorbeifahren nur noch ein Kind fallen, dann hüllt eine große Staubwolke alles ein. Ahmed hält an und wir sehen zu, wie Kinder mit größter Freude auf Palmenstämmen den Hang hinunter rutschen. So geht rodeln auf afrikanisch. Als die Kinderschar uns bemerkt, kommen sie sofort alle angerannt. Ahmed bittet sie, uns das „Rodeln“ noch einmal vorzuführen und das tun sie mit Begeisterung, während Uwe versucht, ein paar Fotos davon zu machen. Als er ihnen die Bilder zeigt, haben sie einen Mordsspaß, sich auf dem Kameradisplay zu sehen. Das hält sie aber nicht davon ab, noch Geld von uns zu erwarten. Sie bekommen etwas Kleingeld und sind zufrieden.

        

Langsam begreifen wir, wie hier der „Hase“ läuft. Im Fahrzeug werden wir nicht behelligt, aber sobald wir anhalten, kommen aus allen Ecken unzählige Kinder angerannt, bestaunen uns neugierig und erwarten Geld. Hier geht es nicht um Bonbons, sonder gleich zur Sache. Das gefällt uns weniger und wir beschließen, diese Forderung in Zukunft zu ignorieren.

Auf der weiteren Fahrt wird Ahmed von zwei Polizisten angehalten. Als er sagt, dass er zwei Touristen dabei hat, treten die sofort zwei Schritte zurück und lassen ihn voller Respekt weiterfahren. Touristen scheinen hier ein sehr wertvolles Gut zu sein, denen man überall mit viel Respekt, Höflichkeit und Freundlichkeit begegnet.

Ahmed erzählt uns, dass die Arbeitslosenquote in Ruanda bei ca. 30 % liegt. Staatliche Beihilfen gibt es nicht, aber immerhin haben die Menschen dann kostenlosen Zugang zu medizinischer Versorgung. Seit Kurzem besteht auch Schulpflicht für alle Kinder (ein Lehrer hat bis zu 100 Kinder in seiner Klasse). Trotzdem sehen wir sehr viele Kinder – auch teilweise sehr kleine Kinder – auf dem Feld arbeiten. Im Moment sind wohl Schulferien und so verdienen sich die Kinder ein kleines Taschengeld dazu. Manche sammeln mit einer kleinen Sichel Gras, das sie als Viehfutter verkaufen, holen in großen Kanistern Trinkwasser an den öffentlichen Brunnen oder Quellen und helfen auf dem Feld. Wieder einmal stellen wir betroffen fest, wie zeitig die Kinder hier an Arbeit gewöhnt werden und wie kurz deren Kindheit ist.

So durchfahren wir diese herrliche Landschaft bis zum Volcanoes National Park (bzw. Parc National des Volcans, wie er offiziell heißt); dem ersten Ziel unserer Reise. Am Horizont erstrecken sich die Berge des Virunga-Gebirges. Der Park liegt im äußersten Nordwesten Ruandas. Die Staatsgrenzen zwischen Ruanda und der DR Kongo bzw. Uganda verlaufen durch die Bergkette der nicht mehr aktiven Virunga-Vulkane. Mit dem direkt angrenzenden Park National de Virunga im Kongo und dem Mgahinga Gorilla NP in Uganda werden immerhin 420 Quadratkilometer Lebensraum der Berggorillas geschützt. Die Wälder des Virungagebietes bestehen in 2.500 m bis 3.000 m Höhe vorwiegend aus dichtem Bambus, darüber trifft man auf flechtenbehangenen Bergregenwald.¹


Kurz vor dem Abbiegen auf das Lodgegelände, schauen wir ziemlich schockiert auf die benachbarte Baustelle. Das Treiben hier mutet an wie eine Szene aus einem Film über ein Sträflingslager, wo Gefangene auf dem Boden hocken und Steine klopfen. So ähnlich ist es auch hier auf der Baustelle. Da hocken mindestens 20 Menschen auf einem großen Berg von Lavasteinen. Mit einem kleinen Hammer bearbeiten sie die Steine so lange, bis aus ihnen rechteckige Steine werden, die dann sofort im bereits halbfertigen Gebäude verbaut werden. Wie wir erfahren, entsteht hier gegenüber des Hotels ein Craft-Centre (Souvenirshop). Auch hier arbeiten Kinder mit. Ich kann es gar nicht fassen, dass man auf diese Weise Ziegel für ein ganzes Haus herstellt. Das dauert doch ewig! Auf der Baustelle wuseln auch sonst eine Menge Menschen herum und das Treiben erinnert an einen großen Ameisenhaufen.

An der Gorilla`s Nest Lodge in dem kleinen Ort Ruhengeri (Distrikt Musanze) am Rand des Volcanoes NP werden wir sehr freundlich empfangen. Hier bleiben wir die nächsten drei Nächte. Im Internet hatten wir gelesen, dass die Lodge kürzlich von dem Hauptinvestor „Dubai World Holding“ übernommen wurde und das Management an die renommierte südafrikanische Mantis-Collection übergegangen ist. Nun wird die Lodge nach und nach vollständig renoviert und modernisiert. Um sicher zu gehen, dass wir nicht auf einer Baustelle landen, hatten wir deshalb schon im Vorfeld der Reise per Internet angefragt, wie es um die Renovierungsarbeiten steht. Man hatte uns mitgeteilt, dass erst einmal nur ein kleiner Teil renoviert wird und wir von den Bauarbeiten nicht tangiert sein werden.

Der Innenhof der Lodge ist sehr gepflegt und überall blüht es. Sofort nach unserer Ankunft hat man uns unsere Reisetaschen abgenommen, doch jetzt auf dem langen Weg zu unserem Chalet bricht der arme Junge fast unter der Last unserer 40 kg Gepäck zusammen. Unser Chalet ist nett eingerichtet und auch sauber. Wir haben einen herrlichen Ausblick auf die Berge. Das Bett ist liebevoll mit Blüten dekoriert, es stehen frische Hortensienblüten in einer Vase und ein Körbchen getrockneter Pfefferminzblätter duftet angenehm. Das gesamte Personal ist sehr um das Wohl der Gäste bemüht und ausgesprochen freundlich, ohne dabei aufdringlich zu sein. Es gefällt uns hier.


Nachdem Ahmed sich davon überzeugt hat, dass alles zu unserer Zufriedenheit ist, verabschiedet er sich für heute von uns. Er übernachtet irgendwo im Ort. Morgen früh wird er uns um kurz vor 7 Uhr zum Golden-Monkey-Tracking abholen

Wir machen uns ein wenig frisch und gehen zum Essen. Das Restaurant wirkt etwas nüchtern aber auch hier ist das Personal sehr freundlich und bemüht. Neben unseren Tisch wird sofort ein Tongefäß mit einem wärmenden Holzkohlefeuer gestellt. Im Kamin prasselt ein gemütliches Feuer.

Im Verlauf des 3-Gänge-Menüs stellen wir fest, dass auch das Küchenpersonal sehr bemüht ist, doch leider bräuchte der Koch noch ein paar Nachhilfestunden. Das Fleisch bekommt er ziemlich todgebraten aber dafür ist die Würzung gut.

Nachdem wir nun seit gestern Morgen 5 Uhr auf den Beinen sind, währt unser Abend nicht mehr lang. Etwas verwundert nehmen wir noch die beiden Wärmflaschen in Empfang, die man uns bringt. Hier scheint es nachts kalt zu werden. Immerhin liegt die Lodge auf 2.300 Meter ü. N. Wir packen noch ein wenig aus und gehen dann zeitig schlafen.


04.09.2010       Gorilla`s Nest Lodge in Ruhengeri – Golden Monkey Tracking im Volcanoes NP

Um 5 Uhr klingelt unser Wecker, denn heute steht das Tracking zu den Golden Monkeys, den Goldmeerkatzen, auf dem Programm. Diese hübschen Affen mit goldfarbenem Rückenfell leben ebenfalls hier im Volcanoes NP und es gibt zwei Gruppen dieser Tiere, die habituiert, also an die Nähe von Menschen gewöhnt sind. Noch haben wir keine Ahnung, was uns wirklich erwartet. Wir wissen nur, dass es eine Wanderung im Regenwald ist. Reiseberichten und Reiseführern haben wir entnommen, dass wir dazu dicke Hosen, lange Ärmel wegen der Brennnesseln, ordentliche Wanderschuhe, ein paar Gartenhandschuhe und eine Regenjacke brauchen. Optional sind noch Gamaschen. So ausstaffiert, machen wir uns fertig. Vorsichtshalber packen wir uns noch ein paar Sachen ein, die wir vielleicht auch brauchen können und die wir ansonsten auch bei Ahmed im Wagen lassen können.

Ab 6 Uhr ist Frühstück und Ahmed holt uns kurz vor 7 Uhr ab. Er ist überpünktlich und fährt uns zum Briefing-Point am Sitz der Nationalparkverwaltung in Kinigi. Hier warten bereits eine Menge Leute, denn hier findet auch das Briefing für die Gorilla-Trackings statt.

Als wir aus dem Wagen steigen, kommt sofort einer der Guides auf uns zu und stellt sich vor. Er zeigt uns die Örtlichkeiten, bittet uns, dass wir uns beim Kaffee bedienen und erklärt uns den weiteren Verlauf des Briefings.

So nach und nach sammeln sich die einzelnen Gruppen. Die Gruppe derer, die heute mit uns das Golden-Monkey-Tracking machen werden, besteht aus 10 Personen. Hinzu kommen ein Guide, eine mit Maschinengewehr bewaffnete Rangerin und ein mit der Machete ausgestatteter „Wegbereiter“. Die Leute der Gruppe werden aufgefordert, sich kurz vorzustellen und so erfahren wir, dass sich unsere Gruppe aus Kanadiern, Menschen aus den USA, Australiern, einem Kenianer und uns Deutschen zusammensetzt. Nach dem Briefing, wo man uns einige Informationen über das Leben und die Verhaltensweisen der Golden Monkeys gibt, steigen wir alle wieder in die eigenen Fahrzeuge (wir also zu Ahmed) und werden bis zu einem Dorf gefahren. Hier warten schon einige Porter (Träger) auf uns. Für 10 US-Dollar kann man seinen Rucksack auch von einem Träger schleppen lassen. Heute tun wir das noch selbst und auch sonst ist keiner in der Gruppe, der diesen Service in Anspruch nimmt. Die Männer haben Wanderstöcke dabei, die sie uns (kostenlos) zur Verfügung stellen. Von hier aus geht es gemächlich bergauf; immer an Feldern vorbei, die inzwischen direkt bis an die Nationalparkgrenze reichen. Schon dreimal wurde die Parkgrenze nach oben versetzt und so der Park verkleinert. Da, wo die Felder sind, findet sich dann auch kaum noch ein Baum – abgesehen von ein paar schnellwachsenden Eukalyptusbäumen, die als Feuerholz dienen.

Die Grenze zum Volcanoes NP ist durch einen Steinwall gekennzeichnet. Nur ganz schmale Gänge durch diesen Wall hindurch ermöglichen das Betreten des Parks. Damit sollen Büffel und anderes Wild davon abgehalten werden, sich an den bewirtschafteten Feldern satt zu fressen. Aber sie soll den Park auch davor schützen, dass Weidetiere in den Nationalpark eindringen. Dicke Menschen allerdings bleiben in diesem schmalen Zugang auch stecken. Das Wetter ist heute bewölkt, aber angenehm temperiert. Es ist längst nicht so schwül, wie wir es uns vorgestellt haben. Im Moment befinden wir uns etwa auf 2.000 m Höhe. Wir hatten gelesen, dass der Wald in dieser Höhe vorwiegend aus dichtem Bambus besteht. Nun sind wir gespannt, was uns erwartet. Überall auf den Steinen der Mauer wachsen Farne und Moose. Man sieht, dass hier viel Feuchtigkeit zur Verfügung steht.


Als sich alle durch den schmalen Gang in der Steinmauer gequetscht haben, erwartet uns Dickicht. Mein erster Gedanke: „Ist das dunkel hier!“. Teilweise müssen wir gebückt laufen. Hier gibt es keine Wege, hier müssen wir vorbei an fies brennenden Nesseln, die dicke Quaddeln verursachen, durch Lianen hindurch kriechen und über glatte Wurzeln balancieren. Zum ersten Mal kommen unsere Gartenhandschuhe zum Einsatz, denn so bleiben uns die fiesen Quaddeln der Brennnesseln erspart. Trotz robuster Drillichhose spüren wir sogar noch die eine oder andere Nessel auf der Haut, aber wenigstens ist ihre unangenehme Wirkung stark reduziert. Zum Schutz vor Ameisen stecken wir die Hosenbeine in die Socken. Das sieht zwar bescheuert aus, aber darum geht es hier gerade nicht. Es ist die wirksamste Methode, sich vor den üblen Bissen der Ameisen zu schützen.

Dann endlich, nach 45 Minuten Marsch durch das Unterholz riesiger Bambusbüsche, die über uns ein geschlossenes Blätterdach bilden, treffen wir auf vier Fährtenleser. Sie haben die Affengruppe für uns ausgespäht. Nun sind die Goldmeerkatzen ganz in der Nähe. Wir werden aufgefordert, unsere Rucksäcke und Stöcke abzulegen und die Kameras startklar zu machen. Während wir weitergehen, passt ein bewaffneter Ranger die ganze Zeit auf diese Sachen auf. Wir laufen noch ein Stück und sehen dann auch schon den ersten Affen. Sie sind wirklich wunderschön mit ihrem goldenen Fell und den aufgeblasenen Pausbacken. Diese Gruppe hier besteht aus über 100 Tieren und überall in den Bambuswipfeln sitzen die Affen und fressen sich genüsslich die Bäuche voll. Uns scheinen sie überhaupt nicht zur Kenntnis zu nehmen. Schade, dass sie viel zu weit weg und auch nicht besonders gut zu erkennen sind. Das viele Grünzeug verdeckt sie immer wieder und sie bleiben auch nicht wirklich ruhig sitzen. Das Fotografieren ist eine Herausforderung.


Die Fährtenleser führen uns weiter durch den Busch. Plötzlich sind wir ganz nah dran an den Tieren und haben sie sogar in Augenhöhe. Sie sind auch nicht sehr scheu - aber flink. Es ist witzig, ihnen dabei zuzusehen, wie sie sich von Bambus zu Bambus bewegen. Sie klettern bis zu dem Punkt, wo die Bambusstange sich sanft zu biegen beginnt und lassen sich so auf den nächsten Bambusast wippen. Viel springen müssen sie also gar nicht, um sich hier fort zu bewegen. Wir sehen kleine Äffchen und ausgewachsene Männchen, Teenager und viele Weibchen der Gruppe.

Da die Bäume immer am Hang stehen, ist es sehr schwierig, einen festen Tritt zu finden. Das erschwert das Fotografieren ziemlich, weil man nicht wirklich sicher auf beiden Beinen steht. Immer wieder sackt man ein oder rutscht weg. Außerdem nimmt es Zeit in Anspruch, sich einen festen Stand zu verschaffen. Diese Zeit bräuchte man eigentlich zum Fotografieren, denn die Tiere sind ständig in Bewegung. Es ist also nicht so einfach und man muss sich auch diese Fotos wirklich erarbeiten und verdienen! Immer wieder helfen uns die Fährtenleser dabei, einen guten Standpunkt und einen schön platzierten Affen zu finden. Als unsere eine Stunde Besuchszeit schon abgelaufen ist, sitzt noch einmal ein Äffchen ganz malerisch in Augenhöhe. Wir dürfen noch 10 Minuten länger bleiben und können uns fast nicht losreißen, so niedlich sind diese Tiere. Wir freuen uns, sie aus einer solch nahen Distanz gesehen zu haben.


Der Rückweg geht wieder durch dichtes Gestrüpp. Unterwegs sammeln wir unsere Rucksäcke und Stöcke wieder ein und zwängen uns dann noch einmal durch den schmalen Gang in der Nationalparkgrenze. Unten im Dorf wartet Ahmed auf uns. Insgesamt waren wir ca. 2 ½ Stunden unterwegs. Auch die Anwohner des Dorfes haben schon auf uns gewartet und einen Souvenirstand eröffnet. Es gibt geschnitzte Affen und T-Shirts.

Ahmed bringt uns zurück zur Lodge. Den Nachmittag haben wir nun zur freien Verfügung. Erst einmal stärken wir uns am Mittagessen. Danach erkunden wir das Lodge-Gelände. Hier gibt es sogar einen Golfplatz. Gut, der ist zwar nur ein besserer Acker, aber wir staunen nicht schlecht, als wir darauf eine Gruppe Kronenkraniche entdecken. Uwe pirscht sich an und die Tiere lassen ihn bis auf wenige Meter an sich heran. Es ist unglaublich, wo doch eigentlich gerade die Kraniche so scheu sind. Er kann sogar ein paar schöne Portraits von ihnen machen.


So vergeht der Nachmittag wie im Flug. Es bleibt gerade noch Zeit für ein paar Fotos von einem schönen Sonnenuntergang.

          

Kaum ist die Sonne untergegangen, kommen von der anderen Seite dicke schwarze Wolken. Das ist zwar eine tolle Lichtstimmung, aber die ist nur von kurzer Dauer. Donner und Blitze künden ein Gewitter an. Dann regnet es in Strömen. So also sieht hier Regenzeit aus. In unserem Zimmer stehen auch zwei Regenschirme, so dass wir trocken bis ins Restaurant kommen.

Nach dem Abendessen warten schon wieder zwei kuschelig heiße Wärmflaschen auf uns und wir gehen zeitig schlafen. Schließlich wollen wir fit sein für unser morgiges Tracking zu den Berggorillas.


05.09.2010       Gorilla`s Nest Lodge in Ruhengeri – Gorilla Tracking im Volcanoes NP (Ruanda)

Auch heute stehen wir um 5 Uhr auf. Es hat die ganze Nacht geregnet. Zwar schien es heute Morgen so, als ob sich das Wetter beruhigt, doch nun schüttet es schon wieder wie aus Kübeln. Das kann doch nicht wahr sein! Da ist doch im Regenwald alles klatschnass, der Boden total aufgeweicht und rutschig und wir werden patschnass. Was ist, wenn wir bei den Gorillas sind und es regnet so? Dann können wir ja nicht einmal fotografieren?! Eigentlich wollte Uwe unbedingt zur Susa-Gruppe. Sie hat 41 Mitglieder, mehrere Silberrücken und auch Jungtiere. Diese Gruppe lebt aber am tiefsten im Regenwald – ist also am schwierigsten zu erreichen. Der Pakistani hier aus der Lodge, der gestern Mittag vom Gorilla-Tracking kam, hatte uns glücklich erzählt, dass er um Einteilung in eine Gruppe gebeten hatte, die nicht so weit entfernt ist, weil seine Frau so schlecht zu Fuß ist. Er wurde dann sozusagen in die „Behindertengruppe“ eingeteilt und hatte nur 45 Minuten zu laufen. Seine Gorillagruppe befand sich gerade außerhalb des Nationalparks, um sich am Eukalyptus zu laben. So waren die Tiere schön auf freiem Feld, kein Geäst und Gebüsch hat die Sicht beeinträchtigt und hell genug war es auch. Ihm wurden die Gorillas sozusagen auf dem silbernen Tablett serviert. Genau diese Gorillagruppe bräuchten wir heute, wenn es so weiter regnet.

Uwe sieht ein, dass das heute mit seiner Susa-Gruppe wohl wirklich nicht so optimal ist. Wir bitten Ahmed deshalb, uns in die „Behindertengruppe“ einteilen zu lassen. Er verspricht, sich zu kümmern, verspätet sich aber zum Briefing der Guides. Noch am Briefing-Point beginnt es schon wieder zu regnen. Gut, dass wir gestern das Golden Monkey-Tracking gemacht haben. So wissen wir heute wenigstens genau, was wir richtig anzuziehen haben. Lange Ärmel sind ein Muss, egal wie warm es wird und auch Wanderschuhe sind unbedingt notwendig, denn Turnschuhe haben eine viel zu glatte Sohle. Wieder werden die Hosen in möglichst lange Socken gesteckt. Die Gamaschen schützen die Hosen zumindest bis zum Knie vor dem gröbsten Dreck und der Nässe. Dass außerdem die Regenjacke heute zwingend gebraucht wird, muss ich nicht weiter erwähnen. Auch unsere Gartenhandschuhe, die sich gestern als wirklich gute Investition herausgestellt haben, stecken griffbereit in der Hosentasche. Erfreut hatten wir festgestellt, dass wir mit ihnen sogar noch fotografieren können. Da jeder Besucher sein Trinkwasser selbst mitnehmen muss, packen wir neben der Kameraausrüstung noch ausreichend Wasserflaschen mit ein.

Nun warten wir am Briefing-Point gespannt, welche Gorillagruppe wir besuchen dürfen. Während wir hier so stehen, wird uns das Besondere der Situation so richtig bewusst. Wir erhalten das Privileg, einige der letzten von weltweit noch rund 720 Berggorillas im Regenwald besuchen zu dürfen. Diese Tiere sind durch die stetige Verkleinerung ihres Lebensraumes und durch Wilderei akut vom Aussterben bedroht und wir bekommen eine Stunde Besuchszeit, um diesen Tieren ganz nahe zu sein. Sicher, es sind wilde Tiere, die zwar an Menschen gewöhnt sind, aber durchaus noch nach ihren eigenen Regeln leben – sofern man sie lässt. Angst haben wir dennoch Beide nicht; aber wahnsinnig gespannt sind wir, wie diese Begegnung aussehen wird.

Dann endlich stellt sich unser Guide vor und wir erfahren, dass wir die Ugenda-Gruppe treffen dürfen. Nach unserem Kenntnisstand ist die zwar eigentlich eher Forschern vorbehalten, doch das soll uns Recht sein. Die Gruppe besteht immerhin aus 19 Mitgliedern, einem Silberrücken (Silverback), einem Schwarzrücken, dem sogenannten Blackback und sie hat auch Jungtiere. Das Jüngste ist gerade 3 Monate alt. Perfekt!

Nun stellt sich jeder aus unserer Tracking-Gruppe noch kurz vor. Diesmal sind wir 8 Personen (Das ist die maximale Anzahl an Besuchern, die einmal am Tag eine Gorillagruppe für eine Stunde besuchen dürfen). Die Leute kommen aus den USA, aus Tansania und aus Deutschland.

Unser Guide gibt uns noch einige sehr interessante Informationen zu den Berggorillas allgemein und zu der Gruppe im Speziellen. Im Volcanoes NP werden 18 Gorillagruppen beobachtet. Davon stehen 8 Gruppen für Touristenbesuche und 10 für Forschungsarbeiten zur Verfügung. Wir erfahren, dass die Tiere, die sich fast ausschließlich vegetarisch ernähren, mehr als 200 verschiedene Pflanzen auf ihrem Speiseplan stehen haben. Dabei sind sie sehr wählerisch. Von manchen Pflanzen fressen sie nur die Blätter, von anderen nur die Blüten oder Knospen, von manchen nur das Mark der Stängel, von manchen nur die Rinde oder Wurzeln und manchmal auch die Samen. Haften an dem Futter Insekten, werden diese abgeschüttelt oder ausgespuckt. Interessant ist, dass Silberrücken ausschließlich aufgrund ihres Alters die Anführer der Gruppe sind. Zwischen den Männchen einer Gruppe gibt es keine Machtkämpfe, sondern sie akzeptieren die Alleinherrschaft des Ältesten, der das Sagen in der Gruppe hat. Erst wenn der Silberrücken stirbt, rückt der Nächstälteste nach.

Nach diesem ersten Briefing fährt uns Ahmed zum Ausgangspunkt der Tour. Hier warten wieder viele Porter auf Arbeit. Diesmal nehmen wir für 10 US-Dollar den Luxus in Anspruch und ich muss meinen Rucksack nicht selbst schleppen. Gerade beginnt es wieder zu regnen. Der Mann aus Tansania, der ebenfalls unserer Tracking-Gruppe angehört, steht im Hemd da. Unser Guide fragt ihn, wo seine Regenjacke ist und er meint, dass er die vergessen hat. Unser Guide ruft den wartenden Portern etwas zu, woraufhin sofort einer von ihnen seine Regenjacke auszieht und sie dem Tracking-Teilnehmer reicht. Wir sind sprachlos. Würde man so etwas in Deutschland erleben?

Wieder werden uns kostenlos Wanderstöcke zur Verfügung gestellt. Unser Porter – ein junger Mann - bekommt gleich noch eine Machete in die Hand gedrückt und läuft flinken Fußes bergauf. Uwe hat sein GPS dabei, so dass wir das Tracking aufzeichnen können. Wir sind jetzt 9 km vom Headquarter und Briefing Point entfernt und stehen auf 2.525 m ü. N. Oben auf dem Berg können wir die Parkgrenze erkennen. Ab dort beginnt auch der Wald. Nun müssen wir aber da hoch und das geht in ziemlich zackigem Tempo. Die vielen Lavasteine zwischen dem Gras sind unheimlich rutschig. Das macht es nicht gerade leichter und wir sind froh, den Stock zum Abstützen zu haben. Mit immerhin 4 km/h „stürmen“ wir den Berg. Also die „Behindertengruppe“ ist das definitiv nicht und ziemlich anstrengend. Immerhin regnet es wenigstens nicht mehr. Zwar macht unser Guide immer mal wieder eine Pause, erklärt uns die Umgebung und die Feldfrüchte, die hier angebaut werden, doch das ändert nichts daran, dass wir alle ziemlich schnaufen. Wir sind halt „Office People“, wie unser Guide so treffend bemerkt. Knapp 1 ½ Stunden später stehen wir endlich an der Parkgrenze, haben 500 Höhenmeter überwunden und befinden uns nun auf 2.925 Meter ü. N.

Jetzt bekommen wir das nächste Briefing - Verhaltensregeln, wenn wir den Gorillas gegenüber stehen. Es gilt, einen Mindestabstand von 7 Metern zu den Tieren einzuhalten, in ihrer Gegenwart darf nicht gegessen, getrunken oder geraucht werden. Wenn die Tiere den Mindestabstand von sich aus unterschreiten, soll man langsam zurück gehen. Berührungen durch die Tiere sind zu ignorieren. Man soll nur flüstern (das tut man schon vor lauter Ehrfurcht) und nicht mit dem Finger auf die Tiere zeigen. Beim Fotografieren darf auf keinen Fall geblitzt werden und streicheln darf man sie natürlich auch nicht. So viel zur Theorie.

Auch hier oben besteht die Grenze zum Volcanoes NP aus einem Steinwall von losen Lavasteinen. Diesmal müssen wir allerdings darüber klettern. Bei den rutschigen Steinen nehmen wir dankbar die helfenden Hände des Guides und des Porters in Anspruch, die sich alle Mühe geben, jeden von uns unbeschadet über die mannshohe Mauer zu bugsieren. Nun schließen sich uns noch zwei mit Maschinengewehren bewaffnete Parkranger an. Wir stehen in einem richtigen Regenwald. Schon allein dieser Gedanke lässt Glücksgefühle in mir aufkommen. Das habe ich mir immer gewünscht, konnte es mir nie so richtig vorstellen und hätte nie zu hoffen gewagt, dass ich das jemals mit eigenen Augen sehen werde – richtigen Urwald, unberührten Regenwald.

Der Weg führt uns nun durch dichtes Unterholz. Mit der Machete muss ein Weg gebahnt werden. Wilder und ursprünglicher kann ein Wald nicht sein. Lobelien und Senezien versperren uns den Weg. Es geht vorbei an großen Würgefeigen mit brettähnlichen Wurzeln. Wir steigen über Lianen und Schlingpflanzen. Alles ist mit Moosen überzogen. Von den Bäumen hängen lange Flechten wie Bärte herab. Auf den Bäumen wachsen Orchideen und Farne. Der ganze Wald ist in ein sattes, kräftiges Grün getaucht. Es ist traumhaft schön hier und man fühlt sich wie in einem verwunschenen Märchenwald. Blöd, dass man viel zu oft nach unten schauen und auf den Weg achten muss, statt sich hier die Gegend ansehen zu können. Kaum schaut man nämlich mal nicht hin, steht man in einem Haufen frischer Büffelsch.... Nur die Tiere selbst bekommen wir leider nicht zu Gesicht. Dafür bewähren sich unsere Gartenhandschuhe bestens. Sie schützen die Hände nicht nur vor Nesseln und Dornen, sondern auch bei kleineren Stürzen; und die bleiben nicht aus.


Nach weiteren 40 Minuten Fußmarsch durch diesen Märchenwald treffen wir auf drei Fährtenleser. Nun können die Gorillas nicht mehr weit sein. Wieder bekommen wir die Anweisung, unsere Rucksäcke und Stöcke abzulegen und die Kameras bereit zu halten. Dann ist es auch schon so weit. Wenige Meter von uns entfernt sehen wir den ersten Berggorilla. Wow, was für ein Erlebnis! Dann kommen weitere Tiere aus dem Busch. Ein Gorilla-Weibchen mit ihrem Nachwuchs marschiert direkt durch unsere Gruppe hindurch. Uns trennen keine zwei Meter mehr von ihr. Sie trägt ihr Kleines auf dem Rücken und scheint zu sagen: „Seht her, was ich für ein hübsches Baby habe!“ Das Kleine ist zum Knuddeln süß mit seiner Strubbelfrisur und den großen neugierigen braunen Augen. Später läuft noch einmal ein Weibchen mitten zwischen uns hindurch. Die Tiere lassen sich von unserer Anwesenheit überhaupt nicht beeindrucken. Sie sind total relaxt. Dann taucht auch der Silberrücken aus dem dichten Blätterdickicht auf. Was für ein prächtiges Tier mit seinem silberfarbenen Fell auf dem Rücken! Er frisst ein paar Gräser und Wurzeln, zeigt uns, wie man die Stacheln geschickt von den Disteln abstreift, bevor er die nun stachelfreie Pflanze mit Blatt und Stiel in sich hinein stopft, dann zieht er weiter. Die Gruppe folgt ihm und wir der Gruppe. Endlich bleiben die Tiere eine Weile auf einer Lichtung. Wir können uns ihnen nähern, ohne dass sie uns auch nur beachten. Nur einmal knurrt der Silberrücken etwas. Wir sind wohl seinem Nachwuchs etwas zu nah auf den Leib gerückt. Das Kleine ist aber auch zu goldig, wenn es mit großen Augen in die Kamera schaut.


So nah an diese Tiere heran zu kommen, ist schon etwas ganz Besonderes und hinterlässt einen unvergesslichen Eindruck. Kaum vorstellbar, dass die Gorillas so intensiv beschützt werden müssen, denn immerhin passen Ranger den ganzen Tag auf die Tiere auf, bis sie um 16 Uhr schlafen gehen. Das tun sie bis auf den Silberrücken in Baumnestern aus Blättern und Zweigen. Nur der Silberrücken, der bis zu 2 Metern groß und 200 kg schwer sein kann, schläft verständlicherweise am Boden. So kann er dann auch Eindringlinge schneller in die Flucht schlagen.


Wir haben ausgiebig Gelegenheit, die Tiere zu bewundern, ihr Sozialverhalten zu beobachten und ihnen beim Fressen zuzusehen. Das ist sowieso ihre Lieblingsbeschäftigung. Die Kamera knattert mit ihren Pubsen um die Wette. Viel zu schnell vergeht die Zeit und noch nie war eine Stunde so schnell um, wie hier bei den Gorillas. Es fällt uns sehr schwer, uns von diesen faszinierenden, sanftmütigen Wesen los zu reißen.


Als wir den Rückweg antreten, nehmen wir uns noch die Zeit, ein paar Schnappschüsse des herrlichen Regenwaldes zu machen. Schade, dass man hier nicht allein her kann. Es gibt unzählige Fotomotive. Allein die vielen prächtigen Schmetterlinge sind schon eine Augenweide. Überall hängen Moose von den uralten knorrigen Bäumen, große Farne bilden ein dichtes Blätterdach und Keiner würde sich wundern, wenn ein kleiner Troll hinter dem nächsten Baumstamm auftauchen würde. Es ist einfach märchenhaft hier. So fällt es uns wirklich schwer, den Anschluss an die Gruppe zu halten. Der bewaffnete Ranger, der als Letzter hinter der Gruppe geht, bringt viel Geduld und Verständnis auf, dass wir immer mal wieder anhalten. Er ist trotzdem sehr freundlich und hilfsbereit.


Vollkommen verdreckt, durchgeschwitzt und voller Begeisterung über dieses unvergessliche Erlebnis kommen wir unten im Dorf wieder an. Gerade endet der Gottesdienst und nun hat sich die ganze Gemeinde versammelt. Kinder, aber auch viele Erwachsene stehen einfach da und betrachten uns. Hier sind wir die Attraktion. Wir nehmen inzwischen unsere Urkunden entgegen, die bescheinigen, dass wir am Gorilla-Tracking teilgenommen haben. Jeder Tracking-Teilnehmer bekommt eine solche, auf seinen Namen ausgestellte, Urkunde.

Ahmed wartet bereits auf uns und bringt uns zurück zur Lodge, wo wir uns erst einmal ein wenig von den Anstrengungen der Tour erholen und dann neugierig unsere fotografische Ausbeute des Trackings sichten. Zufrieden mit dem, was wir sehen, packen wir unsere Sachen, denn morgen führt uns unsere Reise nach Uganda.

Auf das Abendessen verzichten wir heute und lassen uns stattdessen vier Obstsalate auf unser Zimmer bringen. Der ist nämlich echt lecker und besteht nur aus frischem Obst. Überhaupt schmecken allein die Bananen hier schon tausendmal besser, als bei uns aus dem Supermarkt. (Die Küchencrew arbeitet übrigens mit Handschuhen.)


Auch heute Abend zieht wieder eine Gewitterfront mit Regen auf. Man scheint sich auf das Wetter verlassen zu können. Solange sich der Regen am Nachmittag und in der Nacht ergießt, ist es uns egal – aber bitte nicht vormittags, wenn wir im Regenwald unterwegs sind.


06.09.2010       Gorilla`s Nest Lodge (Ruanda) – Wagtail Eco Safari Camp in Rubuguri (Uganda)

Heute können wir richtig ausschlafen, denn Ahmed holt uns erst um 8 Uhr ab. So sind wir dann auch die Letzten beim Frühstück. Auf uns wartet eine große Schüssel frischer Obstsalat. Man hat verstanden, dass der uns besonders gut schmeckt. Der Koch bekommt nämlich leider sogar die Spiegeleier so trocken, dass man meint, daran ersticken zu müssen. Trotzdem ist das gesamte Personal extrem freundlich und zuvorkommend, ohne dabei aufdringlich zu sein.

Ahmed ist überpünktlich und wir zeitiger fertig, so dass wir rasch starten können. Eigentlich steht heute Vormittag noch der Besuch des Grabes von Dian Fossey auf dem Plan, doch darauf verzichten wir. Stattdessen fährt Ahmed mit uns noch zu einer Landzunge, wo sich Lake Ruhondo und Lake Bulera treffen. Auf der Anhöhe dieser Landzunge liegt die Virunga Mountain Lodge, von der aus man einen tollen Ausblick auf die Seen und die Bergketten der bis zu 4.500 Meter hohen Virunga-Vulkane hat. Immer wieder muss Ahmed auf dem Weg dorthin anhalten, damit wir fotografieren können. Die Landschaft ist einfach traumhaft schön.


Natürlich kommen jedes Mal eine Menge Kinder angerannt, die sich dann neugierig und erwartungsvoll um einen scharen, aber wir ignorieren es und werden auch nicht behelligt. Leider können wir es uns nicht leisten, jedem Kind in Afrika Geld zu geben und richtig ist das auch nicht, denn so wird die Bettelei gefördert. Es gibt extrem viele Kinder hier. Sie stellen immerhin 48 % der Bevölkerung dar und es kann einem Angst machen, wenn man bedenkt, wie dieses Land früher oder später „aus allen Nähten platzt“. Der Landbedarf der Bevölkerung nimmt so immer weiter zu. Wird dann der Schutz des Regenwaldes und damit der Schutz des Lebensraumes der letzten Berggorillas noch eine Rolle spielen?


Ursprünglich war in unserem Reiseplan vorgesehen, dass wir heute und morgen in Kisoro in der Travelers Rest Lodge untergebracht sind und von dort aus das nächste Gorillatracking im Mgahinga Gorilla NP machen, der sich an den Volcanoes NP anschließt. Nach dem, was wir gelesen hatten, wäre dieses Tracking das Anstrengendste, was uns erwartet. Nun gibt es eine Planänderung. Die anhaltenden Regenfälle machen teilweise die unbefestigten Wege in der bergigen Landschaft unpassierbar. Es kommt zu starken Auswaschungen der Wege und auch zu Erdrutschen und Verschlammungen. Deshalb wird Ahmed uns heute schon bis zur südöstlichen Grenze des Bwindi Impenetrable NP fahren.

Unterwegs genießen wir wieder die Einblicke, die wir in das afrikanische Leben bekommen. Gerade kommen die Menschen vom Markt und erneut staunen wir, wie die Waren transportiert werden. Auch heute sehen wir Fahrradtaxis, mit 3 Personen beladen. Einer von ihnen hat dann noch eine Machete in der Hand – man mag gar nicht hinsehen. Andere transportieren Bier auf dem Fahrrad. Das aber nicht etwa in Flaschen, wie wir Europäer uns das vorstellen. Bier wird hier aus Mais selbst gebraut und befindet sich in gelben 20-Liter-Kanistern. Davon haben die Männer dann 5 oder manchmal auch 7 Kanister auf ein Fahrrad gebunden. Das sind 100 bis 140 kg Last! Frauen tragen die riesigen Bananenstauden auf dem Kopf oder drei solcher Bananenstauden werden an/auf einem Fahrrad befestigt und damit fahren sie dann noch den Berg hinunter oder auch hinauf. Fahrzeuge sind grundsätzlich vollkommen überladen. Wir sehen einen LKW, auf dem eine große Menschentraube (und deren Gepäck) steht. Außen hängen dann noch mindestens 10 Leute an der Ladebordwand.


Ahmed erzählt uns, dass die Bustaxis (VW-Busse o. ä.) in Ruanda für 21 Personen zugelassen sind. PKW dürfen 10 Personen „laden“. Es versteht sich von selbst, dass Jeder auch noch mit großem Gepäck unterwegs ist. Da steht dann der Kofferraumdeckel senkrecht auf, damit alles hinein passt.

Wir passieren die Grenze nach Uganda. Das geht relativ problemlos, aber afrikanisch langsam. Für das ugandische Visum müssen wir pro Person 50 US-Dollar berappen. Der Grenzübergang ist optisch an sich schon eine „Augenweide“ und für Ortsunkundige nur schwer überhaupt als solcher zu erkennen. Keiner der Angestellten trägt hier eine Uniform, auf der Wiese vor den Baracken grasen Rinder und nebenan werden LKW gewaschen, weil Ruanda den ugandischen Straßenstaub auf den einreisenden Fahrzeugen nicht sehen will. Dazwischen wuseln eine Menge Leute. Wieder werden wir sehr höflich behandelt. Man tritt einen Schritt zurück, um uns vor zu lassen und ist voller Respekt.

Übrigens lässt Ahmed, wenn er das Fahrzeug nur kurze Zeit verlässt, den Motor laufen, die Scheiben offen und schließt das Fahrzeug auch nicht ab. In der Mittelkonsole hat er einen größeren Geldbetrag deponiert. Die Gefahr, bestohlen zu werden, scheint nicht zu existieren. Auf jeden Fall fühlen wir uns sehr sicher.

Die Straße bis hier her war schon nicht besonders gut, doch nach der Grenze ist es nur noch eine Rüttelpiste, die von tiefen Löchern durchzogen ist, in denen das Wasser steht. Die „Straßen“ sind in einem unvorstellbar schlechten Zustand.

Wir fahren Richtung Bwindi Impenetrable NP, der im Südwesten Ugandas am Rande des zentralafrikanischen Grabens liegt. 1994 wurde der Park als ältester Regenwald der Welt zum Weltnaturerbe ernannt und unter den Schutz der Unesco gestellt. Nun freuen wir uns schon sehr darauf, diesen Park kennen zu lernen. Der Bwindi Impenetrable NP schützt die Heimat von etwa 340 Berggorillas und damit gut 50 % der gesamten Weltpopulation (der Restbestand lebt im Virunga-Gebiet). Beide Populationen sind durch Kulturland isoliert voneinander und ein genetischer Austausch kann nicht mehr stattfinden. Der Bwindi NP liegt zwischen 1.160 und 2.600 m hoch. Die Vegetation besteht aus dichten Berg- und Regenwäldern mit undurchdringlichem Unterwuchs.

Die bergige Landschaft ist auch hier wunderschön. Zum Glück müssen wir uns ja nicht auf den Weg konzentrieren und können so die Schönheit des Landes in vollen Zügen genießen. Die serpentinenartigen Bergstraßen fordern von Ahmed dagegen die volle Aufmerksamkeit. Scharfe Kurven, tiefe Auswaschungen, felsige Wegabschnitte und tiefe Pfützen wechseln sich ab. Da nimmt er dann auch nicht wirklich Rücksicht auf Fußgänger. Die versuchen sich jeweils durch einen Sprung in Richtung Abhang, vor den spritzenden Pfützen zu retten. So auch ein junger Mann, der extra schon ein Stück den Abhang hinunter getreten ist und dann trotzdem noch die volle Ladung rotes Pfützenwasser abbekommen hat. Er tut uns richtig leid und es ist uns unangenehm, doch Ahmed sieht das locker.


Besondere Hochachtung bringen wir den vielen Frauen entgegen, die an den teilweise extrem steilen Hängen ihre Felder bewirtschaften. Auch hier sind alle Hänge landwirtschaftlich genutzt. Einziger Unterschied zu Ruanda ist, dass wir in Uganda noch etwas mehr Bäume sehen. Davon gibt es in Ruanda so gut wie keine mehr, während es in Uganda inzwischen untersagt ist, einfach einen Baum zu fällen. (Dafür haben wir unterwegs trotzdem ziemlich viele Sägeplätze gesehen).

Unser Weg führt uns nach Rushaga, einem kleinen Ort am südlichen Rand des Bwindi NP. Die nächsten beiden Nächte werden wir im „Wagtail Eco Safari Camp“ übernachten. Dieses Camp ist ein Community-Projekt, das seit zwei Jahren besteht. Als wir vor der Schranke des Camps stehen, wird diese „wie von Geisterhand“ geöffnet. Fast können wir uns das Lachen nicht verkneifen. Die „Schranke“ besteht aus zwei Eisenrohren und zum Öffnen sitzt eine alte Frau im Gebüsch und zieht die Stangen rückwärts in die Büsche.

Sehr freundlich werden wir gleich von mehreren Leuten empfangen und zu unserem Chalet begleitet. Im Vergleich zur Gorilla`s Nest Lodge ist das natürlich ein kleiner Kulturschock für uns. Das Chalet ist sehr viel kleiner und nicht viel mehr als eine Lehmhütte mit Bett und Bad. Auf einer kleinen Veranda vor dem Chalet steht bequemes Sitzmöbel. Der sanitäre Bereich ist sehr sauber, WC und Waschbecken ganz neu und die offene Dusche sogar hochmodern. Das Campinggelände ist mitten im Dorf und um uns herum pulsiert das Dorfleben. Gegenüber singen die Leute beim Gottesdienst, Hühner gackern und hinter dem Chalet fressen sich zwei Hausschweine die Bäuche noch fetter. Der Garten ist zwar etwas wild, aber das darf man nicht so genau nehmen.


Als wir die Gegend inspizieren, bin ich total aus dem Häuschen. Ich entdecke ein Dreihornchamäleon. Das hatte ich mir so sehr gewünscht und doch nicht daran geglaubt, es zu sehen. Hier im Busch sitzen gleich zwei davon und wir machen natürlich ein kleines Fotoshooting. Später liefern sich dann die beiden Männchen (nur die haben solche Hörner) weiter oben im Baum noch einen heftigen Kampf. Es ist sehr interessant, sie dabei zu beobachten, wie sie mit ihren Hörnern und durch beißen versuchen, sich gegenseitig vom Ast zu drängen. Anschließend ist der in die Flucht Geschlagene dann ganz schwarz. Es ist offensichtlich, dass er sich gerade im wahrsten Sinne des Wortes schwarz ärgert.

Dreihornchamäleon (Chamaeleo jacksonii)

Ansonsten gibt es im Camp sehr viele Vögel. Ein Nektarvogel kommt regelmäßig bis in unser Chalet geflogen, dreht eine Runde und fliegt zur Tür wieder hinaus. Wir sind sprachlos. Die Menschen, die wir im Camp treffen, sind alle sehr freundlich. Jeder reicht uns die Hand und stellt sich vor. Es scheint, als ob das halbe Dorf vorbei kommt, um uns zu besichtigen. Nun ja, neben einem farbigen Herrn sind wir die einzigen Gäste im Camp.

An der Rezeption wird uns dann die handgeschriebene Menükarte für heute Abend vorgelegt. Hier hat sich Einer wirklich Mühe gegeben. Wir treffen unsere Wahl und sind gespannt. Ach ja, Strom gibt es von 19 bis 24 Uhr und wenn wir warmes Wasser brauchen, sollen wir Bescheid sagen, damit der Boiler angeheizt werden kann (mit einem Feuer). Zum Glück sind wir nicht so anspruchsvoll. Wenn wir morgen nach dem Tracking duschen können, dann ist das vollkommen ausreichend.

Wir chillen (ein herrliches Wort für nichts tun) noch ein wenig auf dem Hochdeck des Restaurants. Schon beginnt es wieder heftig zu regnen. Auf den Regen ist wirklich Verlass.

          

Um 18 Uhr haben wir uns zum Dinner angemeldet. Der junge Mann, der uns bedient, gibt sich alle Mühe, seinen Job korrekt zu machen. Damit die Flaschen auf dem Tablett nicht umfallen, legt er sie gleich um und es gelingt ihm auch, den ganzen Flascheninhalt auf einmal in einem Glas unterzubringen. Er muss zwar ziemlich aufpassen, dass der Berg auf dem Glas nicht überläuft, aber er schafft es. Fast muss ich lachen, doch hier gelten nun mal nicht unsere spießigen europäischen Maßstäbe. Woher sollen diese Menschen hier wissen, was ein Herr Knigge für richtig erachtet? Sie geben sich eine solche Mühe, alles richtig zu machen. Nun hat wenigstens der etwas zu hohe Tisch einen Sinn, denn so können wir unsere Gläser besser abtrinken.

Die Küche befindet sich irgendwo hinten in einem Nebengebäude. Die Suppe und das nachfolgende Essen müssen durch den strömenden Regen getragen werden. Dafür bekommen die Teller eine Plastikmütze in Form einer Klarsichtfolie übergezogen. Man weiß sich zu helfen. Die Gemüsesuppe schmeckt schon mal sehr gut. Als Hauptgang gibt es gegrilltes Hühnchen mit Kartoffeln und Weißkrautsalat. Auch das ist richtig lecker und die gegrillte Banane zum Dessert sowieso.

Satt und zufrieden nutzen wir eine Regenpause, um ins Chalet zurück zu gehen. Dort warten wir noch auf den Strom, denn unsere Akkus sollten schon alle voll geladen sein für das nächste Gorillatracking morgen. Inzwischen nutzen wir die Zeit, um unser mitgebrachtes Moskitonetz anzubringen. Mit unserer Campingausrüstung, die wir dabei haben, ist das alles kein Problem. Wozu haben wir Stirnlampen? Um 19 Uhr gibt es Strom und kurz darauf gehen wir zu Bett.


07.09.2010       Wagtail Eco Safari Camp in Rubuguri – Gorilla-Tracking im Bwindi NP (Uganda)

In unserem Chalet wohnt im Dach noch Jemand. Wir vermuten, dass es Mäuse sind. Die ganze Nacht trippelt und raschelt es, denn unter dem Riedgras befindet sich noch ein Wellblechdach. Trotzdem haben wir gut geschlafen. Als wir aufstehen, ist es noch stockdunkel. Strom gibt es nicht. Gut, dass wir auf unsere Stirnlampen zurückgreifen können. Wir sind es ja gewohnt, mit ihnen zu hantieren. Um 6 Uhr hören wir den Dieselgenerator anlaufen und 10 Minuten später gibt es auch Licht. Um 7 Uhr können wir frühstücken. Es stehen frisch gepresster Passionsfruchtsaft und sogar frisch aufgeschnittene Ananas und Passionsfrüchte bereit. Auch die beiden Spiegeleier sind genau richtig.

Uns wird noch für Jeden ein Lunchpaket gerichtet, das uns völlig überrascht. Außer Sandwiches, Tomate, Ei und Banane gibt es sogar noch ein Stück gebratenes Hühnchen. Dazu Saft und Wasser. Wir werden wirklich auf das Liebevollste umsorgt.

Um 7:30 Uhr starten wir zu unserem nächsten Gorillatracking in den Bwindi NP. Heute Morgen ist schönes Wetter und aus den Tälern steigt Nebel empor. Es ist ein faszinierender Anblick. Leider hat es Ahmed eilig und wir haben ja auch die Weitwinkelobjektive nicht dabei. So genießen wir einfach dieses fantastische Naturschauspiel. Es ist wunderschön, wie einzelne Bergkuppen aus dem aufsteigenden Nebel herausragen.

Wir müssen 9 km bis zum Meeting-Point fahren. Dort versammeln sich mit uns wieder 8 Personen für das heutige Gorillatracking. Unser Guide Benjamin ist 57 Jahre alt und seit 23 Jahren Ranger bei den Gorillas. Seine Fitness beschämt uns später alle.

Ahmed hatte uns erzählt, dass gestern die Gorilla-Gruppe direkt am Meeting-Point war. Das wäre ja ein Easy-Track. Wieder stehen Träger und Stöcke bereit. Diesmal kosten die Porter sogar 15 US-Dollar aber die Stöcke sind kostenlos. Zwei Mitglieder unserer Gruppe nehmen die Hilfe eines Porters in Anspruch. Unter den beiden ausgewählten Trägern ist sogar ein junges Mädchen in Rock und Gummistiefeln.

Außer unserem Guide Benjamin begleitet uns noch ein bewaffneter Ranger. Wir werden die Nshongi-Gruppe besuchen, die aus 17 Berggorillas besteht. In unserer Besuchergruppe sind diesmal zwei Engländerinnen und vier weitere Deutsche. Mal wieder schämen wir uns im Verlauf des Trackings, auch deutsch zu sein. Die Vier sind an Rücksichtslosigkeit und Überheblichkeit kaum zu überbieten. Obwohl wir es ihnen dringend empfehlen, verzichten einige von ihnen auf die angebotenen Stöcke und bekommen kurz darauf die Quittung.

Erst beginnt der Walk easy doch dann biegt Benjamin vom bequemen Wanderweg ab. Es geht steil hangabwärts in schier undurchdringlichen Urwald. Mit einer kleinen Sichel haut Benjamin den Weg frei. Auf den Stock gestützt, ist der Abstieg schon extrem mühsam, aber ohne?! Auch heute sind wir wieder froh, unsere Gartenhandschuhe zu haben. So können wir uns wenigstens an den Ästen und Büschen festhalten, die wir zu greifen bekommen. Oft gibt der Humusboden unter den Füßen nach und man steht in einem großen Loch oder die Schlingpflanzen geben den Fuß nicht wieder her. Manchmal muss man die Beine für den nächsten Schritt so weit anheben, dass der Oberschenkel rechtwinklig zum Körper steht, um sich aus dem Dickicht wieder zu befreien und manchmal gibt es keinen Halt und man rutscht ein Stück auf dem Po den Hang hinunter. Es ist extrem anstrengend. Noch beschwerlicher als der Abstieg ist es nun aber, den steilen Hang wieder hinauf zu klettern. Immer wieder rutschen wir weg, kriechen manchmal auf allen Vieren durch das Dickicht. Benjamin und der zweite Ranger geben sich alle Mühe, uns zu helfen. An besonders schwierigen Passagen reichen sie uns die Hand oder schieben uns auch mal ein Stück den Berg hinauf. Nach kurzer Zeit sehen wir alle aus wie die Ferkel, die sich im Schlamm gesuhlt haben.

Dann endlich; wir haben inzwischen den Weg wieder erreicht und eine „Ehrenrunde“ gedreht, treffen wir auf zwei Fährtenleser. Die Gorillas sind also nicht mehr weit. Wir können sie schon hören. Wieder werden wir aufgefordert, unsere Sachen abzulegen. Die Deutschen wissen es schon wieder besser und nehmen ihre Fototaschen und -rucksäcke trotzdem mit. Sie wollen tatsächlich im Busch noch Objektive wechseln! Unseren freundlichen Hinweis, dass sie das vergessen können, ignorieren sie.

20 Minuten später, direkt am Weg, sehen wir dann auch den ersten Gorilla. Es ist ein Weibchen, das sich über uns in den Büschen fleißig Blätter zupft und sie genüsslich verspeist. Durch die steile Hanglage ist nicht viel von ihr zu sehen und an gute Fotos ist erst einmal nicht zu denken. So genießen wir einfach den Anblick und beobachten - im Gegensatz zu den Deutschen, die sich mit Ellenbogen die vermeintlich beste Position verschaffen. Da hier die Vegetation sehr dicht ist und wir vorgestern schon recht gute Aufnahmen machen konnten, halten wir uns heute fotografisch etwas zurück und genießen es einfach, bei den Tieren zu sein. Überall am Hang sind Mitglieder der Gorillagruppe verstreut und fressen sich die Bäuche voll. Ein jüngerer Gorilla sitzt in einem der Schlafnester (so lernen wir die auch gleich kennen) und räkelt sich. Als ich durch das Blattwerk ein paar Aufnahmen machen möchte und einen Schritt heran trete, stelle ich fest, dass direkt zu meinen Füßen ein weiteres Weibchen liegt. Sie schaut mich etwas fragend an und widmet sich dann ungestört weiter der Nahrungsaufnahme.


Was für ein beeindruckender Moment, so nah bei diesen Tieren sein zu dürfen. Es ist so friedlich hier und der Regenwald ist noch schöner, als ich ihn erwartet habe. Längst sind die anderen der Besuchergruppe den Hang weiter hinauf gekraxelt. Ich genieße diesen Moment mit den Tieren, die uns so ähnlich und uns doch so schutzlos ausgeliefert sind. Nicht wir müssen vor ihnen Angst haben, sondern sie vor uns, denn der Mensch ist es, der dafür gesorgt hat, dass sie vom Aussterben bedroht sind und der ihnen den Lebensraum immer weiter einschränkt. Ganze 720 Tiere gibt es noch und die leben auf nur ~730 Quadratkilometern. Der wunderschöne Regenwald wird immer weiter zurückgedrängt. Es ist gut, dass der Park Nationalparkstatus hat und unter dem Schutz der Unesco steht. Vielleicht rettet das das Überleben dieser Art, die sich in keinem Zoo der Welt halten lassen.

Je weiter wir den Tieren bergauf folgen, umso mehr Tiere der Gruppe treffen wir. Zwei junge Gorillas hängen in den Bäumen und fressen dort die Früchte, ein Blackback aalt sich in einem der Schlafnester und die Weibchen streifen umher und zupfen Blätter. Nur der Silberrücken macht sich rar. Das scheint Benjamin an seiner Guide-Ehre zu kitzeln, denn er spornt uns an, weiter den Hang hinauf zu krabbeln (das kann man wörtlich nehmen). Einmal rutsche ich weg und lande unsanft auf dem Po. Es riecht verdächtig nach Affensch..., die hier überall herum liegt. Mir bleibt nur zu hoffen, dass es mich nicht direkt in die Affenhinterlassenschaft gesetzt hat, denn die stinkt ganz übel. Zwar passt an unsere Hosen kaum noch Dreck, aber für so etwas ist bestimmt noch ein Fleckchen frei. Uwe gibt Entwarnung und ich folge Benjamin, der weiter den Hang hinauf kraxelt. Er reicht mir die Hand und zieht mich ein Stück nach oben. Die anderen der Gruppe sind noch ein ganzes Stück unter uns. Plötzlich taucht direkt vor uns der Silberrücken aus dem Dickicht auf und geht ganz nah an uns vorbei – voller Stolz und Würde. Mit seinen 25 Jahren ist er ein echter Prachtkerl. Sogar Benjamin ist ganz aus dem Häuschen und ruft mir immer zu, „take a picture“. Ich tue ihm den Gefallen, auch wenn viel zu viel Geäst im Weg ist. Insgeheim genieße ich den Anblick und diesen einmaligen Moment lieber. Zielstrebig zieht der Silberrücken weiter den Hang hinauf und ist im nächsten Augenblick auch schon verschwunden. Als die nächsten der Besuchergruppe bei uns ankommen, ist der Silberrücken schon nicht mehr zu sehen. Dafür zieht so nach und nach die gesamte Gorillagruppe im Unterholz an uns vorbei, um ihrem Chef nun weiter in das Dickicht des Regenwaldes zu folgen. Ich bin glücklich und schon jetzt wissen wir Beide, dass die Berggorillas auch uns das Herz geraubt haben. Diese Tiere sind einfach faszinierend. Mit ihren großen braunen Augen schauen sie Dir direkt ins Herz.


Leider ist nun auch die einstündige Besuchszeit schon wieder um und wir müssen den sehr steilen und rutschigen Hang wieder irgendwie hinunter. Die junge Engländerin vor mir trägt ein Regencape, das sie ziemlich in ihrer Bewegungsfreiheit einschränkt und auch ständig irgendwo hängen bleibt. Sie hat mit dem Abstieg besonders schwer zu kämpfen. Nun wäre es ja eigentlich selbstverständlich, dass der Mann, der unten steht, einer Frau, die hinunter rutscht, die Hand reicht und ihr hilft. Nicht so unsere deutschen Gruppenmitglieder. Der Mann nimmt doch tatsächlich die Kamera in die Hand um zu filmen, wie die junge Engländerin vor mir den Hang hinunter rutscht, sich nicht festhalten kann und direkt vor seine Füße fällt. Ich bin fassungslos und schäme mich für ihn.

Als wir wieder den bequemen Wanderweg erreichen, treffen wir auf die Fährtenleser und Porter, die uns inzwischen unser Gepäck von der Stelle geholt haben, wo wir es abgelegt hatten. Bis zum Briefing-Point müssen wir gerade mal 10 Minuten laufen. Wieder sind wir total verdreckt, durchgeschwitzt aber glücklich, es erlebt zu haben. Dort bekommen wir dann unsere persönlichen Gorilla-Tracking-Urkunden überreicht. Benjamin bedankt sich bei jedem von uns mit Handschlag und einer Verbeugung dafür, dass 50 % unseres Geldes, das wir für die Permits bezahlt haben, dem Schutz der Tiere dient. Er ist dabei ganz gerührt, was zeigt, dass es eine ehrliche Geste ist. Das geht auch uns ans Herz, mit welcher Liebe er seinen Job macht und wie er seinen Beitrag leistet, um die Berggorillas zu schützen. Auf unsere Frage, ob er unter den Gorillas einen Favoriten hat, bekommt er einen ganz verklärten Gesichtsausdruck und bestätigt sofort, dass es da einen Liebling gibt. Er lebt in einer nicht habituierten Gruppe und hat sich schon von ihm auf der Schulter tragen lassen. So ein Erlebnis prägt natürlich.

Auf unsere Bitte, von Benjamin noch ein Foto machen zu dürfen, präsentiert er sich stolz. Wir werden es ihm per E-Mail schicken. Dazu schreibt er uns in feinster Handschrift seine persönliche Mailadresse auf.


Ahmed erwartet uns schon und bringt uns zurück zum Wagtail-Camp. Dort bitten wir darum, uns warmes Wasser zu bereiten, damit wir duschen können. Wir hören, wie Holz gehackt wird und das Feuer knistert. Eine gute halbe Stunde später meldet einer der Angestellten Vollzug und wir können duschen. Dennoch haben wir ein schlechtes Gewissen dabei. Einerseits stellen wir schockiert fest, dass sich in Ruanda und Uganda kaum noch ein Baum findet, weil Holz ein sehr rarer und begehrter Rohstoff ist, den die Menschen hier im täglichen Leben zum Kochen, Heizen und als Lichtquelle benötigen. Andererseits verlangen gerade wir Touristen nach einer regelmäßigen heißen Dusche. Wir sind aus Liebe zu den Berggorillas und dem Regenwald hier; aber tragen wohlmöglich sogar die Touristen mit ihren europäischen Ansprüchen dazu bei, dass weiter Regenwald vernichtet wird, weil Holz gebraucht wird? Unweigerlich beschäftigt uns die Frage: wie viel Baum kostet einmal duschen? Man sollte es den Touristen vor Augen führen. Wir versuchen jedenfalls, unser Duschen auf das notwendige Minimum zu beschränken und geben Bescheid, als wir fertig sind.

Wieder hatten wir bei unserem Tracking richtig Glück mit dem Wetter. Es ist weder sehr warm noch sehr schwül und vor allem blieb es trocken. Eigentlich ist es genau richtig für diese Aktivitäten. Jetzt, am frühen Nachmittag, beginnt es wieder zu donnern und eine graue Regenfront schiebt sich heran. Es dauert nicht lange, dann schüttet es wolkenbruchartig. Es fallen sogar große Hagelkörner. Man versteht sein eigenes Wort nicht mehr, so heftig prasselt der Regen. Wir können uns nur noch schreiend unterhalten. Zwischendurch scheint es so, als ob der Himmel sich entladen hat, doch dann kommt auch schon der nächste Guss. Es ist offensichtlich, dass die Regenzeit begonnen hat.

Bis wir unser Equipment und uns selbst gereinigt, die Fotos auf den Laptop geladen und Tagebuch geführt haben, ist der Nachmittag so gut wie um. Es riecht schon lecker nach Abendessen. Durch den Regen ist es bereits den ganzen Nachmittag sehr duster. Deshalb gibt es heute schon ab 18 Uhr Strom.

Wir lernen noch Robert Brierley, einen gebürtigen Schweizer und Urheber des niedlichen Fotos auf den Tracking-Urkunden kennen. Robert ist der Veranstalter der Nkuringo Walking Trails, ein Profifotograf (wie er selbst sagt), Web-Designer und Marketing-Spezialist in Sachen Selbstvermarktung.

Inzwischen hat es durch den Regen ziemlich abgekühlt. Immerhin hält das auch die Moskitos fern. Ahmed hat sich inzwischen im Dorf für den Rest der Reise eine dicke Jacke ausgeliehen, denn bisher war er stets kurzärmlig unterwegs und hat offensichtlich auch keine eigene Jacke dabei.

Uns wird heute Abend wieder ein leckeres 3-Gänge-Abendessen serviert. Heute gibt es Pilzsuppe, gegrillten Fisch und ein Dessert dazu. Es schmeckt wirklich gut.

Gerade, als wir uns ins Bett verabschieden wollen, spricht Emmanuel – Emma genannt – uns an, dass die Kinder der Community für uns singen und tanzen wollen. Nun, das können wir schlecht ablehnen, auch wenn es unter den tropfnassen Bäumen und bei den kühlen Temperaturen nicht gerade gemütlich ist. Es wird extra ein großes Lagerfeuer gemacht und um 7 Uhr stehen drei Stühle für uns und den weiteren Gast des Camps bereit. So lernen wir dann gleich noch den dritten Gast kennen. Der Mann lebt in Kampala, designt Schmuck und ist hier sozusagen auf Dienstreise, um der Community zu zeigen, welchen Schmuck sie aus den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln anfertigen kann. Das hört sich nach einem interessanten Projekt an.

Inzwischen sind die Kinder unterschiedlichen Alters zusammen mit ihrem jungen Lehrer Moses eingetroffen. Nach ein paar einleitenden Worten von Moses singen und tanzen sie für uns. Es ist ganz wunderbar. Zwar ist es bereits so stockdunkel, dass wir die ohnehin dunklen Gesichter der Kinder gar nicht richtig erkennen können, doch die Begeisterung und Lebensfreude, mit der sie bei der Sache sind, ist richtig rührend. Leider setzt ein erneuter Regenschauer dieser Aufführung ein vorzeitiges Ende, aber ein nettes Erlebnis war es dennoch. Singend tanzen die Kinder an uns vorbei und verabschieden sich von uns.


08.09.2010       Wagtail Eco Safari Camp in Rubuguri - Engagi Lodge Buhoma (Uganda)

Heute Morgen stehen wir um 5:20 Uhr auf. Wie gehabt kommt der Strom erst um 6 Uhr. Wir frühstücken und fühlen uns dann stark genug, für einen „kleinen“ Walk durch den Regenwald.

Wir hatten Ahmed von unserem Wunsch erzählt, einmal allein und in Ruhe durch den Regenwald laufen und in Ruhe fotografieren zu können. Er hatte uns daraufhin erklärt, dass der Weg bis zur nächsten Lodge nur ein zweistündiger Fußmarsch durch den Regenwald ist, während er mit dem Auto einen 170 km langen Weg um den Park herum fahren muss. Da diese Strecke in sehr schlechtem Zustand ist, benötigt er dafür mindestens 7 Stunden, vorausgesetzt, er bleibt nicht stecken.

Dagegen hören sich die zwei Stunden Fußmarsch richtig gut an. Wir sind langsam unterwegs, also gehen wir mal von vier Stunden aus. Besonders beschwerlich sei der Weg nicht. Also gut, machen wir doch. Soll Ahmed unser Gepäck befördern und wir gehen zu Fuß zur nächsten Lodge nach Buhoma. Vorsichtshalber haben wir uns noch eine trockene Ersatzhose eingepackt und natürlich haben wir einen Teil des Kameraequipments sowie ein Stativ und auch mehrere Flaschen Trinkwasser dabei.

Als wir im Camp abfahren, steigt Emma noch mit ins Auto. Er ist ein sehr sympathischer, intelligenter und zurückhaltender junger Mann und offensichtlich der Chef des Camps. Um durch den Regenwald wandern zu dürfen, benötigen wir einen Guide. Deshalb wird Emma mit uns mitkommen. Fein, uns ist das Recht, wenn wir nur nicht in einer Gruppe laufen müssen. Er kann uns sicherlich einige Informationen geben. Emma hat nur ein Fernglas dabei aber weder einen Rucksack noch Trinkwasser. Bei der Abfahrt wird ihm fürsorglich von Anderen noch rasch eine Jacke durch das offene Fenster gereicht. Man sorgt für einander.

Zuerst fährt Ahmed noch ein paar schöne Plätze in den Bergen an, wo gestern der Nebel so toll stand. Tatsächlich gibt es den auch heute wieder. Wir sind begeistert.


Nachdem wir uns fotografisch ausgetobt haben, fährt er uns nach Nkuringo zum Meeting Point für die Fuß-Safaris. Dort müssen wir pro Person 30 US-Dollar Parkeintritt und je 10 US-Dollar für einen Ranger bezahlen, der uns durch den Park begleitet. Das macht immerhin 80 US-Dollar. Ein Guide kostet weitere 30 US-Dollar und dann kommen noch einmal 15 US-Dollar Beratungsgebühr dazu. Emma läuft natürlich auch nicht umsonst mit uns mit, aber zumindest die Beratungsgebühr sparen wir uns so.

Als die Formalitäten erledigt sind, bekommen wir noch einen Wanderstock, verabschieden uns von Ahmed, der nun unser Gepäck und den größten Teil des Kameraequipments chauffiert und wandern los. Schon auf den ersten Metern sind wir unendlich dankbar für den Wanderstock, denn der lehmige Boden ist extrem glatt. Es geht bergab und bei jedem Schritt rutschen wir. Emma, der weder Wanderschuhe an noch einen Stock zur Unterstützung hat, läuft wie auf geteerter Hauptstraße. Uns kommt der Verdacht, dass die hier irgendwie anders konstruiert sind aber zumindest einen anderen Laufstil haben müssen. Gut, jedes Kind wird hier von klein auf an das Laufen über große Distanzen in diesem bergigen Gelände gewöhnt, aber trotzdem. Wir eiern buchstäblich den ersten Berg hinab. Emma ist so nett, mir das Stativ zu tragen. Interessiert schaut er uns zu, wie wir immer wieder Fotostopps einlegen, um diese herrliche Landschaft zu fotografieren. Nach beiden Seiten breitet sich eine traumhafte Kulisse von hohen saftig grünen Bergen und Tälern aus und vor uns liegt einer der ältesten Regenwälder der Welt – geheimnisvoll und unberührt. Es ist eine so atemberaubend schöne Landschaft, wie wir sie in dieser Schönheit noch nie zuvor gesehen haben.



So geht es erst einmal den Hang hinab, bevor wir den nächsten Berg wieder ein Stück hinauf müssen. Dann haben wir die Parkgrenze zum Bwindi NP erreicht. Die Sonne meint es heute gut mit uns. Längst haben wir die Jacken ausgezogen und sind nun schon patschnass geschwitzt. Die feuchtwarme Luft am Fuße des Regenwaldes tut ihr Übriges.


Schon hier ist der Regenwald überwältigend schön. Riesige Farne, Moose, Flechten, große Würgefeigen, prächtige Schmetterlinge und unzählige tropische Pflanzen erwecken den Eindruck, in einem „Märchenwald“ zu sein. Schade, dass der Weg so ausgewaschen und teilweise matschig ist, dass jeder Blick in die Gegend sofort mit Rutschen, Stolpern oder Schlammtreten bestraft wird. So nimmt uns der Weg leider viel zu sehr in Anspruch. Schon tausendmal sind wir dankbar für den Wanderstock und Uwe braucht sogar Nachschub, denn als er ausrutscht, bricht der Stock. Emma besorgt ihm vom benachbarten Bohnenfeld sofort einen neuen Stock. (Nun muss eine Kletterbohne leider ohne Kletterhilfe auskommen.) Eine ganze Weile verläuft der Wanderweg entlang eines Baches, der aufgrund der vergangenen Regenfälle verhältnismäßig viel Wasser führt. Diesen Bach müssen wir nun aber überqueren. Ein quer gelegter rutschiger Baumstamm dient als Brücke. Hier ist balancieren angesagt – nicht gerade Uwe`s Stärke. Emma gibt Hilfestellung und so kommen wir beide trockenen Fußes am anderen Ufer an.



An der offiziellen Grenze des Bwindi NP treffen wir dann auf den Ranger, der ab hier gut 500 Meter vor uns her läuft, weder mit uns redet, noch uns irgendwie hilft oder sonst in irgend einer Form nützlich ist. Er tut, als seien wir gar nicht da. Wozu wir ihn und seine Kalaschnikow dabei haben, ist uns nicht klar, denn Tiere bekommen wir keine zu Gesicht und gegen Rebellenangriffe aus dem Kongo könnte er uns mit dem museumsreifen Teil bestimmt nicht verteidigen.

Einmal entdecken wir in den großen, uralten Bäumen sogar schwarz-weiße Mantelaffen (auch Colobusaffen genannt). Sie sind wunderschön mit ihrem buschigen weißen Schwanz. Sonst bekommen wir leider nicht viele Tiere zu sehen. Dazu müssen wir uns auch viel zu sehr auf den Weg konzentrieren, der abwechselnd mal steil bergauf und dann wieder bergab geht. Als der Weg mal wieder glatt wie Schmierseife ist, zieht es mir die Beine weg und ich rutsche gut zwei Meter den Hang hinunter. Erst am nächsten Baum kann ich mich festhalten. Zum Glück ist der Boden nicht sehr hart – nur sehr schmutzig. Ich bin ein ganzes Stück auf dem Hosenboden und den Ärmeln gerutscht und sehe nun natürlich entsprechend aus. Ein handtellergroßer blauer Fleck ziert später meinen Oberschenkel, aber davon spüre ich zum Glück nichts.

So geht unsere Wanderung Kilometer um Kilometer und Stunde um Stunde durch den Regenwald - bergauf und bergab. Wir sind total geschafft, stolpern vor uns hin und haben noch nicht einmal die Hälfte des Weges hinter uns.

Als wir an einem wunderschönen Fluss ankommen, will ich eigentlich nur noch dort bleiben. Schon jetzt bin ich fix und alle.


Wieder geht es bergauf – angeblich das letzte Mal. Endlich ist auch dieser Aufstieg geschafft. An der Weggabelung steht eine Bank, auf der drei junge einheimische Frauen sitzen und gerade vespern. Als sie uns erblicken, springen sie auf, um uns Platz zu machen. Sie setzen sich ein paar Meter entfernt auf den feuchten Waldboden. Beschämt aber dankbar nehmen wir auf der Bank Platz, schnappen nach Luft und ruhen ein wenig aus.

Ab hier wird auch der Weg etwas besser. Wir befinden uns auf dem alten Zufahrtsweg. Nun können wir auch wieder mehr den Regenwald bewundern. Auf einmal stehen ganz viele Männer auf dem Weg und Emma meint, dass die Gorillas ganz in der Nähe sein müssen. Tatsächlich können wir sie auch hören. Stehen bleiben ist uns als Wanderern aber untersagt und so sehen wir heute leider keine Gorillas. Als ich kurz inne halte und mich umdrehe, werde ich sofort von den Männern aufgefordert, weiter zu laufen. Da haben wir ja Glück, dass sie uns nicht die Augen verbinden!

Nach 6 ½ Stunden und 20 km Fußmarsch durch den Regenwald mit seinen ziemlich steilen Hängen, sind wir im Ort Buhoma angekommen. Etwas verwundert betrachten uns die Leute. Hier, direkt am Rand des Regenwaldes steht eine Lodge und ein Camp am anderen. Der Ort scheint quasi nur aus Touristenunterkünften zu bestehen. Rechts und links ist die Straße von kleinen Verkaufsbuden gesäumt und die Verkäufer beäugen uns nun neugierig und ein wenig ungläubig. Es scheint nicht oft vorzukommen, dass „Muzungus“ die Lodge zu Fuß aufsuchen. An der Engagi-Lodge – d e m Nobelquartier hier – schaut man uns jedenfalls sehr skeptisch an und weiß nicht so recht, was man mit uns machen soll. Völlig kaputt lassen wir uns erst einmal zwei Flaschen Wasser servieren, denn nachdem wir unser Trinkwasser noch mit Emma geteilt haben, reichte der mitgenommene Vorrat längst nicht aus.

Obwohl uns diese Wanderung ziemlich an unsere Grenzen geführt hat, so sind wir doch froh, sie gemacht zu haben. Hätten wir genau gewusst, was uns erwartet, hätten wir wahrscheinlich darauf verzichtet. Nun sind wir froh, diese Erfahrung gemacht zu haben. Es war hart, aber unheimlich schön und mit Sicherheit für uns unvergesslich.

Ahmed ist bisher noch nicht angekommen, so dass wir auch noch kein Gepäck haben. Immerhin dürfen wir unser Chalet beziehen und können hier erst einmal die Füße hochlegen. Wir genießen die herrliche Lage der Lodge, die direkt am Fuß des Regenwaldes liegt und einen fantastischen Blick auf die üppige Vegetation des Regenwaldes bietet. Schon die Geräusche, die aus dem Wald zu uns herüber dringen, sind wunderschön.

Inzwischen hat das Lodge-Personal schon hinter Ahmed her telefoniert. Man wollte wohl sicher gehen, dass wir hier auch wirklich her gehören. Nun ist auch er an der Lodge angekommen und wir können endlich aus unseren total verdreckten und nass geschwitzten Sachen steigen. Man ist hier sehr auf Noblesse getrimmt und da passen wir zwei Dreckfinken natürlich gar nicht hin. Kaum haben wir unser Chalet bezogen, da kommt auch schon der Pförtner und fragt, ob er unsere Schuhe putzen soll. Wir erklären ihm, dass wir das nicht möchten, denn die sehen morgen wieder so aus. Dafür sind es Wanderschuhe.

Obwohl die Lodge preislich in einer ganz anderen Liga spielt als das Wagtail Eco Safari Camp, besteht auch dieses Chalet nur aus einem großen Bett und einem Badezimmer. Unsere feuchten Sachen können wir nur draußen auf dem Geländer der Terrasse zum Trocknen ausbreiten.

Als wir geduscht haben, reicht die Zeit gerade noch für ein paar Fotos vom Regenwald von der Terrasse des Restaurants aus. Dann geht die Sonne unter. Mit der herrlichen Geräuschkulisse des Regenwaldes im Hintergrund essen wir gemütlich zu Abend.


Erschrocken stellen wir fest, dass auch hier in der Lodge der Strom offenbar erst abends zugeschalten wird. Als endlich Strom da ist, funktioniert dann die einzige Steckdose, die wir in dem Chalet haben, nicht einmal. Nun ist aber guter Rat teuer! Schließlich müssen wir Akkus laden.

Da auch hier in der Lodge kein Moskitonetz vorhanden ist, hängen wir wieder unser eigenes Netz auf, das gerade so für das große Bett reicht. Als wir hineinsteigen, wird uns angst. Das Bett ist so wacklig, dass wir Sorge haben, damit zusammenzubrechen. Bei jeder Bewegung schwankt es wie auf hoher See. Irgendwie stimmt hier in der Lodge das Preis-Leistungsverhältnis leider überhaupt nicht.


09.09.2010       Engagi Lodge Buhoma – Gorilla Tracking im Bwindi NP (Uganda)

Wir stehen um 5:30 Uhr auf und wieder einmal brauchen wir unsere Stirnlampen. Auch hier gibt es nicht durchgängig Strom, nur spricht man darüber nicht. Das wird der Gast schon von allein merken.

Das Frühstück haben wir schnell hinter uns gebracht. Das „frische“ Obst kommt aus der Dose, der Toast ist schwarz, der Kaffe steht schon mindestens 24 Stunden in einer Thermoskanne und der bestellte Fruchtsaft findet den Weg gar nicht erst bis zu unserem Tisch.

Ausgangspunkt für das Gorilla-Tracking im Bwindi NP ist das Park Headquarter in Buhoma. Dort sollen wir uns um 7 Uhr einfinden. Da das gleich hier um die Ecke ist, können wir zu Fuß hinlaufen. Dort werden wir erst einmal vor einen Fernseher gesetzt und dürfen uns die nächsten 20 Minuten ein schlecht gemachtes Video über die Gorillas ansehen. Zwischendurch wird uns mehrmals erklärt, dass wir dieses Video auch kaufen können.

Bereits bei der Ausfertigung unserer Permits erfolgte auch eine Zuweisung der entsprechenden Gorillagruppe und auf unserem Permit steht, dass wir heute die Rushegura-Gruppe besuchen werden. Von einem Guide erfahren wir, dass diese Gruppe aus 18 Mitgliedern besteht. Anhand einer großen Fotokarte stellt er uns die Gruppe vor. Nicht unerwähnt bleibt natürlich der Hinweis, dass man diese Karte für 10 US-Dollar auch käuflich erwerben kann. Überrascht nehmen wir zur Kenntnis, dass hier sogar die Wanderstöcke Geld kosten. Für 5 US-Dollar kann man sie mieten oder für 20 US-Dollar gleich kaufen. Zwar sind die Stöcke hübsch geschnitzt, aber das ist für die Funktionalität nicht wirklich maßgebend. Da wir inzwischen wissen, wie hilfreich die Stöcke sind, mieten wir sie zwangsläufig. Es stehen auch heute wieder Porter zur Verfügung, doch darauf verzichten wir und auch der Rest unserer Gruppe, die heute aus nur 7 Besuchern besteht. Eine Gruppe Jugendlicher aus Australien wird zusammen mit uns das Tracking machen.

Endlich starten wir. Nur ein kurzes Stück geht es den bequemen alten Zufahrtsweg entlang; dann biegen wir zu dem kleinen Wasserfall ab. Prima, dann lernen wir den auch gleich noch kennen, geht es mir durch den Kopf. Ein Stück hinter dem Wasserfall stehen wir dann vor dem Fluss, der aufgrund der heftigen Niederschläge der vergangenen Tage ungefähr knietief Wasser führt.


Schnell wird uns klar, dass wir diesen Fluss überqueren müssen. Deshalb ergeht an alle die Anweisung, Schuhe und Strümpfe ausziehen und durchwaten. Das hört sich allerdings einfacher an, als es ist, denn die heftige Strömung und die glatten Felsbrocken im Wasser machen die Durchquerung zu einer Wackelpartie. Es dauert eine Weile, bis danach die nassen Füße wieder in den Wandersocken und –schuhen, die Hosen in den Socken stecken und darüber auch noch die Gamaschen gezogen sind – und das natürlich alles einbeinig! Wir sind schließlich auch nicht mehr die Jüngsten und auf den Boden setzen geht nicht, denn der hat sich aufgrund der heftigen Regenfälle wie ein Schwamm vollgesogen. Danach geht es direkt einen Hang bergauf durch den nassen Regenwald. Schon nach kürzester Zeit sehen wir wieder aus wie die Ferkel. Wir sind patschnass und saudreckig. Diesmal kümmern sich Guide und Ranger kaum um ihre Gruppe. Sie helfen nicht an besonders schwierigen Wegpassagen und schauen auch nicht danach, ob alle folgen können. Sie bahnen auch nicht mit der Machete oder Sichel einen Weg. Jeder muss selbst sehen, wie er hier durch den dichten Busch kommt.

In unmittelbarer Nähe des Flusses und fast gegenüber der Lodge treffen wir auf die Fährtenleser. Im gleichen Moment stehen wir auch schon in der Gorillagruppe. Diesmal sollen wir auch unsere Rucksäcke weiter bei uns behalten. Die Guides haben wohl keine Lust, sie uns hinterher zu tragen. Eine kurze Zeit verweilen wir bei einem Gorillaweibchen, das in aller Ruhe weiter frisst, während wir es belagern, doch für unseren Guide scheint nur der Silberrücken interessant zu sein. Die anderen Gorillas, die da in den Bäumen herumturnen, beachtet er gar nicht und schiebt uns weiter.


Dann endlich erscheint der Silberrücken. Auch er soll 25 Jahre alt sein und auch er ist ein Prachtbursche. Leider ist ihm heute aber nicht nach Besuch. Deshalb dreht er uns erst den Rücken zu und legt sich dann auch noch hin. Den anderen Gorillas der Gruppe versucht sich unser Guide gar nicht erst zu nähern oder sie im dichten Blattwerk zu finden. Auch als sich die Teenager aus dem Baum nacheinander in das Gebüsch abseilen, unternimmt er noch nicht einmal einen Vorstoß, ihnen zu folgen. Wir stehen nur da und schauen dem silbernen Rücken beim Schlafen zu. Nach nur 55 Minuten „bläst“ der Guide zum Abmarsch. Wir sind die Letzten und haben gerade die Kameras im Rucksack verstaut. Der Rest der Gruppe ist schon losgelaufen, als aus dem Dickicht noch ein Gorillamädchen direkt auf uns zukommt. Sie hat uns nicht bemerkt und ist etwas erschrocken, als sie 3 Meter vor uns stehen bleibt und den Kopf hebt. Dann überwiegt die Neugier und mit großen Augen kommt sie langsam auf uns zu. Keine 2 Meter trennen uns noch voneinander. Wir stehen ganz still und wagen kaum noch zu atmen. Sie setzt sich vor uns auf einen Ast und schaut uns interessiert und fragend an. Es sieht aus, als ob sie sagen will: „Hallo, wer seid Ihr denn?“. Unten ruft der Guide nach uns und in uns steigt die Wut hoch. Wir müssen los und können diesen einmaligen und bewegenden Moment nicht weiter auskosten. Dabei hätten wir noch 5 Minuten Zeit gehabt. Außerdem haben die Ranger sowieso nicht gut aufgepasst, denn sie sind alle zusammen los gelaufen, statt auf den letzten Besucher zu warten. Uns bleibt nur, diese Begegnung als einen persönlichen Abschied zu sehen. Auf jeden Fall hat es uns sehr berührt.


Wütend stapfen wir den anderen hinterher. Guide und Ranger scheinen nur noch das Ziel zu haben, das Tracking möglichst schnell zu Ende zu bringen. Sie laufen vornweg und schauen nicht danach, ob die Gruppe nach kommt und ob auch alle folgen können. Sie machen auch keine Pause und helfen auch nicht. Wieder muss der Fluss überquert werden. Das heißt, noch einmal aus der ganzen Beinbekleidung zu steigen. Das dauert natürlich länger, als aus ein paar Turnschuhen zu schlüpfen, so dass wir die Letzten sind. Auch jetzt warten Guide und Ranger nicht, bis wir wieder angezogen sind und laufen schon mit dem Rest der Gruppe los.

Kurz darauf erreichen wir den Meeting-Point. Nach einer langen Kunstpause erhalten wir endlich unsere persönlichen Tracking-Urkunden. Dann stehen doch tatsächlich Guide und Ranger mit offenen Händen da, als wir uns verabschieden. Hier wird das Trinkgeld regelrecht eingefordert. Diesmal übersehen wir diese Geste aber, denn die Leistung der Beiden war für uns so gar nicht zufriedenstellend.

Zurück in der Lodge sind wir froh, erst einmal aus den nassen und dreckigen Klamotten zu kommen. Wir wollen aber später noch einmal zu dem kleinen Wasserfall im Nationalpark laufen, um noch ein wenig zu fotografieren. Jetzt gehen wir aber erst einmal lunchen.

Am Nachmittag verdunkelt sich der Himmel wieder. Wir laufen trotzdem los in Richtung des kleinen Wasserfalls. Nach wenigen Schritten kommt Ahmed mit dem Auto gefahren und nimmt uns die paar hundert Meter mit bis zur Parkgrenze. Wir sind ganz froh, dass wir nicht so schmutzig, wie wir sind, durch den ganzen Ort laufen müssen.


Kaum haben wir am Wasserfall die ersten Fotos gemacht, beginnt es – zuverlässig wie jeden Tag - zu regnen. Es donnert und blitzt und in kürzester Zeit schüttet es wie aus Kübeln. Da es heute Nachmittag schön warm war, habe ich natürlich auf die Mitnahme meiner Regenjacke verzichtet. Nun bleibt mir nur das dünne blaue Not-Regencape, mit dem ich aussehe wie ein blauer Außerirdischer. Dafür können wir gleich noch einen Extremtest meines angeblich wasserdichten Fotorucksacks (Tamrac Expedition 5) machen.

Wir werden ziemlich nass und bis wir in der Lodge sind, tropft alles an uns. Nun haben wir ein Problem, denn wie sollen wir die Sachen bis morgen wieder alle trocken bekommen? Bei der feuchten Luft trocknet doch nichts. Außerdem gibt es im Chalet weder Haken noch Kleiderbügel noch Heizung noch Fön. Wir haben ja noch nicht einmal Stühle, über die wir die Sachen hängen könnten. Im „Luxury-Standard“ sind solche Dinge nicht vorgesehen. Selbst in meinen Fotorucksack ist die Nässe eingedrungen und die Polsterung hat sich voll Feuchtigkeit gesogen. Mit dem Handtuch müssen wir Kamera und Objektive abtrocknen. Also wasserdicht ist der Rucksack definitiv nicht.

Immerhin haben wir inzwischen das Chalet getauscht, damit wir nicht noch einmal „auf hoher See“ schlafen müssen und hoffentlich eine funktionierende Steckdose haben. Nun haben wir aber zwei einzelne große Betten und nur ein Moskitonetz dabei. Die schweren Holzbetten lassen sich auch nicht zusammenschieben. So nimmt Uwe, der von den Moskitos eher verschont wird als ich, vorsichtshalber ein ordentliches Bad im Insektenschutzmittel, bevor wir später zu Bett gehen. Vorher müssen wir nämlich noch unsere Sachen packen, denn leider geht unser Urlaub morgen unwiderruflich zu Ende.


10.09.2010       Engagi Lodge Buhoma – Nairobi Airport (Kenia)

Es hat die ganze Nacht geregnet und heute Morgen sind unsere Sachen noch genauso nass wie gestern. Einen Teil davon werden wir im Auto ausbreiten müssen, damit sie während der gut siebenstündigen Fahrt bis zum Flughafen Kigali trocknen können. Um 8 Uhr holt uns Ahmed ab und wir nehmen Abschied vom Regenwald. Hoffen wir, dass die Menschen hier begreifen, was für einen großen Schatz sie haben. Viel Regenwald ist schon nicht mehr übrig geblieben und weitere Abholzungen bedeuten auch das Ende der Berggorillas.

Den folgenden Weg bis Kabale kann man eigentlich gar nicht beschreiben. In jeder Wegbiegung tut sich ein neues, wunderschönes Panorama vor uns auf und wir können uns kaum daran satt sehen. Aber ebenso wartet hinter jeder Kurve (und davon gibt es unzählige) eine neue Herausforderung an Fahrer und Fahrzeug. Wir haben geglaubt, dass die Straßen und Wege in Sambia nicht mehr zu toppen sind, doch wir haben uns geirrt. Das, was Ahmed hier an fahrerischem Können abverlangt wird, ist enorm. Die Straßen führen als Passstraßen um die Berge herum und schmierig glatte felsige Passagen wechseln sich ab mit bis zu 50 cm tiefen, ausgewaschenen Fahrrinnen. Wir möchten uns gar nicht vorstellen, wie diese Wege am Ende der Regenzeit aussehen. Kein Wunder, dass Ahmed sich die ganze Woche regelmäßig per Handy über den Zustand der Straßen informiert hat. Einige Wegpassagen sind knietief verschlammt. In einer ca. 20 Meter breiten Schlammpassage steckt dann auch ein PKW fest. Die Insassen hatten keine Chance, sich aus dieser Schlammsuhle selbst wieder zu befreien. Auch wir müssen durch diese Schlammsuhle hindurch fahren, aber unser Wagen hat wenigstens Allradantrieb. Theoretisch bleibt noch genug Platz, um an dem Fahrzeug vorbei zu fahren, doch tiefer Schlamm und Fahrrinnen entwickeln ein Eigenleben. Beim ersten Versuch kommt Ahmed dem Fahrzeug im Schlamm auch sehr nahe. Aufeinander reibendes Blech kratzt unangenehm. Ganz vorsichtig setzt Ahmed zurück. Beim zweiten Versuch gelingt es ihm, dann ein Stück weiter drüben an dem Fahrzeug vorbei zu fahren. Gefährlich schlingert der Wagen und um ein Haar wäre er vorn mit voller Wucht in den Kotflügel gekracht. Als wir endlich wieder auf festem Boden stehen, geht Ahmed sich den Schaden am anderen Wagen ansehen und hilft mit, das Fahrzeug aus dem Matsch zu schieben. Die Passagiere stehen teilweise knietief in der Pampe.


Wir setzen unsere Fahrt fort, durchqueren noch einmal ein Stück des Nationalparks und stehen dann vor der Grenze des Regenwaldes. Scharf zeichnet sie sich von den bewirtschafteten Feldern ab, die direkt bis an die Nationalparkgrenze reichen. Die Grenze ist so scharf gezogen, als hätte man einen Messerschnitt gemacht. Es tut weh, das zu sehen.

Auch auf der Weiterfahrt bitten wir Ahmed immer wieder, für Fotostopps anzuhalten. Die Landschaft ist einfach traumhaft schön. Geduldig tut er uns den Gefallen oder fragt sogar von sich aus, ob wir Fotos machen möchten.


Unterwegs können wir auf den Feldern auch immer wieder vereinzelt Kronenkraniche entdecken. Ahmed erzählt uns, dass dies das Wappentier Ugandas ist. Wer diesen Vogel tötet oder ihm irgendein Leid antut, wird mit Gefängnisstrafe bis zu 7 Jahren verurteilt. (Gut, dass wir die Vögel nur fotografiert haben).

Kurz bevor wir Kabale und damit die Grenze zu Ruanda erreichen, beginnt es zu regnen. Ahmed lässt noch an einem der vielen „Car-Wash-Centre“ seinen Wagen waschen, denn bei Grenzübertritt muss das Fahrzeug außen sauber sein. Teilweise mit bloßen Händen entfernen die Jungs die dicke Schlammkruste. In 20-Liter-Kanistern holen kleinere Jungs Wasser, das dann mit einem kleinen Becher über das Fahrzeug gespritzt wird. Wir sitzen im Fahrzeug und sind sprachlos über dieses Vorgehen. Inzwischen ist Ahmed schnell einkaufen gegangen. Als er zurück ist, sind die Jungs fertig, der Wagen halbwegs sauber und wir können die Grenzformalitäten abwickeln. Das geht bei uns dann auch recht schnell. Ahmed braucht wegen der Fahrzeugpapiere ein wenig länger. Wieder sind die Menschen voller Respekt einen Schritt zurück getreten, damit wir sofort an den Abfertigungsschalter treten können. Hilfsbereit zeigt man uns, wohin wir gehen müssen und reicht uns die notwendigen Formulare.


In Ruanda können wir unsere Fahrt nun auf geteerter Straße fortsetzen. Wir fahren an vielen Teeplantagen, Bananenplantagen, Reis- und Zuckerrohrfeldern, Kartoffel- und anderen Gemüsefeldern vorbei. Jedes Fleckchen wird bewirtschaftet.

Mit dem Grenzübertritt mussten wir die Uhr ja wieder eine Stunde zurück stellen, so dass wir um 14 Uhr ruandischer Zeit in der Hauptstadt Kigali eintreffen. Ahmed macht mit uns noch eine kleine Stadtbesichtigung per Auto. Das Gewusel und der heftige Verkehr geben uns einen kleinen Einblick in diese 10 Mio.-Einwohner-Stadt.


Um 14:45 Uhr erreichen wir den Flughafen und verabschieden uns von Ahmed, der uns gut und sicher durch Ruanda und Uganda chauffiert hat. Fürsorglich hat er stets für unser Bestes gesorgt, uns mit vielen Informationen über Land und Leute versorgt und geduldig unsere vielen Fotostopps ertragen. Für uns ist Eines jetzt schon klar: mit diesen beiden Ländern sind wir noch nicht fertig und auch zu den Berggorillas werden wir irgendwann noch einmal zurückkehren.

Bis zum Checkin haben wir noch etwas Zeit und so können wir in aller Ruhe unsere mittlerweile im Auto getrockneten Kleidungsstücke wegpacken. Unser Gepäck wird bis Frankfurt durchgecheckt. Wir haben allerdings noch ein paar kleine Umwege vor uns, bis wir zu Hause ankommen. Zunächst fliegen wir mit Kenya Airways erst einmal von Kigali nach Nairobi. Das klappt auch alles sehr gut und planmäßig landen wir in Nairobi.


11.09.2010       Nairobi Airport (Kenia) – Amsterdam Airport - Frankfurt

In Nairobi dauert das Boarding für die KLM-Maschine nach Amsterdam ewig. Eine riesige Menschentraube wartet, zumal es auch hier wieder mindestens 2/3 zu wenige Sitzplätze für die Wartenden gibt. Entsprechend unruhig sind die Menschen. Als nun der Flughafenangestellte auch noch etwas erzählt von wegen Kontrolle des Handgepäcks geht ein Raunen durch die Menge und auch wir sind entsprechend „begeistert“. Kaum hat das Boarding für die Passagiere der Business-Class begonnen, stürmen die restlichen Passagiere mehr oder weniger die Maschine. Das Personal hat keine Chance mehr, das Handgepäck zu checken. Erleichtert, dass dieser „Kelch“ noch einmal an uns vorbei gegangen ist, schlafen wir wenig später ein und werden erst wieder wach, als das Frühstück serviert wird. Als wir allerdings einen Blick auf das Frühstück werfen, bedauern wir, wach geworden zu sein. Wir hatten noch auf keinem Flug eine schlechtere Verpflegung.

Am frühen Morgen landen wir in Amsterdam. Um zu unserem Abfluggate zu gelangen, müssen wir 30 Minuten durch das Flughafengebäude laufen. Vor der Passkontrolle steht eine riesige Menschenmasse. Mit viel Geduld bewältigen wir auch das. Danach machen wir zum ersten Mal Bekanntschaft mit den neuen Ganzkörperscannern. Natürlich schauen wir uns voller Interesse unsere Scanbilder auf dem Monitor an und können über den Wirbel, den die Einführung dieser Geräte in Deutschland macht, nur verständnislos den Kopf schütteln. Die „Ampelmännchen“ auf dem Bildschirm haben nicht ansatzweise Ähnlichkeit mit dem Gescannten und angezeigt werden auch nicht irgendwelche metallenen „Ersatzteile“, sondern nur rote Bereiche, wo sich Metall befindet. Man sollte bei den ganzen Diskussionen nicht vergessen, dass nicht zum Selbstzweck gescannt wird, sondern dass es der Sicherheit jedes einzelnen Reisenden dient.

Erfreut stellen wir fest, dass der Flughafen von Amsterdam wirklich sehr nett ist. Es gibt eine Menge Geschäfte, die einem helfen, die Zeit zu vertreiben. In einem Kaffee gönnen wir uns eine leckere heiße Schokolade und warten dann auf unseren Anschlussflug. Voller Freude können wir beobachten, wie unsere beiden Reisetaschen im Bauch der KLM-Maschine nach Frankfurt verschwinden. Also wissen wir schon mal, dass unsere Taschen da sind. Die restliche Wartezeit überbrücken wir dann schon mal mit dem ersten Aussortieren unserer Gorilla-Fotos.

Pünktlich startet unsere KLM-Maschine nach Frankfurt. Wir können noch einen Blick auf die vielen Grachten und Seen in und um Amsterdam werfen, bevor wir kurze Zeit später schon im Landeanflug auf Frankfurt sind. Danach läuft alles wie gewohnt. Unser Alltag hat uns wieder.


Fazit

Wir haben in Vorbereitung dieser Reise eine Menge recherchiert. Wie immer waren uns dabei das Internet und die Reiseberichte Anderer eine sehr wertvolle Hilfe. Das schwierigste Unterfangen bei dieser Reise ist es, Permits für das Gorilla-Tracking zu bekommen, da ein sehr großes Kontingent für die lokalen Reiseveranstalter reserviert ist. Deshalb haben wir uns entschlossen, direkt bei einem lokalen Reiseanbieter über das Internet zu buchen. Wir sind damit natürlich ein nicht ganz unerhebliches Wagnis eingegangen, das sich im Nachhinein aber gelohnt hat, auch wenn es uns einige schlaflose Nächte eingebracht hat. Schließlich war hier eine Menge Vertrauen notwendig. Unsere Erfahrungen, die wir mit dem ugandischen Reiseanbieter AA Safari & Tours gemacht haben, sind durchweg positiv. Wir haben eine Reise bekommen, die genau auf unsere Wünsche zugeschnitten war. Einen eigenen Fahrer und Guide dabei zu haben, hat uns geholfen, die beiden Länder dennoch individuell kennen zu lernen.

Das Gorilla-Tracking ist ein einmaliges und faszinierendes Erlebnis, das uns auf jeden Fall unvergesslich bleiben wird. Es setzt aber tatsächlich eine gewisse körperliche Fitness voraus und ist in der Tat sehr anstrengend. Mindestens genauso wichtig wie die körperliche Konstitution ist dabei aber auch die richtige Bekleidung. Außerdem sollte man sich auf keinen Fall zu stolz für den angebotenen Wanderstock sein, denn dieser Stock hat uns vor vielen Stürzen bewahrt. Von der Mitnahme eigener Trecking-Stöcke würden wir dagegen abraten. Die mitgeführten Handschuhe aus dem Gartenfachmarkt waren eine sehr lohnende Investition und haben uns vor vielen Dornen und Stacheln bewahrt.

Die Menschen sowohl in Ruanda als auch in Uganda sind ausgesprochen freundlich, hilfsbereit und liebenswürdig. Sie begegnen uns „Muzungus“ (Weißen) mit einem Respekt, der schon peinlich ist. Mit Englisch konnten wir uns überall gut verständigen. Zu keinem Zeitpunkt unserer Reise hatten wir das Gefühl, dass es für uns gefährlich ist oder unser Besitz Begehrlichkeiten weckt. Im Gegenteil; wir haben im Flughafen von Kigali erlebt, wie einem Reisenden die Kreditkarte hinterher getragen wurde, die er liegengelassen hatte. Der Lebensstandard der Menschen in beiden Ländern ist sehr bescheiden. Insofern wird darauf geachtet, dass möglichst viele Menschen vom Tourismus profitieren. Das macht es manchmal etwas schwierig, alle Beteiligten mit Trinkgeldern zu bedenken. Wir haben in den 8 Tagen immerhin 200 US-Dollar nur für Trinkgelder ausgegeben. Beide Länder sind teure Reiseländer. Die Exklusivität fern ab des Massentourismus hat ihren Preis. Standards, wie man sie sonst im südlichen Afrika für dieses Preisniveau bekommt, darf man dennoch nicht erwarten. Dafür bieten diese beiden Länder Erlebnisse und Eindrücke, die einzigartig sind.

Ruanda aber noch viel mehr Uganda sind von einer landschaftlichen Schönheit, wie wir sie in dieser Form noch nie in unserem Leben gesehen haben. Uganda allerdings als Selbstfahrer zu bereisen, sollte man vergessen. Wir haben so gut wie keine Beschilderung gesehen und der Zustand der meisten Straßen ist so furchtbar schlecht, dass man sich das nicht antun will und soll. Hier ist ein, zusammen mit dem Fahrzeug angemieteter Fahrer, auf jeden Fall die erholsamere Variante. Wir haben während unserer Reise – abgesehen von den Trackings - ohnehin kaum Touristen getroffen und selbst fahrende Touristen haben wir überhaupt nicht gesehen.

Für Ruanda und Uganda wird ganzjährig Malariaprophylaxe empfohlen. Aufgrund der körperlichen Anstrengung, die das Tracking mit sich bringt, und aufgrund der Tatsache, dass wir uns überwiegend im Hochland aufhielten, haben wir auf die vorbeugende Einnahme der Malariaprophylaxe verzichtet. Wir hatten als Standbye-Medikation ausreichend viel Malarone dabei; haben aber dem vorbeugenden Moskitoschutz den Vorzug gegeben. Konsequente Anwendung von Autan und Peacefulsleep (aus Südafrika) sowie das Schlafen unter einem mitgebrachten Moskitonetz und langärmlige Bekleidung haben uns vor Moskitostichen bewahrt. Die Mitnahme eigener Moskitonetze ist auf jeden Fall sehr zu empfehlen. In keiner der von uns besuchten Unterkünfte war ein Moskitonetz vorhanden.

Unsere bewährte Strategie – einen Schluck Whisky nach jeder Mahlzeit - zum Schutz von Magen und Darm vor Durchfallerkrankungen und Verdauungsproblemen hat sich auch diesmal bestens bewährt. Ausreichend Trinkwasser in Flaschen stand uns immer zur Verfügung.

Sowohl in Ruanda als auch in Uganda haben wir keine Landeswährung benötigt. Überall wurde der US-Dollar als Währungsmittel akzeptiert. Sehr hilfreich waren uns jedoch entsprechende Umrechnungstabellen. Wichtig ist es darauf zu achten, dass die Dollarnoten möglichst neu sind und nicht vor 2003 gedruckt wurden.

Nachfolgend noch eine Auflistung der Dinge, die aus unserer Sicht unbedingt mitgenommen werden sollten:
   • solide und gut eingelaufene Wanderschuhe
   • (alte) Regenjacke
   • Gartenhandschuhe
   • Gamaschen
   • Moskitonetz
   • Stirnlampe oder mindestens Taschenlampe
   • Fön (zumindest in der Regenzeit)
   • Malariaprophylaxe
   • Insektenschutz
   • US-Dollar ab 2003
   • Steckdosenadapter und Mehrfachsteckdose

¹ Handbuch für individuelles Entdecken Uganda und Ruanda von Christoph Lübbert, Reise Know How, 4. Auflage 2010


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