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Pantanal

Pantanal/Brasilien September 2013
Im Reich des Jaguars  oder ….. wo das Wasser Augen hat

28. September – 19. Oktober 2013

 

Wohin reist Ihr denn diesmal in den Urlaub? Nach Brasilien? Ist das nicht gefährlich? Ins Pantanal? Achso, das ist doch im Amazonas, oder?? Wie kommt Ihr nur auf solche Ideen? Die Fragezeichen stehen buchstäblich im Raum und beschreiben doch recht gut, wie wenig dieses Gebiet (noch) bekannt ist. Es ist quasi wirklich fast noch ein Geheimtipp für Naturliebhaber.

Das Pantanal ist eines der größten Binnenlandfeuchtgebiete der Erde und befindet sich im Südwesten Brasiliens. Das Schwemmgebiet liegt auf einem Plateau in der Tiefebene, wird vom Fluss Rio Paraguay durchzogen und zusätzlich von den Niederschlägen aus dem angrenzenden Hochland gespeist. Da der Rio Paraguay auf seinem Weg durch das Pantanal nur ein sehr geringes Gefälle hat, kann in der Regenzeit dieses Wasser nicht schnell genug abfließen. Dadurch wird die Tiefebene überschwemmt und fast zwei Drittel des Gebietes, das immerhin fast die Größe der alten Bundesrepublik Deutschland umfasst, stehen dann metertief unter Wasser. In diesem komplexen Ökosystem aus Savannen, großen überschwemmten Wasserflächen, regenwaldartigen Flussgaleriewäldern und Trockenwäldern hat sich eine sehr artenreiche und faszinierende Flora und Fauna angesiedelt und nicht ohne Grund wurde das Pantanal im Jahr 2000 von der UNESCO zum Weltnaturerbe und zum Biosphärenreservat erklärt. In diesem Gebiet lebt auch noch der majestätische Jaguar und wird sich hoffentlich von uns beobachten und fotografieren lassen.

Ein Paradies ist das Pantanal aber auch für Vogelliebhaber. Mit über 656 Arten leben in diesem Gebiet mehr Vögel als in ganz Europa. Man kann hier den großen Hyazinth-Ara sehen, es gibt eine Vielzahl von hübschen Sittichen und den prächtigen Riesentukan. Unter den 123 Säugetierarten befinden sich nicht nur Jaguar und Ozelot, sondern auch Puma, Sumpfhirsch, Tapir, Pekari und Capybara. Dieses übergroße, im und am Wasser lebende Meerschweinchen mit Schweinefell verkörpert das Pantanal genauso, wie die Millionen von Brillenkaimanen oder der Jabiru – ein Riesenstorch, der das offizielle Symbol des Pantanal ist.

Der Amazonas ist also relativ weit weg und muss noch ein wenig auf uns warten, denn hier werden wir mit der hiesigen Flora und Fauna „alle Hände voll“ zu tun haben.

Man kann das Pantanal auf zwei verschiedene Varianten bereisen. Entweder man bucht bei einem deutschen oder brasilianischen Reiseanbieter eine ziemlich kostenintensive Reise um dann festzustellen, dass a l l e  Anbieter, die Jaguarsichtungen versprechen, in Porto Jofre landen. Übernachtet wird meist im nächstgelegen und einzigen Hotel „Pantanal Norte“ (identisch mit Hotel Porto Jofre) oder auf einem der benachbarten Hausboote und von da aus finden die Jaguarsafaris mit kleinen Motorbooten und lokalen Bootsführern statt. Der Aufenthalt vor Ort reduziert sich so diametral zum Preis, denn ein längerer Aufenthalt kostet ein kleines Vermögen. Man kann es aber auch wie wir machen und sich die Reise selbst organisieren. Das macht zwar mehr Mühe, aber lohnt sich und führt bei gleichem Ergebnis zu einer wesentlichen Ersparnis, die man in einen längeren Aufenthalt investieren kann. Es ist überhaupt kein Problem, sich die Übernachtungen selbst über das Internet direkt bei den Hotels; Pousadas (Pension, Gästehaus) und Fazendas (Farmen) zu buchen und gegen einen moderaten Aufpreis wird man von Unterkunft zu Unterkunft gebracht. Die meisten Aktivitäten sind im Preis bereits enthalten und wer mehr will, kann problemlos zusätzliche Unternehmungen vor Ort nachbuchen.

Zum ersten Mal vom Pantanal gehört haben wir vor Jahren in einem Diavortrag von Frans Lanting mit wunderschönen Fotos von Riesenottern, Capybaras (Wasserschweinen), Tapiren, farbenprächtigen Vögeln, wunderschönen blauen Aras und natürlich vom geheimnisvollen Jaguar. Schon damals hat uns das Gebiet mit seinem großen Tierreichtum fasziniert. In der letzten Zeit wurden wir durch tolle Fotos und Berichte immer öfter in den Bann dieses Naturjuwels gezogen. So stand fest; dort wollen wir auch hin. Ein guter Einstieg, um endlich auch südamerikanisches Terrain zu erkunden.

Ja und gefährlich; das wird sich zeigen. Wir werden nur auf der 145 km langen Transpantaneira unterwegs sein und die einzige reelle Gefahr, die dort besteht ist die, dass eine der 134, zum Teil abenteuerlichen, Holzbrücken unter uns zusammenbricht. Also ein einigermaßen kalkulierbares Risiko.

So verlängern wir noch ein wenig den Sommer und reisen für drei Wochen ins heiße Brasilien. Mit Lufthansa fliegen wir in einem Nachtflug bis Sao Paolo und weiter mit der Inlandlinie GOL bis Cuiabá.


28./29.09.2013 Frankfurt – Sao Paolo – Cuiabá (Brasilien)

Am Abend startet der Lufthansaflug bis Sao Paolo. Die Maschine ist randvoll, überbucht und es werden händeringend zwei Leute gesucht, die gegen freie Übernachtung, Zahlung von 600 Euro und freie Verpflegung bereit sind, erst am nächsten Tag zu fliegen. Ja nö, wir auf jeden Fall nicht. Dafür wird gedroht, das Handgepäck zu wiegen – eine „tolle“ Idee, wie wir finden. Zum Glück bleibt es bei der Drohung und kurze Zeit später sitzen wir auch schon in der Boing 747-400. Nun kann es ja sein, dass wir schon ein wenig verwöhnt sind, aber zumindest wissen wir, dass es auch anders geht. Die Beinfreiheit in dieser Maschine ist schon eine Frechheit. So eng und zusammengefaltet haben wir schon lange nicht mehr gesessen. Ich kann mich noch nicht einmal nach vorn beugen, um die Schuhe auszuziehen. Als Uwe später auf seinem Tablett das Einreiseformular ausfüllen will und sich dafür leicht nach vorn beugt, macht der Vordermann seinen Sitz zurück und haut ihn Uwe voller Wucht gegen den Kopf – im Sitzen K. O. Der Urlaub beginnt mit einer Beule.


29.09.2013 Sao Paolo – Cuiabá – Hotel Porto Jofre

Der Service ist sehr gut und so geht irgendwie auch dieser Flug vorüber. Wir schlafen einigermaßen, so dass wir bei der Landung in Sao Paolo recht fit sind. Hier ist es noch früh am Morgen – schließlich haben wir bis hier her bereits fünf Stunden Zeitverschiebung überwunden. Mit gerade mal 15 Grad Celsius und Regen ist es nicht besonders warm, was uns etwas irritiert. Wir sind eigentlich auf Sonne eingestellt, doch die Brasilianer laufen mit Mütze, Stiefeln und Winterjacken herum. Haben wir da etwas durcheinander gebracht?

Rasch bekommen wir unser Gepäck, um es anschließend gleich wieder aufzugeben. Alles geht unkompliziert und schnell vonstatten. Während in Deutschland beim Security-Check an meiner Hose jeder Knopf gepiepst hat, die Haarspange quietscht und der BH jault, gibt die Anlage hier keinen Muckser von sich und wir werden das Gefühl nicht los, dass man hier auch eine Waffe im Ärmel haben könnte. Auch Laptop und der restliche Inhalt unserer Rucksäcke einschließlich der Whisky-Flasche interessieren hier Keinen. Wir Deutschen sind einfach zu kleinlich!

Knapp vier Stunden später bringt uns die hiesige Fluggesellschaft GOL in gut einer Stunde Flugzeit und einer weiteren Stunde Zeitverschiebung nach Cuiabá, dem Ausgangspunkt unserer Reise ins Pantanal. Beim Abflug können wir nun auch bei Tageslicht einen Blick auf Sao Paolo werfen und sind beeindruckt, wie riesig diese Stadt ist. Sie scheint kein Ende zu nehmen.

Als wir in Cuiabá aus dem Flieger steigen, haben wir den Eindruck, die heiße Luft der Turbinen um die Ohren geblasen zu bekommen. Aber das würde vergehen, sobald wir ein paar Schritte von der Maschine weg gelaufen sind. Hier vergeht aber nichts – es ist eine Hitze wie in einem großen Umluftbackofen. Wir schnappen nach Luft wie Fische auf dem Trockenen. Allein der Unterschied zu Sao Paolo ist schon Wahnsinn.

In einer bisher nie erlebten Schnelligkeit bekommen wir unser Gepäck und können uns nun ins Abenteuer „Brasilien für Anfänger“ stürzen. Unser Fahrer, ein netter junger Mann, erwartet uns bereits mit einem neuen VW-Pickup „Amarok“. Für das kleine Manko, dass er kein Englisch spricht und wir kein Wort Portugiesisch, hat er eine einfache aber geniale Lösung parat. Sein Handy verfügt über ein Übersetzungsprogramm und so, wie er die portugiesischen Sätze eintippt, erscheint die englische Übersetzung, die er uns dann unter die Nase hält. Das funktioniert hervorragend und macht auch noch Spaß. Außerdem haben wir ja auch noch Hände und Füße. So hat er rasch verstanden, dass wir noch etwas Geld benötigen und er zeigt uns, wo wir tauschen können, denn die Geldautomaten am Flughafen wollen uns einfach kein Geld ausspucken. Anschließend fährt er noch mit uns in einen Supermarkt, um für uns Wasser einzukaufen. Nun können wir endlich in Richtung Poconé, dem Tor zum Pantanal, starten. Das Autothermometer zeigt inzwischen 47 Grad Celsius an und wir sind dankbar für die gut funktionierende Klimaanlage.

Knapp eine Stunde später erreichen wir Poconé. Bis kurz hinter den Ort ist die Straße noch asphaltiert, dann mutiert sie in eine aufgeschüttete Sand- bzw. Staubpiste. Wir fühlen uns wie in Afrika und was wir die nächsten Stunden sehen, gefällt uns sehr gut. Hier herrscht bereits rechts und links der Straße ein solcher Artenreichtum an Tieren, aber ganz besonders an Vögeln, dass wir regelrecht sprachlos sind. Immer wieder bitten wir den Fahrer, mal kurz anzuhalten, damit wir fotografieren können. Geduldig tut er uns den Gefallen, wohl wissend, dass man es bei der Hitze ohnehin nicht lange außerhalb der Klimaanlage aushält. Wären wir hier als Selbstfahrer unterwegs, was im Übrigen überhaupt kein Problem wäre, so würden wir wohl nie im Hotel ankommen. Fasziniert entdecken wir immer wieder neue Fotomotive.

Unser erstes Ziel für die nächsten Tage ist das Hotel Porto Jofre und das liegt ganz am Ende der Transpantaneira im nördlichen Pantanal. Wir „rollen“ das Ganze also von hinten auf und schon jetzt freuen wir uns riesig, dass wir genügend Zeit eingeplant haben, um dieses Naturparadies auch richtig kennen lernen zu können. Schon jetzt wird klar: wer nur nach Porto Jofre kommt, der hat das Pantanal nicht wirklich gesehen.

Wir haben im Vorfeld schon viel über die 145 km lange Transpantaneira gelesen und gesehen und sind nun auf die Realität gespannt. Die Transpantaneira ist eine aufgeschüttete Schotterpiste quer durch das Überschwemmungsgebiet. Sie dient faktisch als einzige Zufahrtsstraße in das Pantanal und endet in Porto Jofre. Die vielen Holzbrücken, die hier in der Regenzeit die hohen Wasserstände und Senken überbrücken, sind teilweise wirklich ziemlich abenteuerlich und werden immer schlechter, je weiter wir ins nördliche Pantanal vordringen. Lose Bretter, große Löcher, viel Nichts drum herum und morsches Holz, beschreiben die „Konstruktionen“ wohl am besten. Meist gibt es Umgehungswege, aber die funktionieren natürlich nur in der Trockenzeit. In der Zeit, in der hier überall das Wasser steht, steigt das Abenteuerpotential mit jeder Brückenüberfahrt.

Endlich im Hotel „Porto Jofre“ angekommen, werden wir vom freundlich- quirligen Manager Nelson schon erwartet. Wir bekommen einen Bungalow mit Blick auf den Rio Cuiabá und Instruktionen für die nächsten Tage. Wir werden jeden Tag mit dem Boot unterwegs sein, denn dieses Hotel ist bekannt für seine guten Chancen, während der Bootsfahrten Jaguare zu sichten. Das ist natürlich auch unser Ziel.

Bis zum Abendessen bleibt gerade noch ein wenig Zeit, sich etwas auf dem Gelände umzusehen. Auf dem nahe gelegenen Teich wachsen die großen imposanten Victoria-Seerosen, deren Blätter bis 60 kg tragen können. Außerdem lärmen in den Palmen des Hotelgeländes blaue Hyazinth-Aras und grüne Sittiche. Abgesehen davon gibt es auch hier unglaublich viele und wunderschöne Vögel. Ein echtes Paradies.

Paradiesisches erwartet uns auch beim Abendessen und schnell wird uns klar, dass wir jeden Gedanken an Diät und Maß halten glatt vergessen können. Das Buffet ist so reichhaltig, vielseitig und extrem lecker, dass wir viel mehr essen, als unserer Figur eigentlich zuträglich ist. Schon allein der Fisch ist ein Traum und dazu gibt es dann auch noch frisch gepressten Obstsaft.

Nach dem Abendessen freuen wir uns nun aber doch auf ein Bett. Schließlich sind wir schon eine Weile, um nicht zu sagen Tage, auf den Beinen.


30.09.2013 Hotel Porto Jofre

Um 5 Uhr gibt es ein sehr reichhaltiges Frühstücksbuffet sogar mit ofenfrischem, noch warmem Kuchen und noch vor sechs Uhr stellt uns Nelson unseren Bootsführer John vor, der die nächsten Tage mit uns unterwegs sein wird. John ist in unserem Alter, stammt aus der Gegend und war früher Fischer. Unser Boot ist ein leichtes, überdachtes und mit sechs Plätzen bestücktes Aluminiumboot, das wir für uns allein haben. Damit bleibt für jeden von uns genug Bewegungsfreiheit nach allen Seiten. Außerdem lassen sich die Sitze um 360 Grad drehen. Ein Vorteil, den nicht nur die Angler zu schätzen wissen. Rasch haben wir uns eingerichtet und ohne Zeitverzug starten wir nun zu unserer ersten Bootstour. Sehr schnell nimmt uns diese Gegend mit ihrem ganz besonderen Charme gefangen. Wir wissen fast nicht, wohin wir zuerst schauen sollen, weil gefühlt auf jedem Baum Leben herrscht. Unbeschreiblich viele Vögel umschwirren uns. Die Luft riecht angenehm nach Holz und intensiv-duftenden Blüten, denn hier ist jetzt Frühjahr und die Bäume blühen. Das erste Licht verzaubert uns. Es ist bereits angenehm warm und der Fahrtwind ist befreiend.

Wir fahren vorbei an den vielen Hotelbooten, die ein paar Kilometer unterhalb von Porto Jofre ankern.

Unser Boot bringt uns zügig in den Bereich der Mündung der Flüsse Rio Tres Irmãos, Rio São Lourenço und Rio Piquiri, dem besten Beobachtungsgebiet für Jaguare im Pantanal. Von hier aus fahren wir dann langsamer am Flussufer entlang um Ausschau nach Jaguaren im Schatten der Bäume zu halten.

Doch nicht nur Jaguare, sondern auch Kaimane, Capybaras, Anakondas, Reiher, Tukane, Makaken, Jabirus, der seltene Riesenotter und und und …. sind in diesem Gebiet heimisch.

Wir sehen Brillenkaimane, Capybaras, beobachten Komorane, die ihr Gefieder in der Sonne trocknen, sehen Eisvögel, ein Jabiru-Nest, Brüllaffen und unzählige weitere Vögel. Nur mit den Jaguaren lässt es sich zu Beginn etwas zäh an.

Dann endlich sichten wir aber doch unseren ersten Jaguar! Plötzlich ist er da, fast ein wenig irreal. Nr. 1 trägt ein Halsband mit Sender, liegt am Ufer und döst vor sich hin. – Gut, das mit dem Halsband ist noch optimierungsfähig – aber trotzdem ist er ein hübscher Bursche. Er ist noch größer und schöner, als wir ihn uns vorgestellt haben. Leoparden sind schon faszinierend, aber Jaguare sind noch größer, kräftiger in ihrem Körperbau und ihre Zeichnung ist einfach wunderschön. In den nächsten Stunden tut dieses „Kätzchen“ leider nicht viel, aber wir schauen ihm gebannt dabei zu; immer hoffend, dass er sich erhebt und etwas tut, ja vielleicht sogar ein Stück in unsere Richtung kommt. Als die anderen Boote zum Mittagessen zurück ins Hotel fahren, bleiben wir und „bewachen“ ihn. Schließlich ist das unser erster Jaguar. Für den können wir auch mal hungern. Eigentlich hatten wir für heute vereinbart, dass wir Mittags ins Hotel kommen; schon allein für die Pinkelpause. Nelson hatte sich gestern so angehört, als ob nirgendwo angehalten wird. Längst hat John aber bewiesen, dass wir ihm in der Beziehung dank langjährigem Afrikatraining weit überlegen sind. Schon zweimal hatte er am Vormittag das Boot auf eine flache Uferböschung gelenkt und war in den Büschen verschwunden. Es gibt also – außer dem Mittagessen – keinen zwingenden Grund, mittags zurück ins Hotel zu fahren.

Die Naturführerin des anderen Bootes, das wir angefunkt und über den Standort des Jaguars informiert hatten, ist so lieb und bringt uns später eine große Portion Mittagessen mit – Lieferservice mitten im Pantanal.

Am frühen Nachmittag wird ein weiterer Artgenosse gesichtet und wir beschließen, den mal zu begucken. Nr. 2 liegt jedoch so im dichten Dickicht, dass man ihn kaum sehen kann und ein Foto sowieso unmöglich ist. So fahren wir zurück zu „unserem“ Jaguar, auf den wir wenigstens freie Sicht haben bzw. hatten. Der hat nämlich unsere Abwesenheit dafür genutzt, sich aus dem Staub zu machen. Stundenlang haben wir ihn bewacht und nun nutzt er die Gunst der Stunde, dass sich ein gerade neu gesichteter Artgenosse mit der Meute von Fotografen in lärmenden Motorbooten herum schlagen muss, zur Flucht. An dieser Stelle sei erwähnt, dass die Boote des Hotels Porto Jofre alle über Funkgeräte verfügen, so dass sich die Bootsführer untereinander bei Sichtungen absprechen können. Das führt zwar zu vermehrten Beobachtungsmöglichkeiten, aber man hat eben auch keine Sichtung für sich allein. Innerhalb kürzester Zeit sind so bei einer Sichtung 10 bis 12 Boote zusammen­getrommelt.

Den nächsten Jaguar (Nr. 3) entdeckt Uwe, der vorn im Boot sitzt. Besser kann man es nun eigentlich kaum noch treffen. Ein prächtiges Tier in herrlichem Licht, völlig frei auf einer Sandbank, ohne sichtversperrendes Dickicht. Einzig das Ankern bereitet John etwas Mühe, denn wir stehen in starker Strömung, was wiederum das Fotografieren ziemlich schwierig macht. An das ständige Geschaukel müssen wir uns erst gewöhnen. So ist die Ausschussquote generell auf dem Boot relativ hoch und das richtige Platzieren des Motivs ist auch gar nicht so einfach. Man sieht den Bildern später das Auf- und Ab des Bootes auch häufiger an, denn nicht jedes Tier hat auf dem Foto auch einen Kopf oder Füße. Gut also, dass wir immer ganze Salven abgeben. Wir schwitzen ganz schön, dass wir diese tolle Gelegenheit auch fotografisch gut nutzen.

Unser hübsches Jaguarmädchen ist recht relaxt, schaut in der Gegend herum und scheint den Run auf ihn zu genießen. Längst haben sich wieder mehrere Boote eingefunden. Irgendwann wird ihm der Trubel dann doch zu bunt und er verzieht sich in die Büsche. Wir sind schon mal total glücklich, einen Jaguar so frei und schön gesehen zu haben, denn das hatten wir nicht erwartet.

Ein neuer Funkspruch führt uns im Tiefflug zu Jaguar Nr. 4. Mit vollem Speed fliegen wir um die vielen Kurven, denn alle Flussarme winden sich in zahlreichen großen und kleinen Kurven durch die Landschaft. John gibt alles, um uns möglichst rasch Jaguar Nr. 4 präsentieren zu können. Er kann ja nicht ahnen, dass mir manchmal etwas langsamer auch noch ausreichen würde. Der Jaguar liegt auf der hohen Uferböschung und scheint unschlüssig, ob er sich noch besser zeigen oder lieber verschwinden soll. Er entscheidet sich für Letzteres und entzieht sich nach kurzer Zeit unserem Blickfeld.

Schon beginnt die Sonne unterzugehen und es wird langsam Zeit, in Richtung Hotel zurück zu fahren, als Uwe unseren 5. Jaguar für diesen Tag entdeckt. Der hübsche Kerl liegt – wieder malerisch und frei – auf einem Vorsprung der Uferböschung und blickt versonnen ins Wasser. Leider ist das Licht schon so gut wie weg. Trotzdem fotografieren wir, bis nichts mehr geht, um anschließend – schon im Dunklen, denn eine Dämmerung gibt es hier nicht – mit 50 km/h zurück zum Hotel zu brettern. Noch ahnen wir nicht, wie sehr sich John heute grämt, dass Uwe vor ihm zwei Jaguare entdeckt hat.


01.10.2013 Hotel Porto Jofre

Wieder starten wir um 5:45 Uhr zur ganztägigen Bootsfahrt. Die Aluminiumboote haben meist 6 Sitzplätze, verteilt auf drei Reihen. Heute wird plötzlich die Sitzordnung im Boot geändert. Während Uwe gestern vor John auf der rechten Seite des Bootes saß, damit ich hinten links auch freie Sicht habe, ist er heute zu schwer und muss links sitzen. Für mich bedeutet das dann, hinter John auf der rechten Seite Platz zu nehmen, was ich natürlich nicht so toll finde. Erst begreifen wir nicht, was das soll, bis uns klar wird, dass er sich in seiner Ehre gekränkt fühlt, wenn wir vor ihm die Jaguare entdecken. Brasilianische Männer sind da offenbar noch Spezieller.

Und noch eine Erfahrung müssen wir heute machen, die uns zum Nachdenken bringt. Aber dazu später mehr.

Heute haben wir eine Lunchbox als Tagesvesper dabei, deren Inhalt aus 6 Sandwiches besteht, denn wieder bleiben wir den ganzen Tag auf dem Wasser. Der morgendliche Fahrtwind ist noch ziemlich kalt und ich bin froh, für jeden von uns einen Schal dabei zu haben. John hat sich regelrecht vermummt. Seine Wollmütze hat lediglich Löcher für Augen, Nase, Mund, er trägt Handschuhe und zwei Jacken übereinander. Das erscheint uns nun wirklich übertrieben, aber hier herrschen eben noch ganz andere Temperaturen. Später, mit der aufgehenden Morgensonne steigt aber auch die Temperatur wieder in wohlige Bereiche.

Für eine weitergehende Verständigung reichen manchmal Hände und Füße nicht so richtig aus und so sucht Uwe in seinem Handy-Wörterbuch nach den entsprechenden portugiesischen Vokabeln, um sie John hinzuhalten. Der winkt unwirsch ab. Mir fällt nur auf, dass er nicht einmal genau hinsieht.

Im Verlauf des Tages sehen wir drei Jaguare. Nummer 1 des Tages (bzw. Nr. 6 in der Gesamtzählung) hat offensichtlich eins auf die Nase bekommen. Sein Auge ist lädiert, er hat eine frische Wunde über der Nase und auch sonst noch einige Kratzer abbekommen. Mit den Ohren scheint er es aber auch noch zu haben, denn obwohl mehr als 10 Boote auf ihn warten, kommt er aus dem dichten Dickicht, läuft im schönsten Morgenlicht frei seine Reviergrenze ab und geht quasi neben den Booten her.

Wir können ihn über eine lange Strecke begleiten, haben wunderbar freie Sicht auf ihn und ein paar Mal läuft er direkt frontal auf uns zu. Unser Herz macht Freudensprünge über diese beeindruckende Begegnung und wir sind total happy, dass John (fast) immer genau weiß, wo er sich platzieren muss, um uns das Tier gut sichtbar zu präsentieren. Er kennt offenbar die Reviergrenzen und so haben wir fast immer den besten Platz, um das Tier sogar formatfüllend vor die Linse zu bekommen. Zwischendurch legt sich der Jaguar sogar mal hin. Wunderschön spiegelt sich dabei sein Fell im Wasser. So verfolgen wir das Tier bis in einen flachen Seitenarm, an dem die Boote ihm dann nicht mehr folgen können. Fast schon meint man, dass der Jaguar diesen Rummel um ihn genossen hat. Gestört hat es ihn auf jeden Fall nicht, dass alle nur ihn sehen wollten.

Erst jetzt, wo der Jaguar sich ins Dickicht verzogen hat, haben wir auch wieder einen Blick für die anderen Tiere, die hier ungerührt liegen, sitzen, schwimmen und fliegen. Am Ufer liegt ein Brillenkaiman mit einem großen Wels im Maul. Vorsichtig steuert John das Boot an ihn heran, um ihn nicht zu vertreiben.

Über uns im Baum sitzen die Chaco Chachalaca und krakeelen herum. Diese Hühnervögel können einen gigantischen Lärm machen, bei dem man sein eigenes Wort nicht mehr versteht. Sie sind sehr häufig im Pantanal anzutreffen und ersetzen morgens den Wecker. Überall um uns herum zwitschert es, Eisvögel schwirren vorbei und allein die filigranen Wasserhyzinthen, die jetzt am Morgen ihre lila Blüten öffnen, sind eine Augenweide. So versuchen wir in tiefen Atemzügen diese unbeschreibliche Naturvielfalt in uns aufzunehmen. Im Moment schweben wir auf Wolke 7.

In gemütlichem Tempo tuckern wir durch die Natur, schießen da ein Bildchen und dort gleich eine Salve. Oft schwimmen Brillenkaimane direkt neben dem Boot und tauchen dann doch rasch ab, wenn sie sich beobachtet fühlen.

Das nächste Hochgefühl ereilt uns, als wir einen grünen Leguan am Ufer sitzen sehen. Er ist wunderhübsch aber leider extrem scheu. Kaum hat er uns bemerkt, schon ergreift er die Flucht. Auch ein weiteres Tier, das gerade die lila Blüten der Uferpflanzen frisst, hat es nicht so mit der Presse. Die Iguanas, wie sie hier heißen, halten uns auf Abstand. Trotzdem erfüllt uns eine große Zufriedenheit, auch diese Tiere hier gesehen zu haben und ein paar Fotos konnten wir ihnen ja doch abringen.

Pantanal

Unseren zweiten Jaguar für heute (bzw. schon die siebte Jaguarsichtung) treffen wir im „Kaimanbad“. John ist mit uns in einen Seitenarm gefahren, in dem es von Kaimanen nur so wimmelt. Hier hat das Wasser Augen. Unzählige braune Knubbel mit grünen Pupillen schauen aus dem Wasser und auch auf den Sandbänken und im Uferbereich liegt Körper an Körper. Wir sind sprachlos, welche Kaimandichte hier vorherrscht. Man sagt, es soll im Pantanal mehr als 35 Millionen Brillenkaimane geben. Zwar frage ich mich, wer die gezählt haben will, aber dass es sehr viele gibt, ist offensichtlich und die sammeln sich jetzt in der Trockenzeit natürlich alle in den noch vorhandenen Gewässern.

Als wir noch über diese gewaltige Masse an Kaimanen staunen, bekommt John einen Funkspruch von einem Angler, der gerade einen Jaguar gesichtet hat. Um den möglichst sehen zu können, wird zackig gewendet und nun brausen wir wie die Bekloppten durch diesen extrem mit Kaimanen bestückten Nebenflussabschnitt. Ich denke nur: „wer hier kentert, braucht keine Schwimmweste, der wird recycelt. Das erledigen dann die unzähligen Kaimane jeder Größe.“ Aber John beherrscht sein Boot perfekt und wir erwischen den Jaguar gerade, als er aus dem Wasser kommend die steile, gut zwei Meter hohe Uferböschung hochklettert. Auch dieser Jaguar ist ein stattlicher Bursche und auch diesmal haben wir das große Glück, ihn frei von Gebüsch fotografieren zu können. Er schaut uns eine Weile über die Schulter an, bevor er sich entschließt, weiterzuziehen. Fast sieht es so aus als ob er sagen will: „nun genießt Euer Glück und macht was draus.“ Wenn auch nur für ganz ganz kurze Zeit so haben wir diese Begegnung doch für uns allein. Es hat etwas Magisches.

John ist derweil fair genug, sofort alle Boote per Funk zu informieren und rasch findet sich die laut lärmende Meute der Jaguarverrückten ein. Dabei sind nicht etwa die Touristen die, die Lärm machen, sondern die Bootsführer, die ungeachtet der Tiere einem extremen Mitteilungsbedürfnis frönen. Kaum stehen zwei Boote nebeneinander, schon quasseln sie lautstark, als ob sie sich Monate nicht gesehen haben.

Eine Weile können wir den Jaguar im nahen Gebüsch noch liegen sehen, bevor er ins Hinterland abzieht. Nun steuert John sein Boot erst einmal ans Ufer, denn die Blase drückt. Natürlich weiß keiner so genau, wo der Jaguar nun ist, aber das scheint nicht weiter zu stören. Da, wo vorhin noch der Jaguar lag, gehen wir jetzt Pipi machen. Aber John muss es ja wissen – außerdem geht er zuerst.

Alles geht gut und schon bekommt er die nächste Meldung, dass ein weiterer Jaguar in dem Waldstück einige Meter weiter vorn gesehen wurde. Wir fahren hin, sehen aber keinen Jaguar. Während wir noch etwas warten, kommen drei Riesenotter angeschwommen, die rasch abtauchen, als sie uns bemerken. Schon wieder sind wir total begeistert, dass wir das Glück haben, auch diese Tiere hier beobachten zu können – wenn auch nur kurz. Gern hätten wir natürlich diesen quirligen Kerlchen noch länger zugeschaut. Schließlich sind diese tagaktiven und in Gruppen lebenden Riesenotter mit einer Länge von zwei Metern (davon 70 cm Schwanz) und einem Gewicht von über 20 kg die größten, im Süßwasser lebenden Otter.

Schon wird der nächste Jaguar über Funk gemeldet und wir fahren hin. Unsere Nr. 3 für heute (bzw. der achte Jaguar insgesamt) spaziert am Flussufer entlang und legt sich dann ein wenig ab. Er weiß nicht so recht, was er von den vielen Booten halten soll und versucht sich nach einiger Zeit durch Verstecken am Uferrand unseren Blicken zu entziehen. Irgendwann gelingt ihm das auch und die Boote ziehen der Reihe nach wieder ab. Wir auch, um kurz darauf jedoch noch einmal zurück zu kehren. Nun entdeckt Uwe den Burschen im Gebüsch. Er ist auf der Jagd und hat ein Capybara im Visier. Das bemerkt ihn etwa zwei Meter vor dem Zugriff. Es rettet sich durch einen mutigen Sprung aus einer Höhe von gut 4 Metern und ordentlicher Flugphase mit einem Bauchklatscher im Wasser. Der Jaguar geht leer aus. Laut schimpfend und wohl auch mit einem gehörigen Schrecken im kleinen Wasserschweinchenherzen schwimmt es lauthals quiekend oder fluchend (so genau kennen wir uns da nicht aus) davon. Der Salto war jedenfalls filmreif – nur Keiner hat ihn fotografisch festhalten können, denn es kam völlig überraschend. Aber lustig sah es aus, dieses fliegende Wasserschwein.

Auf dem Rückweg zum Hotel machen wir noch an einer Brutkolonie von Scherenschnabel-Seeschwalben halt. Die Vögel mit ihren langen roten Schnäbeln sehen toll aus. Nur mit dem Licht ist es schon nicht mehr so toll, was das Fotografieren der aufgeregten Vögel etwas schwierig macht.

Am Abend unterhalten wir uns noch mit Nelson, der sich nach unseren Erlebnissen des Tages und unseren Plänen für den nächsten Tag erkundigt. Von ihm erfahren wir dann auch, weshalb John sich so gar nicht für unser Übersetzungsprogramm interessiert – er kann nicht lesen. Das konnten wir natürlich nicht wissen und trotzdem schämen wir uns für unser unsensibles Vorgehen.


02.10.2013 Hotel Porto Jofre

Bereits um 7 Uhr morgens haben wir unser erstes Dejavue mit unserem neunten Jaguar. Der trägt zwar mal wieder ein Halsband, aber der Tag will sich ja noch steigern. Immerhin erleben wir zum ersten Mal, wie schön ein Jaguar schwimmen kann.

Als der dann aus unserem Blickfeld verschwindet, fahren wir ins Revier des Jaguars, der sich uns gestern schon so schön frei präsentiert hat. Tatsächlich werden wir wieder an der gleichen Stelle fündig und sehen damit für heute bereits den zweiten Jaguar bzw. insgesamt unseren 10.

Heute schreitet allerdings Frau Jaguar das Revier ab. Er muss wohl noch seine gestrigen Wunden lecken. Doch auch sie läuft den gleichen Weg wie gestern das Männchen. Wir können also genau vorhersehen, wann sie wo auftaucht. Wieder haben wir das Glück und stehen dem hübschen Tier vis a vis gegenüber; frei von jedem Gestrüpp und Dickicht. Dass wir mit den Jaguarsichtungen solches Glück haben werden, hätten wir uns nicht zu träumen gewagt. Schließlich hatten wir von allen Seiten zu hören bekommen, wie schwer es ist, die Jaguare zu fotografieren, weil sie immer im Dickicht verborgen sind.

Der kleine Regenschauer, der im Moment gerade vom Himmel kommt, kann uns da auch nicht die Stimmung vermiesen. Unser Boot ist überdacht, für die Kameras haben wir wasserdichte Beutel bzw. einen Regenschutz und für die Rucksäcke Plastiksäcke. Außerdem wechselt das Wetter enorm schnell und schon kurze Zeit später scheint wieder die Sonne.

Nachdem sich auch dieser Jaguar irgendwann in die Büsche geschlagen hat, fahren wir durch einen der vielen Seitenarme des Flusssystems. Hier entdecken wir eine ganze Gruppe Riesenotter, die es ziemlich eilig hat. Es ist verdammt schwierig, die Tiere zwischen dem kurzen auf- und abtauchen fotografisch zu erwischen.

Pantanal

Wir folgen der Gruppe eine Weile und die bringt uns so geradewegs zu ihrem Bau. Sie wohnen quasi in der „Penthousewohnung“ einer mehr als vier Meter hohen Steilwand. Nun werden wir Zeuge, wie Otters sich verausgaben müssen, wenn der Lift defekt ist. Der Reihe nach versucht die Gruppe, die aus mindestens 7 Erwachsenen und mehreren Jungtieren besteht, die steile Sandwand zu erklimmen. Während es den älteren Tieren noch mit viel Kraftanstrengung gelingt, die steile und glatte Wand zu erklimmen, haben die Kleinen keine Chance, da hoch zu kommen. So werden sie von den älteren Tieren am Kragen gepackt und hoch befördert. Dabei wird untereinander lautstark kommuniziert. Besonders eindrucksvoll ist ein völlig synchrones Brummen aller Tiere. Wir können eine ganze Weile zusehen, wie Familie Riesenotter sich abmüht, in ihre Höhle zu gelangen. Also die sollten sich wirklich nach einer neuen Unterkunft umsehen, denn diese Wohnung taugt nur bei hohem Wasserstand.

Als alle in ihrem Bau verschwunden sind, fahren wir weiter. Schon brennt uns die Sonne wieder gehörig auf den Pelz und wir sind froh, dass der Fahrtwind etwas Kühlung verschafft. Kaum sind wir ein Stück gefahren, kommt der nächste Funkspruch, dass wieder ein Jaguar gesichtet wurde. Also wendet John und brettert los. Irgendwie fühlen wir uns dabei wie bei einem Red Bull Racing. Uns fehlen nur noch die Flügel. Die zahlreichen S-Kurven des Fluss überwinden wir quasi auf der seitlichen Außenkante. Hier ist der Spruch „Augen zu und durch“ wörtlich zu nehmen. Den Sichtungsort des nächsten Jaguars (Nr. 3 für heute und der 11. Jaguar insgesamt) kennzeichnen viele Boote, die hier bereits warten. Wir gesellen uns dazu und können kurze Zeit später wieder ein prächtiges Tier beobachten, das zum Wasser kommt und parallel ein Stück neben unserem Boot her schwimmt, bevor er im Dickicht verschwindet. Ein faszinierender Anblick zu sehen, wie anmutig diese Großkatze schwimmen kann.

Erneut verteilen sich die Boote in dem Netz von Fluss-Nebenarmen. Wir fahren noch zu einer anderen Otterhöhle und dort tollen gerade ihre Bewohner im Wasser herum. Besonders die ganz kleinen Otterbabys, die zum Teil noch im Maul der Großen herumgeschleppt werden, haben es uns angetan. Wahrscheinlich sollen die Kleinen mal gelüftet werden. Es ist wie ein Sack Flöhe, der hier herum wuselt und das Fotografieren wird zum Geduldsspiel bzw. zur Glückssache. Aber es ist eine Freude diesen Tieren zuzusehen.

Neben uns steht ein Boot der Jaguar-Eco-Lodge, die keinen Funk an Bord haben. Auf diesem Boot sind 8 Leute incl. Guides und die sind gerade ziemlich frustriert, denn sie haben noch keinen einzigen Jaguar gesehen. Im Verlauf der nächsten Tage werden wir dieses Boot noch häufig treffen.

Schon geht auch dieser Tag so langsam zur Neige. Die Sonne taucht alles noch einmal in ein zauberhaftes Licht. Wir brechen auf, um gemächlich zurück zum Hotel zu fahren. Vor uns im Wasser entdeckt Uwe noch einen Jaguar (nun schon unseren 12.) der gerade das Ufer erreicht hat und aus dem Wasser klettert. Gemächlich läuft er – wieder mit völlig freier Sicht – vor uns entlang und wir können ihn in aller Ruhe und Pracht ablichten. Was für ein toller und erlebnisreicher Tag! Wir könnten noch wochenlang von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang hier durch die Flussarme schippern und die Natur beobachten. Das besonders Spannende für uns ist, dass wir hier viele Tiere vor die Linse bekommen, die wir vorher noch nie gesehen haben und dabei sind die Tiere nicht besonders scheu.

Ganz tief atmen wir die Luft ein, die uns um die Nase weht, denn vor allem in den Abendstunden verströmen die gelb blühenden Bäume einen unbeschreiblich wohlriechenden Duft, der betört. Man möchte einen tiefen Atemzug davon mitnehmen und festhalten. So stellt man sich das Paradies vor.


03.10.2013 Hotel Porto Jofre

Auch heute läuft das gleiche Procedere ab wie an den vorhergehenden Tagen. Aufstehen um 4 Uhr morgens, frühstücken, bis nichts mehr reinpasst. Ein paar Stücke von dem leckeren Kuchen und etwas Obst eingepackt (dafür liegen am Frühstücksbuffet extra Tüten bereit) und mit Sack und Pack zum Bootssteg geeilt. Wie immer ist John bereits da und wartet auf uns, so dass wir ohne Zeitverzug starten können.

Der einzige Unterschied zu den Vortagen ist, dass heute ein ziemlich heißer Tag werden wird. Bereits heute Morgen ist es ziemlich warm.

Wieder fahren wir vorbei an den vielen Hotelbooten, die am Ufer ankern und  passieren die spartanischen Hausboote der einheimischen Fischer. Wir bewundern den großen Wels, den ein paar Angler gerade im Rio Cuiabá gefangen haben, bevor der ihnen wieder entwischt.

Aufmerksam suchen wir wieder die Flussufer ab, doch heute wird unsere Geduld ziemlich auf die Probe gestellt. Weit und breit ist kein Jaguar zu sehen. Die haben sich offensichtlich schon in den Schatten verkrochen. Erst gegen Mittag werden wir fündig. Jaguar Nr. 1 des Tages (und Nr. 13 der Gesamtwertung) liegt unter einem Baum, dessen Äste weit bis auf den Boden reichen, hat den Bauch ins Wasser getaucht und schwitzt sich einen ab. Deutlich können wir sein Hecheln hören. Das Tier hat ein Sendehalsband um, also ohnehin nicht unbedingt das, was wir auf dem Foto haben möchten.

Nicht weit davon entfernt entdecken wir Nr. 2 (den nun schon 14. Jaguar seitdem wir da sind). Auch dieses Tier liegt im Schatten und macht keine Anstalten, heraus zu kommen. Wir warten geduldig vor dem Baum, dass er hervor kommt. Einmal wechselt er den Baum und wir können das Tier für kurze Zeit bewundern. Eine Weile später dreht er ins Dickicht ab.

Für uns eine gute Gelegenheit, uns eine neue Herausforderung zu suchen. Die finden wir kurz darauf bei den Riesenottern. Das ist vielleicht ein quirliger Haufen und jetzt ist auch noch Essenszeit. Da geht es so richtig zur Sache.

Als die Otter endgültig abtauchen, um sich wieder auf die Jagd zu machen, fahren wir weiter die Gegend ab. Das ist schon wegen dem kühlenden Fahrtwind angebracht, denn man hält es heute wirklich kaum aus. Außerdem gibt es hier so eine fiese Sorte Fliegen, die ziemlich aggressiv ist und ganz heftig beißt. Das tut nicht nur richtig weh, sondern verursacht auch noch heftige Quaddeln. Bei mir zeigen sich sofort allergische Reaktionen. Ein echt übles Getier. Alle Hautstellen, die zu wenig Autan abbekommen haben, sind dran.

Wir fahren also noch ein wenig herum, sehen aber außer einem bildhübschen grünen Leguan nicht so sehr viel. Die meisten Tiere haben sich offenbar in den Schatten verzogen. Nur die Vögel sind überall präsent und werden endlich auch mal ausreichend gewürdigt und auf Chip gebannt. Allein die wahnsinnige Vielfalt ist gigantisch und wohl jeder Birdy (Ornithologe) fühlt sich hier wie im Himmel.

Um vor allem die vielen Vögel identifizieren zu können, hat John ein nagelneues Buch dabei, das er immer mal wieder liebevoll glättet. Inzwischen handhaben wir es so, dass er die Vögel im Buch sucht und ich dann laut die portugiesischen und englischen Namen dazu vorlese. Das klappt prima und so profitieren wir Beide davon. Manchmal, wenn wir irgendwo stehen, dann versucht er leise, die Namen zu buchstabieren. Wie schwer ihm das fällt, ist offensichtlich. Wir geben uns alle Mühe, es zu übersehen, damit es ihm nicht noch peinlicher ist.

Als wir fast an der Mündung zum Rio Cuiaba sind, stehen mal wieder ein Haufen Boote herum und alle schauen in die gleiche Richtung. Im Gebüsch auf der hohen Uferkante liegt ein Jaguar. Das ist dann der Dritte für heute und der 15. insgesamt. Inzwischen stehen hier 10 Boote, die alle mehr oder weniger darauf warten, dass sich Herr Jaguar mal in Bewegung setzt. Das tut er aber nicht, denn er hat einfach Angst. Erst als die Sonne untergeht und so nach und nach die Boote alle abziehen, traut er sich, herunter zu kommen. Nun sind nur noch unser Boot und noch eins da und jetzt werden wir für unsere Geduld belohnt. Ganz angstfrei und ohne Eile läuft der Jaguar an
der Wasserkante entlang.

Da, wo er nicht laufen kann, schwimmt er ein Stück und wir fahren mit dem Boot nebenher und beobachten ihn. Was für ein grandioser Tagesabschluss.

Pantanal

04.10.2013 Hotel Porto Jofre

Heute scheint es nicht so ein heißer Tag zu werden, denn der Himmel ist bewölkt. Ideale Voraussetzungen also für unseren nächsten Bootstrip. Jetzt zum Wochenende überwiegen die Angler und so ist es wunderbar ruhig und friedlich. Wir genießen die Natur in vollen Zügen.

Langsam wissen auch wir, wo Reiher, Kiebitz und Seeschwalbe wohnen und welchen Baumstamm der Schlangenhalsvogel für sein Sonnenbad bevorzugt.

In einem Busch, der ins Wasser ragt, entdecke ich eine Yellowtailed Cribo, eine Schlange, die mehr als 2 Meter lang ist und deren Farbe von Oliv in einen langen gelben Schwanz übergeht. John staunt nicht schlecht, dass ich die während der Fahrt entdeckt habe.

Pantanal

Wieder kurven wir durch das Flussnetz auf der Suche nach weiteren Jaguaren. Dann hören wir eine Mutter mit zwei Jungen. Die Kleinen mauzen und Mama antwortet. Das wäre natürlich die Krönung, wenn wir die jetzt auch noch sehen könnten. Eine ganze Weile stehen wir mit langen Hälsen vor dem Gebüsch, in dem die Kleinen sein müssen. Aber leider bleiben sie unsichtbar, denn wieder unterhalten sich die Guides und Bootsführer viel zu laut. Hier hätten wir lediglich eine Chance, wenn wir mucksmäuschenstill sind, doch so bleiben leider die Kleinen für uns unsichtbar. Lediglich die Mutter sehen wir kurze Zeit später allein losziehen (Nr. 16). Sie hat die Kleinen zurück gelassen, um auf die Jagd zu gehen.

Wir setzen unsere Flusssafari fort und nun sucht John eine Anakonda. Ja, die fehlt uns noch in der Sammlung, aber leider ist die inzwischen auf und davon. Dafür treffen wir auf acht wartende Boote, was nur heißen kann, dass ein weiterer Jaguar (Nr. 17) in der Nähe ist. Der liegt malerisch drapiert auf der Uferabbruchkante und schläft.

Pantanal

Das ganze hier mutet ein wenig an wie auf der Tigersafari in Indien, nur dass man sich hier mit Booten bewegt, statt mit Autos. Immerhin versperrt hier nicht einer dem anderen die Sicht. Dafür erleben wir hier zum ersten Mal, dass die Asiaten mit dem iPad fotografieren. Das sieht irgendwie ziemlich merkwürdig aus, wenn dem Jaguar das iPad entgegen gestreckt wird.

Um sich die Wartezeit, bis das Kätzchen ausgeschlafen hat, zu verkürzen, hält einer der Guides – Bighead getauft – eine Schilfrute mit Angelhaken und Fleischköder ins Wasser. Es dauert keine Minute, da hat der erste Fisch angebissen. Hübsch sieht der aus mit seinem gelben Bauch. Staunend schauen wir uns dann das handtellergroße Fischlein an und sind platt, dass dieses hübsche Kerlchen so übel scharfe Beißerchen hat. Das ist nämlich einer der berühmt berüchtigten Gelbbauch-Piranhas. Einen nach dem anderen holt der Guide binnen kurzer Zeit aus dem Wasser. Wir lernen, dass es einen Gelbbauch- und einen Schwarzflossenpiranha gibt. Auch einen kleinen Catfisch (Wels) hat er am Haken. Das macht ja richtig Spaß und wir haben mit den Gästen der benachbarten Boote mächtig Spaß. Fast vergessen wir dabei den schlafenden Jaguar am gegenüberliegenden Ufer.

Dann kommen drei Riesenotter vorbei geschwommen. Als sie den Jaguar bemerken, beginnen sie ein riesiges Geschrei, richten sich weit aus dem Wasser auf und quieken und schreien in Richtung des Jaguars. Dabei zeigen sie ihm auch noch ihre stattlichen Beißerchen. Nun ja, die sind zwar nichts gegen die des Jaguars – aber mutig sind die Riesenotter schon. Man nennt sie nicht umsonst die Wölfe der Flüsse. Der Jaguar jedenfalls schaut interessiert und scheint die Sprache der Otter zu verstehen, die da heißt: nicht mit uns.

Fast 6 Stunden stehen wir im Schilf mit Blick auf den Jaguar und schauen ihm beim Schlafen zu. Naja, wenn man nichts Besseres zu tun hat… Spaß hat es trotzdem gemacht.

Die Boote der Jaguar Eco-Lodge müssen die Szenerie eher verlassen, denn sie haben einen wesentlich weiteren Rückweg als wir. So nach und nach fahren auch die anderen Boote weiter. Wir warten, bis sich alle verzogen haben, denn diese Methode hat sich ja schon mehrfach bewährt. Diesmal leider nicht, denn der Jaguar schläft einfach weiter. So geben auch wir auf, als das Licht langsam schwindet und die Schatten länger werden.

Auf dem Rückweg zum Hotel halten wir noch kurz bei der zweiten Familie Riesenotter. Dort versuchen mal wieder die ganz kleinen Otterkinder zurück in ihren Bau zu kommen. Das gelingt nur bedingt, so dass sie doch meist von der Mutter am Nacken gepackt und hochgezogen werden müssen. Es ist faszinierend, ihnen zuzusehen. Schade nur, dass so viel Geäst im Weg ist.

Anschließend bringt uns John zurück zum Hotel. Die rasante Rückfahrt ist immer auf ihre Art „ergiebig“. Würde man den Mund öffnen, wäre man mit Ankunft im Hotel satt. Es ist bereits dunkel, als wir im Hotel ankommen. Wieder geht ein interessanter Tag zu Ende.


05.10.2013 Hotel Porto Jofre

Unsere letzte Bootsfahrt hier im Porto Jofre beginnt wie immer mit dem Morgengrauen. Schnell haben wir uns am üppigen Frühstücksbuffet satt gegessen und sind für den Tag gewappnet. Zwar haben wir auch immer eine Lunchbox mit an Bord, aber so langsam mögen wir die pappigen Sandwiches, die am Gaumen kleben bleiben, nicht mehr wirklich. Das ist aber kein Problem und Keiner nimmt Anstoß, wenn man sich am Frühstücksbuffet seine Brote zum Mitnehmen richtet. So etwas findet man selten. Überhaupt ist man hier wahnsinnig flexibel.

Noch einmal gibt John sein Bestes. Vor ein paar Tagen hatten wir unterwegs noch eine einsame Kuh am Ufer gesehen – die hat heute Nacht ihr Dasein ausgehaucht (bekommen). Nun machen sich die Geier über den Kadaver her und wir schauen uns die Augen aus dem Kopf, ob wir die Verursacher ihres Dahinscheidens entdecken können. Von einem Jaguar ist aber weit und breit nichts in Sicht. Aber das ist eigentlich auch klar, denn der hat sich den Bauch vollgeschlagen und ein voller Bauch macht bekanntlich müde. Das Kätzchen schläft jetzt und sieht natürlich keine Veranlassung, durch die Gegend zu latschen und sich mit fettem Bauch blöden Fotografen zu stellen. Also Fehlanzeige. Auch die Suche im anderen Nebenarm bleibt leider erfolglos.

Dann versuchen wir es da, wo wir gestern Abend den hübschen Burschen so malerisch auf der Uferkante sitzend, beobachten konnten. Tatsächlich liegt hier ein Jaguar in der Morgensonne und wir freuen uns über unseren 18. Jaguar. Es ist aber nicht unser Freund von gestern, sondern der, der ein kaputtes Auge hat. Nun ist nicht nur sein Auge demoliert, sondern er hat auch noch eine tiefe Fleischwunde über der Nase. Der arme Kerl sieht ziemlich mitgenommen aus. Es scheint ihm aber nichts weiter auszumachen.

Wir beobachten ihn eine ganze Weile, dann kommt er ein Stück auf uns zu, um sich direkt vor unserer Nase in den Schatten zu legen. Als er dann beschließt, uns zu ignorieren und ein Schläfchen macht, gehen wir auf die Suche nach dem nächsten Jaguar. Mal sehen, ob wir heute 20 Sichtungen voll bekommen.

Über Funk gab es wieder die Meldung einer Sichtung. Sowieso ist unsere liebste (und auch so ziemlich einzige) portugiesische Vokabel „positivo“, denn das melden die Bootsführer immer dann, wenn irgendwo ein Jaguar gesichtet wurde.

Also brettern wir mit vollem Speed (nein OK, es ist nur die halbe Leistung; aber die reicht bei den vielen S-Kurven auch schon aus, um mal ein kleines Stoßgebet zu versenden) zum nächsten Jaguar. Der liegt ebenso entspannt an der Uferkante, wie der vorherige. Immerhin blickt er interessiert in die Runde. Unsere Nr. 19 der Jaguarsichtungsstatistik zieht innerhalb kürzester Zeit auch wieder sämtlich Safariboote an, die unterwegs sind. Es fällt jedoch auf, dass relativ wenig los ist. So gibt es kaum Stress wegen der Stell- bzw. Ankerplätze. Man kennt sich schon und hat Spaß zusammen. Auch das Repertoire von Nr. 19 ist schnell erschöpft. Liegen, gucken, mit dem Schwanz wedeln, blinzeln, gähnen und mal kurz in die Runde blicken – mehr ist nicht drin.

Da fahren wir doch lieber noch einmal dorthin, wo wir heute Morgen den ramponierten einäugigen Jaguar gesehen haben. Der liegt inzwischen in Idealposition am Ufer. So langsam dürften wir zwar jede Katzenposition fotografiert haben, aber ein paar hundert Bilder (zumindest gefühlt) müssen schon noch sein. Für Abwechslung sorgen die Interaktionen mit zwei schwarzen Geiern, die immer genau dort etwas aufpicken wollen, wo gerade der Jaguar ist. Der zeigt den Geiern dann zwar ihre Grenzen auf, doch die versuchen es – wenn auch mit Schiss – immer wieder. Man könnte meinen, die suchen Streit, doch der Jaguar ist tiefenentspannt.

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Jetzt werden gleich zwei Jaguare auf einen Haufen gesichtet. Also Anker einholen und wieder los zum nächsten Platz. In der Strömung ankern, gute Position suchen und warten, denn wir sehen, dass wir gerade nichts sehen. Angeblich kommen die beiden zusammen regelmäßig aus dem Busch und drehen eine kleine Runde, sozusagen zum Beine vertreten. Geduldig warten wir. Nach und nach trudeln wieder alle Boote ein, aber von den beiden Jaguaren ist auch nach längerem Warten nichts zu sehen. Immerhin haben wir derweil eine Menge hübscher bunter Vögel bewundern können.

Als uns die Warterei zu dumm wird, machen wir uns erneut auf die Suche. Nr. 18 ist inzwischen weg, dafür finden wir einen wunderschönen grünen Leguan, der endlich mal nicht gleich panisch davon rennt. Ganz ohne Scheu und Eile frisst er sich durchs Gras.

Während unserer Fotosession mit ihm wird schon wieder eine Sichtung gemeldet. Mit fliegenden Fahnen (im wahrsten Sinne des Wortes) brausen wir zum nächsten Sichtungsort. Auch dort liegt ein Jaguar an der steilen Uferkante und blickt neugierig in die Runde. Immerhin ist das unser 20. Jaguar – eine beeindruckende Anzahl von Sichtungen und sowieso mehr, als wir jemals zu hoffen gewagt haben.

Pantanal

Bis zum Sonnenuntergang bleiben wir noch stehen. Dann fährt uns John noch einmal ein Stück Flussaufwärts. Ein letztes Mal nehmen wir dieses wunderschöne Fleckchen Erde und den umwerfenden Duft der blühenden Bäume noch in uns auf, bevor wir diese Gegend hier leider schon wieder verlassen müssen. Morgen werden wir die nächste Unterkunft im Pantanal besuchen.

Mit Einbruch der Dunkelheit erreichen wir das Hotel Porto Jofre. Wieder liegt ein langer, erlebnisreicher und sehr schöner Tag hinter uns und dankbar verabschieden wir uns herzlich von John, der uns in den letzten Tagen ein guter Führer war.


06.10.2013 Hotel Porto Jofre – Fazenda Santa Tereza

Nun geht unser Aufenthalt in Porto Jofre leider schon zu Ende. Nach dem Frühstück bleibt uns noch etwas Zeit, um uns dem Teich mit den Amazonica-Seerosen zu widmen, die nur hier vorkommen und ansonsten nur im Amazonas zu finden sind. Das sind die mit den riesig großen Blättern, die angeblich ein Kleinkind tragen können. Frag mich nur, wer das schon mal ausprobiert hat?

Hier auf dem Hotelgelände gibt es eine Menge Tiere und so wird uns die Zeit nicht lang, bis wir von einem Fahrer der Fazenda Santa Tereza abgeholt werden. Um kurz vor 10 Uhr postieren wir uns an der Landebahn, die sich direkt vor dem Hoteleingang befindet. Es dauert nicht lange, fährt erst ein Auto an uns vorbei und dann kommen zwei junge Männer auf uns zu. Sie sprechen uns auf Englisch an, ob sie uns helfen können und auf wen wir warten. Der Fahrer des PKW, der vorhin vorbei gefahren ist, habe ihnen gesagt, dass da vorn zwei Touris stehen, die bestimmt kein Portugiesisch können und aussehen, als ob sie Hilfe brauchen. Wir müssen also ziemlich bescheuert ausgesehen und/oder geschaut haben. Jedenfalls klären wir die Beiden auf, dass wir auf unseren Fahrer warten, der uns zur nächsten Fazenda bringen soll. Der eine junge Mann zückt sofort sein Handy und will in der Fazenda Santa Tereza anrufen, wo der Fahrer bleibt. Ein Hinweis, dass ja noch ein paar Minuten Zeit sind, bremst ihn ein. Nun fragt er, ob wir auch genug Wasser haben oder sonst noch etwas brauchen. Erst dann, als wir versichern, dass alles ok ist, verabschieden sich die Beiden äußerst höflich und laufen zurück. Wir sind völlig sprachlos über so viel Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit. Die Beiden sind extra wegen uns in der Hitze hier her gelaufen und wollten ohne irgendwelche Hintergedanken einfach nur helfen.

Kurz darauf biegt ein alter LKW-Chevrolet mit Safariaufbau um die Ecke. Das Fahrerhaus stammt aus den 50-er Jahren und könnte glatt eine Filmrequisite sein. Der offene Aufbau erinnert uns an die Afrika-Safarijeeps, nur haben die mehr Komfort. Ein freundlicher Fahrer sammelt uns auf und wir verstehen uns blendend – mit Händen und Füßen. Natürlich hätten wir uns auch auf die durchgehende Lederbank im Fahrerhaus quetschen können, aber diese Fahrt genießen wir on Top. Mit 70 km brettert er über die Transpantaneira und tut, als ob die erbärmlich maroden Holzbrücken (heute sind es bis zur nächsten Lodge immerhin 86 Brücken) eine Autobahn sind. Wir werden gehörig geschüttelt, aber wir haben einen grandiosen Ausblick und lassen uns den Fahrtwind um die Ohren blasen.

Völlig schockiert sind wir über die weiten, abgebrannten Flächen, die sich hier inzwischen rechts und links der Straße ziehen. Die letzten Tage hat es immer wieder gebrannt und teilweise brennt das Grasland noch. Die große Dürre, anhaltende Hitze und der nicht einsetzen wollende Regen führten in den letzten Tagen zu großen Flächenbränden. Gravelroad, Staub und verbranntes Land – schon wieder erinnert uns das an Afrika. Unser Fahrer scheint total abgehärtet und wenn er die Gänge erst mal drin und das Fahrzeug auf Geschwindigkeit gebracht hat, gibt es kein Halten mehr. Nur für einen Moment sehe ich etwas Gelbes im offenen Sumpfland liegen und bevor das in meinem Kopf angekommen ist, sind wir schon weit daran vorbei. Die Bremsen dieser alten Lady reagieren aber so abrupt, dass Gefahr für Leib und Leben besteht, wenn ich jetzt das verabredete Klopfzeichen zum Anhalten gebe. Ich glaube, dann fliegen wir schon mal voraus. Da haben wir nun endlich unsere gelbe Anakonda gehabt, aber leider nur für den Bruchteil von Sekunden. Naja, vielleicht ist uns ja das Glück noch einmal holt.

Nach 85 km erreichen wir die Fazenda Santa Tereza. Hier gibt es zwölf Zimmer, sauber und zweckmäßig. Wir kommen gerade pünktlich zum Lunch. Schon wieder schmeckt es ausgesprochen lecker und die Atmosphäre ist sehr freundlich und familiär.

Nach dem Essen erkunden wir erst einmal ein wenig das Gelände. Es gibt hier einen hohen Beobachtungsturm, von dem aus man in das Nest einer Jabiru-Familie schauen kann. In das Nest sind dann auch gleich eine Großfamilie grüne Sittiche eingezogen. Trotz sengender Hitze besteigen wir den Turm (Uwe mehr, ich weniger), um dem regen Treiben ein wenig zuzuschauen. Familie Jabiru (ein storchenähnlicher großer Vogel) hat bereits zwei Heranwachsende und der Vater bringt in seinem großen Kehlsack fleißig Wasser heran. Die hübschen Sittiche bauen emsig ihre Wohnungen aus, streiten und schnäbeln.

So vergeht die Zeit rasch bis zu unserer nächsten Bootsfahrt. Diesmal ist Maciel unser Guide und Bootsführer. Wir haben zu zweit das Boot für uns und anders als die letzten Tage geht es nicht mehr nur um Jaguare, sondern hier werden nun auch die zahlreichen anderen Tiere gewürdigt. Maciel hat ein unglaublich gutes Auge und weiß auch genau, wie er an die Tiere heran fahren muss. Es macht große Freude mit ihm unterwegs zu sein und er kennt auch alle Tiere mit englischem Namen. Er hat sogar für jeden Vogel die passenden Stimmen bzw. Rufe auf seinem Handy und kann so die Aufmerksamkeit der Vögel erregen. Das klappt ganz prima.

Schön gemütlich tuckern wir durch die Gegend. Wir entdecken sogar noch einmal solch eine olivfarbene Natter mit gelbem Schwanz und immerhin sehen wir eine tote Anakonda. Wenn wir mal wieder das Tier, das er schon lange entdeckt hat, noch immer nicht sehen, obwohl wir schon davor stehen, dann hilft er uns mit einem Laserpointer auf die Sprünge. Auf dem Rückweg retten wir noch einem Schlangenhalsvogel das Leben. Der arme Kerl hat sich in einem Gewirr von Angelschnüren verfangen und hängt fest. Mit Hilfe seines Messers kann Maciel die Angelschnüre kappen und den Vogel befreien.

Als die Sonne malerisch untergeht, weiß Maciel genau, wo er stehen bleiben kann, um uns eine grandiose Kulisse zu bieten.

Nach dem Abendessen machen wir noch einen Nightdrive. Wieder mit der alten Lady und wieder sind wir mit Maciel allein. Wir fahren erst ein wenig über das Farmgelände und dann ein Stück auf der Transpantaneira entlang. Wir sehen einen Fuchs, einen Waschbär, ein Reh, einen Ozelot und quasi vor der Haustür noch einen Tapir. Das Ergebnis kann sich doch sehen lassen.

So geht wieder ein sehr erlebnisreicher Tag zu Ende.


07.10.2013 Fazenda Santa Tereza

Heute Morgen ist mal richtig ausschlafen angesagt. Erst um 6 Uhr müssen wir aufstehen. Auch das Frühstück hier ist für unsere Bedürfnisse perfekt. Es gibt, wie bisher jeden Tag, auch morgens ausreichend frisches Obst und sogar drei Sorten (Orange, Melone, Ananas) frisch gepresste Säfte. Die verstehen uns, hier bleiben wir, denn was will man mehr?

Gleich nach dem Frühstück machen wir uns auf eine kleine Wanderung über das Farmgelände. Es gibt hier einen Weg durch den Wald, der am Fluss entlang führt. Wir sehen eine Menge wunderschöner, bunter Schmetterlinge, Zikaden mit bunter Irokesenfrisur und hübsche Eidechsen. Besonders die handtellergroßen, stahlblauen Morpho-Schmetterlinge lassen uns staunen.

Zwei Wildschweine nehmen Reißaus und eine Horde Kapuzineraffen beäugt uns so neugierig, dass ich sie mit dem Makroobjektiv fotografieren kann. Einer turnt uns dann was vor und gibt den Clown. Vom einarmigen Handstand bis zum Trampolinspringen ist alles dabei. Wir lachen uns bald schlapp über seine Darbietungen. Ein anderer Halbstarker versucht, uns Angst zu machen, indem er Zähne zeigt und droht. Kaum nehmen wir aber einen Stock in die Hand, rennt er auf und davon. Es ist eine sehr interessante, lustige und unverhoffte Begegnung mit diesen niedlichen Kerlchen.

Pünktlich zum Mittagessen sind wir zurück. Dann ist noch ein wenig Faulenzen angesagt, denn es ist heute wieder sengend heiß. Um 15 Uhr unternehmen wir unsere nächste Bootsfahrt. Wieder beeindruckt uns Maciel mit seinen Adleraugen. Der sieht auch noch aus 40 Meter Entfernung eine Fledermaus in einem Baum. Heute sucht er intensiv nach einem Tapir, doch leider ohne Erfolg. Die kommen eben nicht auf Bestellung. Dafür zeigt er uns ein kleines Reiherküken in einem Nest und einen Tagschläfer (potoo) in einem Baum, den wir nie und nimmer selbst entdeckt hätten, denn der sieht genau aus wie ein Ast. So haben wir doch wieder Neues kennen lernen dürfen. An der Höhle von Familie Riesenotter fahren wir auch vorbei, aber Otters zeigen sich leider nicht.

Dafür haben wir auf der Tour mit Maciel wieder eine Unmenge Vögel gesehen. So gibt es im Pantanal z. B. fünf verschiedene Sorten von Eisvögeln und alle haben wir bereits beobachten können.

Wieder mit gehörig viel Insekten-Gegenwind erreichen wir in der Dunkelheit die Fazenda. Schade, dass wir uns von Maciel jetzt schon verabschieden müssen. Der hat morgen frei und fährt nach Hause.

Im Zimmer wartet bereits der obligatorische Frosch in der Dusche. Selbst der erinnert uns an Afrika. Wir machen noch eine kleine Fotosession mit einem der unzähligen Frösche, die hier überall herumspringen, bevor wir wieder das leckere Abendessen genießen und viel zu viel essen, denn es schmeckt einfach köstlich.

Inzwischen finden wir sogar noch eine zweite Froschart. Die werden auch noch gepixelt; genau wie die Fledermäuse im Gebälk und der Gecko am Fliegengitter.


08.10.2013 Fazenda Santa Tereza

Heute machen wir bereits am Morgen eine Bootsfahrt. Mal sehen, ob die Vögel da anders aussehen. Die Bootsfahrt ist nicht sonderlich ergiebig. Einziges Highlight sind die grünen Leguane, die sich in den Bäumen aufwärmen. Bei Otters ist wieder keiner zu Hause. Dafür entdecken wir dann auf dem Rückweg eine Otterfamilie. Die bekommt ein paar Fische, aber die Reserven unseres Guides sind schnell erschöpft. Heute haben wir ohnehin eine ziemliche Trantüte erwischt, dem man alles vorgeben muss. Zum Glück ist noch ein Boot der Fazenda unterwegs und deren Bootsführer angelt rasch noch ein paar Fische. So können die neugierigen und verfressenen Riesenotter noch eine Weile bei Laune gehalten werden. Einer planiert erst einmal regelrecht den Strand. Diese zappligen Kerlchen zu fotografieren bringt uns ganz schön ins Schwitzen, zumal es schon wieder knackig heiß ist.

Zurück in der Lodge vertreiben wir uns noch bis zum Mittagessen ein wenig die Zeit auf dem Beobachtungsturm. Die Vogelwelt hier ist einfach gigantisch und jeder Birdy bekommt leuchtende Augen.

Wieder ist das Essen ausgesprochen lecker und so langsam beginnen die Hosen zu spannen. Fast wünschen wir uns, dass das Essen mal etwas weniger gut ist. Auch heute bekommen wir zu jeder Mahlzeit unseren frisch gepressten Fruchtsaft nach Wunsch und den gleich im 1,5 Liter-Krug.

Sobald die Hitze etwas nachlässt, machen wir uns noch einmal zu einem kleinen Erkundungsrundgang auf. Wir laufen einen schönen Weg durch den Wald, kommen an riesigen Mangobäumen vorbei, in denen mindestens drei verschiedene Arten von Sittichen fein säuberlich die noch unreifen Früchte zerlegen, um an die Kerne der Mangos zu gelangen. Von Zeit zu Zeit kommen dabei auch mal ganze Mangofrüchte mit herunter und wehe dem, der die aus 20 Meter Höhe auf den Kopf bekommt.

Im Wald treffen wir auf eine große Rotfuß-Schildkröte, die gut 15 bis 20 kg auf die Waage bringt. Ein hübsches Tier mit roten Füßen, das natürlich auch für ein paar Fotos Modell stehen muss.

Auf dem Weg entdecken wir Jaguarspuren, die allerdings schon etwas älter sind und einige frischere Spuren vom Tapir. Der holt sich offenbar die Mangoreste von den Bäumen, in denen die Papageien wüten. Wieder sehen wir die wunderschönen riesengroßen blauen Morpho-Schmetterlinge und sogar einen Kolibri entdecken wir noch. Der Jaguar hätte wahrscheinlich bei einem Zusammentreffen mit uns mehr Angst vor uns als wir vor ihm. Trotzdem treten wir den Rückzug an, zumal ohnehin gleich die Sonne untergeht. So kommen wir gerade rechtzeitig zurück in die Fazenda um die soeben heraus geschwitzten Kalorien gleich wieder anzufuttern.

Nun müssen wir noch schnell unsere Taschen packen, denn morgen verlassen wir die Fazenda Santa Tereza und reisen weiter in die nächste Unterkunft – die Pouso Alegre – ein Stück weiter nördlich im Pantanal.


09.10.2013 Fazenda Santa Tereza – Pouso Alegre

Der Tag beginnt mit einem Highlight. Wir bekommen Besuch von einem Riesentukan. Dieser bildhübsche Nashornvogel mit dem riesengroßen orangegelben Schnabel stand ziemlich weit oben auf unserer Wunschliste und stellt sich artig den vielen Fotografen.

Wieder gibt es reichlich frisches Obst zum Frühstück Und dann werden wir überpünktlich von einem Fahrer der Pouso Alegre-Lodge abgeholt. Dieser Transfer von Unterkunft zu Unterkunft klappt wirklich hervorragend.

Knapp 40 km und 20 Brücken später erreichen wir die Pouso Alegre. Jetzt, um 9:30 Uhr zeigt das Thermometer bereits 38 Grad Celsius – der Tag verspricht wieder „knackig“ zu werden. Der Empfang in der Pouso Alegre ist unbürokratisch. Louis, der Besitzer, musste mit seinem Wagen nach Poconé, so dass gerade Keiner da ist. Die Putzfrau schließt uns ein Zimmer auf und schon gehören wir hier her. Zum Glück werden wir schon sehnlich erwartet und der nächste junge Mann – ein deutscher Researcher – weiß sofort, wer wir sind. David, ein verrückter Ami, den wir immer wieder auf den Jaguar- Bootstouren um Porto Jofre herum getroffen haben, ist bereits seit ein paar Tagen hier, hat uns schon angekündigt und freut sich bereits auf uns.

So erfahren wir von dem jungen Mann, der sich als Sebastian vorstellt, ein deutschen Researcher; sprich Biologiestudent ist und hier forscht, das Notwendigste. Später informiert uns David dann über alles, was wir wissen sollten. Wir verbringen einen netten Nachmittag mit ihm, werden in die fotografisch interessanten Spots eingeweiht, haben eine Menge Spaß und auch noch unzählige Fotomotive direkt vor der Haustür. Ein Schauspiel der besonderen Art liefert uns dann auch gleich ein Waran, der ein Hühnerei stibitzt hat und sich nun krampfhaft bemüht, es zu zerbrechen, damit er an den köstlichen Inhalt kommt.

Fast schon freuen wir uns darüber, dass das Essen hier nur gut, aber nicht so grandios ist, wie in den letzten beiden Unterkünften, denn sonst nehmen wir noch 5 kg Übergewicht auf den Hüften mit nach Hause. Dafür ist der Caipirinha umso leckerer, was es auch nicht viel besser macht für unsere Hüften.

Hier in der Pousada gibt es einen Hide, der allerdings 3,5 km bzw. 45 Minuten Fußmarsch entfernt ist. Dorthin begeben wir uns am frühen Nachmittag, nachdem wir vorher etwas neidisch Davids Fotoausbeute der letzten Tage von hier bewundert haben. Ameisenbär, Nasenbär, Hyazinth-Aras und eine Menge anderer interessanter Motive sind ihm quasi im Sitzen zugewandert. Die Tierwelt hier ist wirklich beeindruckend umfangreich.

Schon auf dem Weg zum Hide treffen wir auf einen Nasenbären, dem wir uns recht gut nähern können. Der süße Kerl lässt sich auf Anhieb vollformatig ablichten und wir sind total happy. Später im Wald treffen wir noch einmal auf eine Gruppe und sind überrascht, wie wenig die Nasenbären scheu sind. Mit großen Augen schauen sie uns neugierig in die Kamera.

Auf dem Weg zum Hide kommen wir an kleinen Seen vorbei, die voller Kaimane sind. Hier möchte man nicht ins Wasser fallen. Das denken wohl auch die Capybaras, denn die sitzen alle auf der Straße statt am Ufer.

Am Hide angekommen müssen wir nicht lange auf Tiere warten. Zuerst kommt eine Gruppe von 5 Nasenbären, ein Aguti, dann drei Rehe und tatsächlich kommen nacheinander auch zwei Tapire zum Trinken. Wir sind total begeistert über unser Glück. Das hätten wir uns nicht zu träumen gewagt, dass wir Tapire noch im letzten Tageslicht erwischen. Da sind die vielen Vögel quasi nur ergänzendes Unterhaltungsprogramm.

Als Letzte verlassen wir den Hide und laufen bei einbrechender Dunkelheit zurück zur Unterkunft. Ausgerechnet am Kaimantümpel macht dann unsere Taschenlampe schlapp – ein tolles Timing. Gut, dass die Viecher alle im Wasser liegen und tausende von roten Punkten uns entgegen leuchten. Außerdem sind Kaimane ziemlich feige und der Mensch steht ohnehin nicht auf ihrem regulären Speiseplan.

Wir erreichen die Pousada in 45 Minuten, haben noch genug Zeit für eine kurze Dusche und stehen dann Hufe scharrend vor dem Abendbuffet. Man nimmt es hier nicht so genau mit den Essenszeiten; genau wie mit allem anderen. Dafür ist der Naturreichtum hier einfach überwältigend und wiegt die kleinen Nachlässigkeiten mehr als auf. Nach dem Abendessen wartet eine ganz besondere Aktivität auf uns. Herbi und Yvonne – zwei Schweizer – sind ebenfalls hier einquartiert und Herbi ist absoluter Schlangenexperte. So nutzen wir die Chance und gehen heute Abend mit auf Schlangensuche. Mit von der Partie sind natürlich auch David und die drei deutschen Researcher, die hier für ihren Studien- bzw. Doktorarbeiten forschen. So machen sich neun Leute in stockdusterer Nacht im feuchten Flussbett auf die Suche nach Schlangen. Herbi hat seine Spezialhandschuhe dabei und es dauert auch gar nicht lange, bis er fündig wird. Für uns sieht es aus, als ob er strauchelt und in einen Busch fallen will; aber weit gefehlt – triumphierend hält er eine hübsche kleine, schwarz-weiß gemusterte Schlange in den Händen – eine Sibynomorphus Turgidus oder gemeine bolivianische Baumschlange Die wird sofort einem Fotoshooting unterzogen und ausgiebig besichtigt. Dann geht es weiter durch dichtes Krautwerk und Matsch, denn Schlangen lieben feuchten Boden. Drei Schlangen finden David und Herbi und alle sind happy. Das können auch die abertausend kleinen Fliegen und Mücken, die uns umschwirren, nicht verderben. Zu weiteren Forschungszwecken haben Louis und die Forscher die hübsche schwarz-weiße Baumschlange gleich mitgenommen. In Ermangelung eines geeigneten Behältnisses wird sie kurzerhand in Sebastians Trinkflasche einquartiert. So sind wir bis um Mitternacht unterwegs und lernen ein wenig über Schlangen dazu. Spannend ist das auf jeden Fall. Auf der Rückfahrt sehen wir dann sogar noch unmittelbar neben dem Auto einen Ameisenbär. Der lässt sich zwar nicht so schnell fotografieren, weil er gleich Reißaus nimmt, aber wir haben ihn immerhin gesehen.


10.10.2013 Pouso Alegre

Um 5 Uhr wird es hell und während wir uns noch müde die Augen reiben, rennen schon die ersten Gäste wieder mit der schussbereiten Kamera herum. Von David wissen wir, dass sich die wunderschönen blauen Hyazinth-Aras morgens auf bestimmten Bäumen in der Sonne wärmen. So bekommen wir die größten Papageien malerisch drapiert im ersten Licht.

Weiter geht es mit unzähligen hübschen Vögeln, dem Nacktgesichthokko, den schön gezeichneten Waranen, Vampirfledermäusen mit einem Horn auf der Nase, die im Pferdestall abhängen, Nandus, die gelassen über den Hof der Pousada stolzieren, grünen Sittichen, die sich lautstark in den Mangobäumen unterhalten, eine große Perleneidechse, Kolibris und, und, und … Die Vielfalt hier ist unbeschreiblich.

Weit vor dem Frühstück haben wir bereits eine Unmenge toller Fotomotive im Kasten und schnell begriffen, dass man hier am besten keinen Schritt ohne Kamera geht.

Pantanal

Zum Glück reisen die vielen Gruppen heute schon wieder ab und so unternimmt Louis, der Besitzer der Pousada, mit uns, David und Ron, einem 75-jährigen vogelbesessenen Engländer, einen Ausflug zu einem See auf dem Farmgelände. Der ist etwa einen Quadratkilometer groß und darin leben annähernd 7.000 Kaimane. Das ist schon eine ziemlich beeindruckende Kaimandichte. Viele der Tiere liegen am Ufer, haben aufgrund der großen Hitze das Maul offen und wir bekommen endlich die Fotos, die wir uns vorgestellt haben.

Lange hält man es in der Sonne aber nicht aus. So bringt uns Louis bald wieder zurück zur Pousada, wo wir den Rest des Vormittages abwechselnd mit Herumlaufen, Fotografieren und Nichtstun verbringen.

Nach dem Lunch bietet Louis uns den Shuttle zum Hide an. Den nehmen wir dann auch in Anspruch, denn die Hitze ist echt schweißtreibend. So verbringen wir den Nachmittag am überdachten Hide, regen uns über den bekloppten Guide der anderen Gruppe auf, der hier ständig in der Gegend herumlatscht, sich lautstark mit seinem Fahrer unterhält und dann auch noch pampig wird, als wir ihn bitten, das zu unterlassen. Naja, aber kleine Strafen bekommt man sofort. Seine Gruppe geht um 5 Uhr und kurz darauf kommen drei Tapire zum Hide. Zuerst kommt eine Mutter mit ihrem Kind und dann noch ein einzelner Tapir aus der anderen Richtung. Geduld macht sich eben doch bezahlt und wir sind total happy.

Überhaupt war der Nachmittag abwechslungsreich; eine große Gruppe Nasenbären, aufrecht laufende Kapuzineraffen, zwei Krabbenfüchse, drei Nashornvögel, Agutis, Rehe und immer wieder eine Menge Vögel, die Ron in pure Verzückung versetzen.

Wir bleiben bis zur Dunkelheit am Hide, dann sammelt Louis uns wieder ein. Ein toller Platz und das Schöne ist, dass die Tiere nicht übermäßig scheu sind.

Während wir beim Abendessen sitzen, kommt ein heftiger Wind auf und dann regnet es wolkenbruchartig. So schnell, wie es gekommen ist, hat sich das mit dem Regen aber auch wieder erledigt. Als ganz in der Nähe ein Blitz einschlägt, wird Louis ziemlich unruhig. Man merkt ihm die Sorge um sein Land an. Eigentlich wollten wir heute Abend eine normale Nachtsafari machen, aber das verkneifen wir uns in Anbetracht des Wetters. So kommen wir dafür mal etwas eher ins Bett.


11.10.2013 Pouso Alegre

Morgens um 5 Uhr kracht bei unserem Nachbar, dem vogelverrückten Engländer Ron die erste Bierdose; für uns das Zeichen zum Aufstehen. Der Tag beginnt mit einem Brüllaffen im benachbarten Papaya-Baum. Heute ist es ziemlich bewölkt, hat ganz vernünftig abgekühlt und lange lässt auch der Regen nicht auf sich warten. Es ist aber noch so warm, dass die Feuchtigkeit gar nicht auf dem Boden anzukommen scheint. Wir entschließen uns dennoch, zum Hide zu laufen, nachdem wir gefrühstückt und noch etwas abgewartet haben. Unterwegs sehen wir einen der ganz kleinen Seidenäffchen von Baum zu Baum springen, aber an ein Foto ist leider nicht zu denken.

Heute sind die Sichtungserfolge am Hide erwartungsgemäß mager. Außer einem Aguti, einem Reh, zwei Tukanen und ein paar anderen hübschen Vögeln kommt nichts vorbei. Dafür treffen wir die beiden Biologinnen, die gerade in der Nähe des Hide eine Fotofalle installiert haben.

Mittags laufen wir zurück zur Fazenda, um uns nach dem Mittagessen zusammen mit David von Louis wieder zum Hide fahren zu lassen. Dort verbringen wir den Nachmittag, der aber ähnlich unaufgeregt ist, wie der Vormittag. Mehr als eine Rotfußschildkröte kommt nicht vorbei. Dafür haben wir viel Spaß, denn David hat ebenfalls eine Fotofalle mitgebracht und die installieren wir am Hide.

Um 17 Uhr holt uns Louis wieder ab. Unterwegs sammeln wir noch Ron ein, der vor irgendeinem Vogel gesessen hat und dann bringt uns Louis zurück zur Fazenda. Dort bekommen wir ziemlich lange Gesichter, denn heute kommen 18 neue Gäste und deren Gepäck steht hier schon mal überall rum. Die Pousada sieht aus wie okkupiert. Kein Stuhl, keine Bank, kein Tisch ist frei – überall liegen Berge von Gepäck und Bekleidung. Selbst die Tür zum Speiseraum müssen wir erst frei legen. Am Abend fällt die Horde schwedischer Fotografen ein, die meint, sie sei allein hier und fast könnte man den Eindruck gewinnen, Wasas Untertanen wollen es noch einmal mit der Gründung einer Kolonie versuchen. Nun ist es jedenfalls vorbei mit der Ruhe und wir fühlen uns wie im Hühnerstall. Eine Gruppe von 18 Leuten ist einfach zu viel und mehr, als wir ertragen können.

Wir machen heute Abend mit Louis, David, den deutschen Researchern und dem brasilianischen Guide der Gruppe noch einen Nachtdrive. Erst will Louis wieder im Flussbett nach Schlangen suchen, doch nach dem Regen von heute Morgen versinken wir im Matsch. Im Wald finden wir immerhin zwei riesige Taranteln. Die eine ist größer als eine Männerhand und wunderschön gezeichnet. Auch ein Baumfrosch lässt sich entdecken. Louis kontrolliert gleich noch seine Schlangenfallen, doch die sind heute leer. Er fährt ein Stück weiter und auf einer offeneren Fläche suchen wir nun nach Vipern und Co. Eine Viper finden wir nicht, aber eine wunderschöne grüne Parrotsnake (Schlanknatter) entdeckt der brasilianische Guide. Schade, nun fehlt Herbi, denn der hätte mit seinem Handschuh beherzt zugegriffen und uns mehr zu der Schlange erzählen können. So wird die wahnsinnig hübsche und ziemlich lange Schlange leider gar nicht richtig gewürdigt und sie zieht es vor, sich schleunigst zu verziehen.

Auf dem Weg zurück zur Unterkunft treffen wir sogar zweimal auf einen großen Ameisenbären und quasi vor der Haustür sehen wir noch drei kleinere Exemplare. Nur ein vernünftiges Foto ist leider nicht zumachen. Aber wir trösten uns damit, dass wir dieses eigenwillig aussehende Tier immerhin betrachten konnten.

Vor der Tür der Unterkunft ist derweil ein Maikong, ein Krabbenfuchs, unterwegs und kann sich schon mal über die riesigen Schaben her machen, die wir ihm – erschlagen – vor die Tür getreten haben. Lecker ist was anderes aber Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden.


12.10.2013 Pouso Alegre

Heute Morgen sind wir in der Minderheit; sowohl gegenüber den Ameisen, die in unser Zimmer eingefallen sind und ein Heer bilden, als auch gegenüber den Schweden, die über das Frühstücksbuffet her fallen. Die bringen es tatsächlich fertig, die Brotscheiben, die sie schon auf ihrem Teller und am Platz hatten, am Ende ihres Frühstücks wieder in den Brotkorb zu packen. Ansonsten wird sowieso alles mit den Finger angefasst und man versteht sein eigenes Wort nicht mehr. Nur gut, dass die Truppe morgen wieder abreist. Leider ist nicht Jeder in der Lage, dieses Problem wie unser crazy-english-man zu lösen. Der pfeift sich um 5 Uhr morgens 3 Wassergläser Whisky rein und kann dann entspannt drein schauen. Und da scheinbar die Wirkung des Alkohols nicht schnell genug einsetzt, schnüffelt er noch an seinen Socken, die er malerisch drapiert und für jeden sichtbar zusammen mit seinen Unterhosen und seinem Taschentuch auf der Brüstung der Veranda dekoriert hat. Zum Beweis seines guten Benehmens pinkelt er dann auch gleich noch vor die Tür und findet das alles vollkommen ok. Wir haben viel Spaß mit ihm.

Den Morgen verbringen wir gemütlich vor der Pousada, denn zum Glück sind die Smörrebröds im Gelände unterwegs. Es ist wieder recht heiß und wozu bewegen, wenn die Tiere freiwillig vor die Linse laufen. Ich widme mich dem Brüllaffen, der es sich im Feigenbaum gemütlich gemacht hat. Als der schläft, läuft ein Aguti vor die Linse und schaut verdutzt. Zwei Hyazinth-Aras, die sehr monogam leben, sitzen verliebt schnäbelnd im Baum. Quasi aus dem Liegestuhl fotografieren wir Kolibris, goldfarbene Spechte und unzählige Vögel, ein Maikong (Krabbenfuchs) schaut vorbei, die Nandus stolzieren über den Hof, Warane schleichen um die Küche und zwei Nasenbären sind auch unterwegs. Es ist das Paradies, das ja bekanntlich jeder anders definiert.

Nach dem Mittagessen lassen wir uns von Louis zum Hide bringen. Dort prüfen wir zuerst die Ergebnisse der Kamerafalle. Naja, viel ist da irgendwie nicht drauf. Ein paar Männerbeine von Uwe und David, einige Vögel; mehr nicht. David beschließt, die Kamera noch einen Tag hängen zu lassen.

Nun warten wir, dass hier am Hide was passiert. Der Adler im angrenzenden Feigenbaum greift sich von Zeit zu Zeit einen Fisch aus dem Wasser, der Kaiman im Tümpel bekundet lautstark brüllend seinen Unmut, eine Rotfußschildkröte kommt vorbei, die Nasenbärenfamilie mit ihren 7 Familienmitgliedern erscheint, ein Marshdeer (Sumpfhirsch) grast neben uns und über dem Hide brüten die hübschen gelbbäuchigen Schwefeltyrannen.

Um 17 Uhr kommt Louis, um David abzuholen. Wir wollen noch etwas bleiben, denn wir haben die Hoffnung, dass auch heute wieder Tapire kommen, noch nicht aufgegeben. Leider warten wir vergeblich, doch kaum ist das Auto weggefahren, kommen zwei Krabbenfüchse vorbei.

Nun machen auch wir uns auf den Rückweg. Verwundert stellen wir fest, dass am Kaiman-Tümpel kaum etwas los ist. Wo sind die denn alle hin? Die müssen sich doch in dem Tümpel langsam stapeln. Unterwegs entdecken wir noch die Höhle von den hübschen Spechten mit weißem Kopf und gelbem Ring um die blauen Augen, die gerade ihren Nachwuchs „lüften“. Aber auch die Flora ist durchaus beachtenswert. Exotische Früchte und faszinierende Samen erregen unsere Aufmerksamkeit. 

Zum Dinner müssen wir noch einmal die schwedische Invasion ertragen. Ungefähr 42 Leute reden durcheinander, stürzen sich über das Buffet wie Heuschrecken, benehmen sich, als ob sie hier bereits zu Hause sind und gehen uns auf den Zeiger. Nun kommen auch noch neue Gäste; amerikanische Studenten, und wir fragen uns, wo Louis die alle hin packt. Wahrscheinlich werden die nach dem Einschlafen an die Wand gelehnt. Unsrem David geht das Herz auf, als er die hübschen Mädchen sieht.

Während wir noch ein paar Aufnahmen von den leuchtenden Augen im Kaimantümpel machen, verteidigt David tapfer unsere drei Stühle gegen die Smörrebröds. Schließlich möchten wir am Abend noch unsere gemeinsame Zeit bei leckerem Caipirinha und chilenischem Rotwein beschließen, denn morgen heißt es für uns, von der Pousada und von David Abschied zu nehmen.

13.10.2013 Pouso Alegre – Araras Eco Lodge

Heute Morgen wechseln wir quasi aufs Nachbargrundstück. Wir verabschieden uns von David, der nun noch einen einsamen Tag hier verbringen wird und leider nicht zu überreden war, uns zu begleiten. Louis bringt uns zur Araras Eco Lodge. Auf dem Weg dorthin sieht er im Sand eine kleine Schlange liegen, lenkt das Fahrzeug in den Busch, damit er sie nicht überfährt und springt aus dem noch fahrenden Wagen. Wir schauen nur ziemlich blöd aus der Wäsche und müssen erst einmal die Zentralverriegelung öffnen, damit wir auch schauen können. Endlich können auch wir das kleine Schlangchen besichtigen, das ziemlich bissig ist. Es ist wieder so eine wunderschön gezeichnete falsche Viper, wie wir sie schon im Flussbett gefunden hatten. Louis ist ganz aufgeregt. Wir machen schnell noch ein kleines Fotoshooting, bevor Louis sie wieder in die Freiheit entlässt. Nun nimmt er uns noch mit, seine Schlangenfallen zu kontrolliere, doch leider sind keine Schlangen darin.

Ca. 10 Minuten später erreichen wir so gegen 8:30 Uhr die Araras Eco Lodge; die komfortabelste Lodge im Pantanal. Das, was bei Louis zu leger ist, ist hier zu steif und schon nach einer halben Stunde vermissen wir David.

Nach dem Begrüßungsdrink werden wir erst einmal um das Gebäude geführt und bekommen das Müllentsorgungs- und Abwassersystem der Lodge erklärt. Weiter geht die Unterrichtslektion von Frau Oberlehrerin mit Belehrungen zu den Gefahren, die im Pantanal alle lauern. Wir verdrehen schon die Augen. Hier auf dem Gelände der Lodge gibt es drei Beobachtungstürme. Wir dürfen aber erst hin, wenn unser Guide mit uns dort war. Der Guide ist aber noch unterwegs. Rein theoretisch müssten wir jetzt also warten, bis der Guide kommt, damit wir uns hier bewegen dürfen. Das ist natürlich so gar nicht nach unseren Vorstellungen. Inzwischen wird zum Essen geläutet und es gibt auch hier: Reis mit Bohnen – was sonst? Langsam kommen uns die Bohnen schon aus den Ohren raus und der Reis sowieso. Haben wir vielleicht Dschungelcamp gebucht? Zum Glück gibt es aber auch noch Alternativen. Trotzdem kann das Essen hier qualitativ nicht mit den ersten beiden Unterkünften mithalten.

Nach dem Mittagessen ist Siesta angeordnet. Noch immer hat sich trotz mehrfacher Nachfrage kein Guide bei uns blicken lassen. Inzwischen haben wir schon mal Hide Nr. 2 erkundet und sind bereits auf der Suche nach Hide Nr. 3 auf der anderen Straßenseite der Lodge.

Um 15 Uhr gibt es Kaffee und Kuchen und um 16 Uhr lässt sich dann auch Herr Guide herab, uns zu begrüßen. Ein arroganter junger Schnösel. Er hat 6 Gäste zu betreuen und macht am Nachmittag eine Safaritour mit uns. Wir bekommen Sitzplätze zugewiesen (das haben wir noch nie erlebt) und als erstes verpasst er eine große Gruppe von Affen in einem Baum, die ich ihm dann zeige. Es sind Brüll- und Kapuzineraffen. Er sieht nur die Kapuzineraffen und will mir erklären, dass die Brüllaffen Kapuzineraffen sind, bis ihm sein Kollege die andere Gruppe zeigt. Als nächstes fahren wir an Nasenbären und auch noch an den Hyazinth-Aras vorbei, die er ebenfalls nicht sieht. Immerhin begreift er dann, dass ich gerade seinen Job mache. Das ist ihm wenigstens peinlich und auf einmal switcht er ziemlich um und wird zugänglich. Immerhin begreift er schnell, dass er für uns nicht die Kindergärtnerin geben muss.

Auf der Fahrt sehen wir ein sechsbändiges Gürteltier und einen Tayra (marderähnlich, aber größer), die aber beide sein Kollege entdeckt.

Wir fahren noch auf eine Farm, die die typischen Pantanalpferde züchtet und sich auch mit der Aufzucht von Sittichen beschäftigt, die dann ausgewildert werden. Die hübschen Vögel sitzen überall herum und sprechen bzw. singen auch ganze Lieder, was viel Spaß erzeugt. Wir haben unsere Freude, denn dank Handaufzucht sind sie auch gar nicht scheu.

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Anschließend besichtigen wir noch die Pferdeställe und einer der Stallburschen führt stolz das erfolgreichste Pferd vor.

Außer ein paar hübschen schwarzen Gänsen und einem Fuchs, den Uwe entdeckt, sehen wir dann auf dem Rückweg nicht mehr viel.

In der Lodge wird das Dinner serviert. Wieder umgibt uns dank 42 Leuten, die gleichzeitig Futter fassen, eine unglaubliche Geräuschkulisse. Diesmal ist es eine große Gruppe Franzosen, die hier untergebracht ist. Anschließend machen wir noch zusammen mit dem lustlosen Guide einen Nachtspaziergang. Der führt einmal bis zur Straße und zum Hintereingang wieder rein. Von einem Waschbär abgesehen, den wieder ich entdecke, sehen wir rein gar nichts. Das war dann mehr ein Verdauungsspaziergang.


14.10.2013 Araras Eco Lodge

Gegen 5 Uhr morgens wird es langsam hell und so machen wir uns heute Morgen allein auf die Suche nach einem Ameisenbär. Allerdings müssen wir bis 7 Uhr wieder zurück sein, denn es gibt nur von 6 bis 7 Uhr Frühstück. So bleibt unser Radius sehr eingeschränkt. Eine Stunde hin und eine zurück, mehr ist nicht drin. Auf dem Rückweg sehen wir das Safarifahrzeug der Lodge, das offenbar eine Morgensafari macht bzw. Leute vom Aussichtsturm abholt, die dort zum Morgenerwachen hingelaufen sind. Davon hatte uns der Blödmann kein Wort gesagt, obwohl er wusste, dass wir morgens raus wollten. Der Guide, der gestern ebenfalls mit an Bord war, sammelt uns auf und nimmt uns mit zurück. Kurz vorher hat diese Gruppe auf dem anderen Weg einen Ameisenbären gesehen. Unser Tag beginnt mit Begeisterung! Hier geht es offenbar nicht darum, was die Gäste machen wollen, sondern worauf gerade der Guide Bock hat.

Nach dem Frühstück steht für unsere Gruppe Kanufahren und angeln auf dem Programm. Darauf haben wir keine Lust. Wir klinken uns aus und machen noch einen Spaziergang auf dem Weg, auf dem wir gestern die hübschen Brüllaffen gesehen haben. Heute sind aber so viel Moskitos unterwegs, dass es echt keinen Spaß macht. So setzen wir unseren Spaziergang im offenen Gelände fort, denn es ist bewölkt und dank kleinem Luftzug ganz gut auszuhalten. Außer ein paar Agutis und einer Großfamilie Nasenbären sehen wir aber nichts. Unser GPS verrät uns, dass der Hide von Louis auf dem Gelände der Pouso Alegre nur 5 km entfernt ist.

In der Lodge belagern wir noch ein wenig die Hyazinth-Aras, dann wird um 11:30 Uhr auch schon zum Mittagessen geläutet. Inzwischen ist eine holländische Familie mit Kleinkind (ca. 2 1/2 Jahre) angekommen und das Kind quakt und will beschäftigt werden. Gleich vor der Haustür, keine 40 Meter entfernt, befinden sich die Kaimantümpel mit hunderten von Kaimanen und dieses kleine blonde Käsehäppchen hat genau die richtige Größe für einen Kaimansnack. Es gibt Dinge, die verstehen wir einfach nicht und mit einem Kleinkind Urlaub im Pantanal zu machen, gehört auch dazu.

Wir starten so gegen 14 Uhr zur nächsten Wanderung. Noch immer brennt die Sonne erbarmungslos, doch hin und wieder schieben sich auch ein paar Wolken davor. Die Moskitos sind heute besonders lästig und im Wald ist es kaum auszuhalten. So laufen wir ein Stück, suchen uns immer mal ein schattiges Plätzchen an einem der vielen Wasserlöcher und halten Ausschau nach tierischen Gästen. Denen scheint es aber auch zu warm zu sein, denn viel mehr als ein paar Nasenbären, den recht dümmlich drein schauenden Capybaras und natürlich zahlreichen Vögeln bekommen wir nicht vor die Linse.

Wir laufen bis zum dritten Hide, erklimmen den gut 18 Meter hohen Aussichtsturm und schauen direkt auf ein Jabiru-Nest. Die jungen Jabirus – drei an der Zahl – sind schon recht groß und stehen zusammen mit den Eltern im Nest, die versuchen, ihren Jungen etwas Schatten zu spenden. Wir machen ein paar Fotos, derweil braut sich ein Gewitter zusammen. In der Ferne regnet es bereits und wir sehen einen Regenbogen. Nun legen wir keinen gesteigerten Wert darauf, hier zusammen mit allen Papieren und unserem Equipment eine Freilanddusche zu nehmen, also machen wir uns im Laufschritt, das Regencape vorsichtshalber schon mal in der Hosentasche, auf den Rückweg. Außer heftigem Wind und dunklen Wolken kommt aber nichts und so erreichen wir trocken und geschafft die Lodge. Dort sind glücklicherweise kaum neue Gäste angereist, die große Gruppe Franzosen ist weg und es herrscht eine göttliche Ruhe.

Am Abend können wir relativ beruhigt einen Caiprinha trinken, denn 20 km sind wir heute mindestens gelaufen. Das beruhigt das Gewissen ungemein.

Auf dem anschließenden Nightdrive geben die beiden Guides alles. Wir sehen zwei Eulen, eine Waschbärin mit zwei Jungen, einen kleinen Fuchs, einen Tayra und sogar einen Tapir. Da sind die Guides richtig aufgeregt.

Als wir gegen 20:30 Uhr zurück zur Lodge kommen, ist bereits alles dunkel, Bar und Rezeption geschlossen, alle Lampen gelöscht und uns bleibt nichts anderes übrig als zu Bett zu gehen.


15.10.2013 Araras Eco Lodge

Noch einmal wollen wir vor dem Frühstück auf die Suche nach dem Ameisenbär gehen. Wir sind bereits gewaschen und abmarschbereit, als wir feststellen, dass es regnet. Also können wir mit ruhigem Gewissen noch zwei Stunden schlafen. Es weckt uns dann die Glocke, die zum Frühstück läutet. Das Frühstücksangebot ist eher bescheiden, so dass das Ganze schnell erledigt ist.

Um die Gäste zu beschäftigen wird eine Morgensafari auf der Transpantaneira durchgeführt. Vielmehr kann man im Moment nicht anstellen. Unterwegs halten wir an jedem Vogel und beim dritten Habicht in 200 Metern Entfernung hält sich unsere Begeisterung dann sehr in Grenzen. Dafür ist der Guide total aus dem Häuschen und meint, einen sehr seltenen und auf der Durchreise befindlichen Habicht zu sehen. Er zeigt ihn uns auch gleich in seinem Buch. Wir fragen uns allerdings, wie er den Vogel von einem sehr ähnlichen Exemplar auf diese weite Distanz unterscheiden kann. Unsere mangelnde Begeisterung bringt ihn dann auch richtig in Rage. Nachdem wir ein ganzes Stück die Transpantaneira herunter und wieder herauf gefahren sind, kann einem der arme Kerl schon fast leidtun, denn es zeigen sich keine Tiere. Außer ein paar Rehen in der Ferne und eben einigen Vögeln gibt es nichts zu sehen. Gegen 10 Uhr sind wir zurück und verbummeln noch etwas die Zeit bis zum Mittagessen.

Den Weg zum Hide verkneifen wir uns, denn die Moskitos sind unerträglich und fressen uns bald auf. Obwohl ich in „Autan“ und mittlerweile auch noch in „Anti-Brumm“ bade, scheint das die Viecher nicht davon abzuhalten, mich auffressen zu wollen. Wie immer wird Uwe von den Moskitos weniger stark belästigt als ich. Mir halten weder DEET noch Icaridin die gefräßigen Biester vom Leib. Ich habe gefühlte 100.000 Stiche und kann nur hoffen, dass kein Moskito mit Dengue-Fieber dabei war. So treiben wir uns noch ein wenig am Kaimantümpel vor der Haustür rum.

Längst haben sich derweil die Regenwolken verzogen und schon sticht die Sonne wieder erbarmungslos. Langärmelig und langbeinig zu gehen, ist bei diesen Temperaturen leider reine Theorie.

Nach dem Essen machen wir eine kleine Wanderung und kaum sind wir ein Stück im Gelände, treffen wir schon auf die ersten Tiere. So sehen wir u. a. eine Rotte Wildschweine mit sieben Jungen, plötzlich steht ein Tayra vor uns und schaut uns neugierig an, bevor er rasch im Busch verschwindet, eine Rotfußschildkröte kreuzt unseren Weg und eine Gruppe Hyazinth-Aras fliegt aufgeregt schreiend an uns vorbei. Im nahen Wald machen die Brüllaffen Ihrem Namen alle Ehre.

Pantanal

Der unbefestigte Weg ist erhöht angelegt, so dass man einen guten Überblick über das Gelände hat. Wir haben unsere Walkstool-Stühle mit dabei und so setzen wir uns mitten auf die Straße in den Schatten eines Baumes. Es dauert nicht lange und wir machen beide ein Nickerchen. Das muss ein Bild für die Götter sein, wie wir hier mitten auf der Straße sitzen und schlafend die Kamera auf dem Schoß haben. Ein Fuchs jedenfalls sieht uns, und dreht rasch ab, was man ihm nicht verdenken kann.

Zum Sonnenuntergang kehren wir in die Lodge zurück. Trotz „Powernapping“ sind wir 14 km gelaufen und haben uns einen oder auch zwei Caipirinhas verdient. Da morgen fast alle Gäste abreisen, verbringen wir noch gemeinsam einen netten Abend, in dessen Verlauf wir feststellen, dass die beiden netten Schweizer Mädchen Arbeitskolleginnen von Uwe sind. Das sorgt für ziemlich viel Spaß und zeigt wieder einmal, wie klein die Welt ist.


16.10.2013 Araras Lodge – Pousada Piuval

Die Nacht war kurz und der Tag muss heute ohne uns erwachen. Der Guide hatte für den Sonnenaufgang am Aussichtsturm hinter der Lodge geworben, doch da muss er heute allein hin. Es reicht schon, dass es nur von 6 bis 7 Uhr Frühstück gibt und wir dann hier rumsitzen, bis wir um 9 Uhr abgeholt werden. Für uns beginnt die letzte Station unserer Reise. Wir werden noch drei Tage in der Pousada Piuval verbringen, bevor uns der einbrechende deutsche Winter in seine Arme schließt.

Pünktlich um 9 Uhr holt uns ein Fahrer der Pousada Piuval ab, ist uns dabei behilflich, unsere Taschen zum Schutz vor Staub in die mitgebrachten Müllsäcke zu packen, bevor sie auf der offenen Ladefläche des Pickup verstaut werden. Erst unterwegs erfahren wir, dass es der Besitzer der Pousada selbst ist, der uns abholt. Die Familie von Eduardo besitzt das Gebiet in der 5. Generation.

20 km und zwei Brücken später verlassen wir die Transpantaneira und biegen zur Pousada Piuval ab. Insgesamt liegen somit 134 mehr oder weniger abenteuerliche Brücken und eine holprig, staubige Wellblechpiste auf der 145 km langen Transpantaneira hinter uns. Inzwischen hat die Landschaft in überwiegend offenes Grasland gewechselt.

Nun betreten wir Birdy-Land, denn hier in der Pousada Piuval ist vor allem das Paradies der Birdwatcher (Vogelbeobachter) und die sind hier eindeutig in der Überzahl.

In der Pousada Piuval werden wir sehr freundlich empfangen und es wird uns auch gleich unser englisch sprechender Guide Jean vorgestellt, der sich die nächsten Tage um uns kümmern wird. Jean werden wir uns mit zwei entzückenden älteren britischen Herrschaften teilen. Auch sie stehen bereits zu unserer Begrüßung bereit. Nun ist es nicht besonders schwer zu erraten, welches Hobby die Beiden frönen, die einem britischen Katalog entsprungen zu sein scheinen: Wir haben es mit eingefleischten Birdys zu tun. Angela und Robert sind straff über 70, Robert trägt ein Hörgerät und hört nur, was Angela ihm „übersetzt“ und auch, wenn sie sich sonst vermutlich mit dem Rollstuhl in den Flieger bringen lassen, sind sie hier immer vorne dran. Ihre Fitness wird uns später noch großen Respekt abringen.

Wir haben genug Zeit, unser Zimmer zu beziehen, zu Mittag zu essen und uns ein wenig auf dem Gelände der Pousada zu orientieren. Das Personal hier in der Pousada ist ausgesprochen freundlich, die Ausstattung der Zimmer etwas in die Jahre gekommen aber sauber und die Pousada schön gelegen. Man blickt weit über eine Ebene. Um 15:30 Uhr startet der erste „Ausritt“. Das ist fast wörtlich zu nehmen, denn wir fahren mit einem Pickup. Unsere Birdys haben ihr Teleskop incl. Stativ dabei und wir nehmen auf der Ladefläche des Pickup, einem Toyota Hilux, Platz. Für unseren Komfort schleppt Jean eine Korb-Sitzbank mit einem dicken Kissen herbei. Die wird auf die Ladefläche gestellt und dort sitzen wir wie Elizabeth und Philip. Nun hat aber die Korbbank schon lange ihre beste Zeit hinter sich und während sie im Stehen „nur“ quietscht und knarrt, ächzt und stöhnt sie ganz furchtbar, als Jean offroad ins Gelände fährt. Wir sitzen etwas verkrampft, trauen uns nicht, uns anzulehnen, denn die Halterung der Lehne ist bereits gebrochen und wurde notdürftig mit Tesaband umwickelt. Immerhin haben wir aber hier oben frische Luft, sehen gut und sind schnell schussbereit. Es ist sehr lustig und wir glauben einfach an die Stabilität der Bank.

Nun hat der Guide einen Job, den er eigentlich nicht zur beidseitigen Zufriedenheit erledigen kann, denn Birdys und Fotografen passen einfach nicht zusammen. Die Birdys wollen bei jedem Vogel stehen bleiben; am besten gleich ihr Teleskop irgendwo aufbauen und Schauen. Wir hoffen, noch Gürteltier und Ameisenbär zu finden; also herumfahren und suchen. Eine echt schwierige Aufgabe für ihn. Heute fährt er mit uns zu einem kleinen See, an dem es wieder zahllose Kaimane gibt und eben auch Vögel. Für uns nicht besonders aufregend, für die Birdys schon, zumal es für sie die erste Station im Pantanal ist. Da ist jeder Vogel noch total aufregend, verry beautiful und amazing. Wir haken gedanklich schon mal unsere noch verbliebenen Sichtungswünsche ab und ergeben uns den Vögeln. Der Guide löst den Zielkonflikt dann aber doch recht geschickt und fährt anschließend noch ein wenig zwischen den vielen Termitenhügeln herum. Es ist klar, was er sucht. Er findet zwar keinen Ameisenbären, aber er entdeckt einen Sperlingskauz. Mehr notgedrungen sehen wir so diverse Spechte und einen Haufen Vögel jeder Sorte. Gut, dass wir uns an jedem Tier erfreuen können.

Zurück in der Pousada versöhnt uns ein ganz bestimmtes Geräusch – das der Saftpresse. Endlich bekommen wir wieder frisch gepressten Orangensaft und wir trinken gleich mal die Orangenreserven leer. Während wir auf das Abendessen warten, versammeln sich die Birdys mit Laptop, Bestimmungsbuch und großen Listen unter dem Arm zur täglichen „Vogelinventur“. Jeder berichtet, welche Vögel er denn heute so gesehen hat. Anschließend werden die dann auf der ellenlangen Liste abgehakt. Während dieses abendlichen Rituals brechen dann auch erwachsene Männer in vollkommene Verzücktheit aus, wenn sie von einem unscheinbaren Vögelchen berichten, das über eine Wiese gehopst ist. Handelt es sich dann gar noch um einen Flycatcher mit langem Schwanz, der vorbei geflogen ist und dabei auch noch eine Motte im Schnabel gehabt hat, dann liegen die sich in den Armen, werden total hektisch und brechen fast in Tränen aus vor lauter Verzückung. Wir schauen da nur ziemlich irritiert, denn uns fehlt natürlich diese Form der Begeisterungsfähigkeit. Nun wäre es ja noch verständlich, wenn der Flattermann irgendwie bildlich festgehalten worden wäre, aber das einzige, was die großen „Vögel“ dann tun, ist diesen Piepmatz auf ihrer ellenlangen Liste als Morphus dingsdabums abzuhaken. Naja, jedem Tierchen sein Pläsierchen.

Als wir gerade zu Bett gegangen sind, klopft es an der Tür. Jean teilt uns mit, dass ein Krabbenfuchs auf dem Gelände unterwegs ist. Den hatten wir vorhin schon gesehen; sogar mit Nachwuchs. Eine liebenswerte Geste von ihm ist es aber dennoch.


17.10.2013 Pousada Piuval

Um 5:15 Uhr treffen wir uns mit Jean zum Morgenspaziergang. Die beiden britischen Birdys erscheinen wieder korrekt gekleidet und mit ihrem Teleskop auf dem Stativ. Wir laufen eine Runde in den benachbarten Wald und schon sieht man Robert an, dass das nicht so ganz seinen Vorstellungen entspricht. Klar, er schleppt auch eine ganz schöne Last und im buschigen Gelände ist das umso mühsamer. Jean sucht und entdeckt für uns die kleinen Schwarzschwanz-Seidenäffchen (marmoset), die nur sehr schwer zu entdecken und noch schwerer zu fotografieren sind. Irgendwie gelingen uns dann aber doch ein paar Aufnahmen und wir sind total happy.

Nun kann sich Jean wieder den Birdys widmen und die glücklich machen. Auch das bekommt er irgendwie hin. Wir laufen noch in ein anders Waldstück und er entdeckt dort ein Gürteltier. Das macht sich aber leider ruckzuck aus dem Staub und verschwindet in den stacheligen Bromelienbüschen, wo es seine Höhle hat. Am liebsten würde ich jetzt hier ansitzen. Die Birdys bekommen noch eine Ladung Vögel serviert, dann laufen wir zurück zur Pousada. Dort ist bereits das reichhaltige Frühstücksbuffet eröffnet. Nach dem Frühstück lädt Jean wieder die Bank auf den Pickup und wir fahren zu einem Aussichtsturm. Erst laufen wir noch etwas herum, dann erklimmen wir den Aussichtsturm. Wieder sind die Birdys in ihrem Element und bewundern die colorful wings diverser Flattermänner. Als wir inzwischen wieder von dem Turm steigen, sehe ich, wie sich unten gerade eine große olivfarbene Schlange mit gelbem Schwanz davon macht. Sie hatte sich wohl durch ein Halteseil des Turms erschrecken lassen. Leider ist sie so schnell weg, dass wir sie nicht wieder finden. Es war die gleiche Schlange, die ich schon in Porto Jofre entdeckt hatte.

Für uns ist diese Vormittagsaktivität jetzt nicht so sehr ergiebig. Immerhin treffen wir aber auf eine Gruppe Brüllaffen, in der die hellbraunen Weibchen sogar Junge haben und uns recht neugierig posieren.

Wir staunen über die sauber „gefegten“ Wege quer durch den Wald und beobachten Blattschneideameisen, die sich diese Straßen angelegt haben. Auf ihnen transportieren sie ungeheuerlich große Blätter und Holzstücke, die sicherlich ein Vielfaches dessen wiegen, was die Ameise selbst an Körpergewicht aufzuweisen hat.

Noch immer trägt uns unsere Korbbank tapfer, auch wenn sie bei den Offroadfahrten im Gelände angsteinflößend knarrt. Jean gibt sich aber wirklich alle Mühe, so vorsichtig wie möglich zu fahren und hat im Rückspiegel immer ein Auge auf uns.

Zurück in der Pousada ist nach dem Mittagessen sogar ein Schläfchen drin. Wir haben in diesem Urlaub eine solch große und abwechslungsreiche fotografische Ausbeute, dass wir uns das leisten können. Als wir erwachen, schüttet es wie aus Kübeln. Die Regenzeit beginnt. Das merken wir auch deutlich an den unzähligen, äußerst gefräßigen Moskitos, die täglich lästiger werden. Man möchte das Insektenspray am liebsten schlucken, so aufdringlich sind die Viecher.

Eigentlich sollte um 15:30 Uhr der Nachmittagsdrive stattfinden, doch das kann man im Moment vergessen. Erst recht können wir nicht im Freien auf der Ladefläche sitzen. Falls wir überhaupt raus können, ist kuscheln mit den Birdys angesagt. Jean ist da optimistischer. Er wartet etwas und auch als es noch nieselt, bläst er zur Abfahrt. Nun ist aber unsere Korbbank einschließlich Sitzkissen total nass, denn die stand im Freien. Also werden zwei von den neuen und sehr bequemen Liegestühlen geholt und auf der Ladefläche platziert. Jetzt haben wir es auch noch bequem dazu.

Als erstes sehen wir dann im Gelände einen Nandu mit ca. 20 kleinen Küken. Jean erklärt uns dann, wieso das so viele Küken sind. Der Nandu-Mann begattet mehrere Weibchen und baut ein Nest. Die Weibchen bringen alle ihre Eier in das Nest. Sind die Küken dann geschlüpft, verdrücken sich die Nandu-Weibchen und Herr Nandu hat seine Kinderschar an der Backe. Da kann er noch froh sein, dass die von allein fressen. Aber da sein Gehirn nicht wirklich groß ist, kapiert Herr Nandu natürlich nicht, dass es für ihn klüger wäre, etwas bescheidener zu leben und weniger Frauen zu begatten. Nun hat er den Salat und muss auf die ganze Kükenschar aufpassen. Zugegeben, eine gewisse Schadenfreude kann ich mir nicht verkneifen, Herr Nandu.

Pantanal

Jean fährt mit uns zu einem großen See, der allerdings im Moment sehr wenig Wasser hat und voller Grünpflanzen ist. Dafür gibt es massenhaft Vögel hier, was unsere Birdys wieder in Ekstase versetzt. Es gibt sogar rosa Löffler, die wir anderswo im Pantanal nur vereinzelt gesehen haben.

Mittlerweile hat es völlig aufgehört zu regnen und wir laufen eine kleine Runde durch den Wald, der an das Ufer des Sees grenzt. Hier an den Bäumen und auf dem Boden sind jetzt überall bis zu 10 cm große Tausendfüßler unterwegs. Die Viecher sehen ziemlich eklig aus. Dafür warten schon Agamen, um sich an diesen Viechern dick und fett zu fressen.

Als wir an einem Bromelienfeld vorbei kommen, höre ich es rascheln und sehe Blätter wackeln, kann aber nichts sehen. Uwe läuft ein Stück weiter und sieht den Urheber. Es ist ein Neunbinden-Gürteltier. Auf leisen Sohlen schleiche ich mich um den Busch herum und habe Glück. Das Gürteltier sitzt genau vor mir. Nur gut dass ich weiß, dass es schlecht sieht und offenbar steht auch der Wind günstig. Es richtet sich kurz auf, um besser riechen zu können, bevor es wieder ein wenig weiter gräbt. Das reicht mir, um ein paar hübsche, formatfüllende Fotos machen zu können. Das Tier ist total putzig und dass ich mich ihm soweit nähern konnte, hätte ich nicht zu hoffen gewagt. Ein echter Glücksfall Und ich bin total happy, dass wir nun auch noch ein Gürteltier fotografieren konnten. Jean freut sich mit uns und auch Angela, die sich dezent im Hintergrund gehalten hatte, um das Tier nicht zu verjagen, ist begeistert. Als ich auch Robert die Bilder zeige, guckt der nur kurz von seinem Fernglas auf. Jaa, ok, das Gürteltier hat keine Flügel.

Später auf dem Rückweg treffen wir sogar noch auf ein zweites Gürteltier, das sich allerdings nicht fotografieren lässt. Aber immerhin konnten wir es entdecken und betrachten.

Wir laufen über einen langen Holzsteg zu einem Aussichtsturm, von dem aus man den riesigen See überblicken kann. In der Ferne sind riesige Brutkolonien von weißen Reihern zu erkennen. Die Bäume sehen aus, als ob sie in voller Blüte stehen, so dicht sind sie besiedelt. Der Lärm der Kolonie dringt noch an unser Ohr. Hier auf dem Turm sind wir auch auf Höhe der Nester der grünen Sittiche und können den hübschen Schreihälsen ein wenig beim Wohnungsbau zusehen.

Jetzt, nachdem sich unsere Birdys ausgiebig umgesehen haben, bittet mich Robert, ihm doch die Bilder von dem Gürteltier noch einmal zu zeigen. Er war einfach von den vielen Vögeln um ihn herum zu sehr abgelenkt. Schmunzelnd tue ich ihm gern den Gefallen und er ist ganz verzückt. Goldig sind sie ja schon unsere beiden Birdys. Vor Jean haben wir jedenfalls größte Hochachtung, denn er schafft es doch irgendwie, beide Interessengruppen zu bedienen und jeden von uns glücklich zu machen, denn auch die beiden Birdys sind auf dem Heimweg glücklich und zufrieden.

Zum Abendessen leistet Jean uns heute Gesellschaft und wir erfahren, dass er sechs Monate im Jahr als freier Guide und in der Nebensaison als Elektriker in Cuiabá arbeitet. Sollten wir mal wieder einen wirklich guten und dazu noch zertifizierten Guide für die Mato-Grosso-Region benötigen, dann ist Jean unser Mann.

Anschließend gehen wir zeitig zu Bett, denn morgen Früh steht ein langer Morningdrive auf dem Programm.


18.10.2013 Pousada Piuval

Heute Morgen beginnt der Morningdrive um 5 Uhr. Wir sitzen wieder auf der Ladefläche des Hilux in unseren bequemen Liegestühlen und Jean fährt noch einmal bis zu dem See und kleinen Wäldchen von gestern, wo wir das Gürteltier gesehen haben. Heute geht es mehr um die Vögel. Für uns das große Highlight des Morgens ist das Geräusch des erwachenden Tages, das untermalt wird von einem Konzert der Brüllaffen. Ein äußerst imposantes und beeindruckendes Erlebnis, wenn die Tiere ihre merkwürdigen Brummlaute von sich geben, die sich ein wenig anhören wie herannahender Sturm. Dazwischen singen und rufen die unzähligen Vögel, die in den Bäumen und Büschen zu Hause sind. Wir genießen dieses Naturspektakel, das wirklich etwas Besonderes ist.

Wir laufen noch einmal zu dem Aussichtssturm, sehen, wie der Frühnebel langsam aufsteigt und hören auch hier das Konzert der vielen Vögel. Heute sind unsere Birdys total in ihrem Element. Anschließend fährt uns Jean noch auf die gegenüberliegende Seite des Sees. Hier können wir in einiger Entfernung Riesenotter beim Fischfang im seichten Gewässer beobachten. Schade, dass aufgrund des sehr flachen Sees eine Bootsfahrt derzeit nicht möglich ist. Auf dem Rückweg zur Pousada fährt Jean noch für uns Ameisenbären suchen. Leider ist er aber nicht erfolgreich.

Nach dem Frühstück ist ein Spaziergang angesagt und Robert bekommt gleich die Instruktion, dass es besser ist, sein Teleskop mit Stativ da zu lassen, denn es geht durch den Busch. Nun ist auch klar, dass dieser Spaziergang der Suche nach unserem Ameisenbären gewidmet ist. Nur halbherzig erklärt Jean noch ein paar Vögel, dann ist er auf der Suche. Wir laufen durch halbdichtes Buschwerk und eigentlich ist das Gebiet ideal, denn überall befinden sich sauber gefegte Ameisenstraßen und Termitenhügel, aber fündig werden wir nicht. Dann endlich höre ich es im Gebüsch rascheln und pirsche mich langsam an. Goldbraunes Fell und große Augen schauen mich fragend an. Leider habe ich nur einen Nasenbären beim Fressen an Bienenwaben gestört und ich hatte mich schon so gefreut. Zwei Stunden stapfen wir durch den Busch, unsere betagten Birdys ohne Murren tapfer hinterher, aber leider ohne Erfolg. Der Ameisenbär des Pantanal – weder der große noch der kleine – wollen von uns nicht fotografiert werden. Wir müssen uns also damit begnügen, sie bei Nacht gesehen zu haben. Ein paar neugierige Kapuzineraffen gucken uns dafür umso niedlicher in die Kamera.

Ziemlich kaputt kehren wir zur Pousada zurück und sind echt beeindruckt, wie tapfer unsere Birdys mitgehalten haben. Für uns ist jetzt erst einmal bis Mittag Pause und am Nachmittag steht dann noch ein größerer Ausflug an.

Nach dem Mittagessen entern wir den Safarijeep. Mit auf dem Jeep sind noch unsere Birdys, die uns schon wieder total überraschen, wie flink und wendig sie auf die Ladefläche des LKW klettern können. Außerdem sind noch zwei Paare an Bord, die gerade erst im Pantanal angekommen sind. Nun bekommen wir die volle Dröhnung, während wir mit dem Safarijeep auf der Transpantaneira zur Fazienda Sagrada Familia gefahren werden. Die befindet sich weiter südlich im Pantanal, was bedeutet, dass wir wieder an der Araras-Lodge und an der Pouso Alegre vorbei fahren.

Die neuen Gäste sind noch total begeisterungsfähig und freuen sich über jeden Kaiman; ist er auch noch so weit weg, liegt total im Dunklen und ist kaum zu erkennen. Genauso versetzt sie noch jedes Capybara in euphorische Verzückung. Nachdem wir hier nun schon tausende von Kaimanen und Capybaras gesehen haben, grinsen wir uns nur eins und kriegen fast die Krise, denn anfangs wird bei jedem Vogel gehalten. Irgendwie kommen wir dann aber doch voran und erreichen nach eineinhalb Stunde Fahrzeit die Fazenda. Auf der Fazenda werden dann zwei Außenbordmotoren und die restlichen Bootsutensilien zusammengetragen und wir werden zum Bootsanlegesteg gebracht.

Mit zwei Booten starten wir auf einem Nebenflussarm zu einer kleinen Bootstour. Wir sehen allerlei Wasservögel und auch zwei Riesenotter, die sich aber sofort schüchtern aus dem Staub machen. Gar nicht schüchtern ist dagegen ein grüner Sittich, der plötzlich das Boot umfliegt und neben uns auf dem Bootsrand landet. Der Vogel sieht ziemlich ramponiert aus und hat einen Ring am Fuß. Keine Ahnung, was der für ein Problem hatte. Auf jeden Fall suchte er unsere Nähe, denn auf dem Rückweg wiederholte sich sein Besuch bei uns.

Rasch verschwindet derweil das Licht und das größte Highlight der Bootstour ist der Speer-Reiher (Agamia agami), der nur an zwei Stellen im Pantanal vorkommt und von dem es angeblich nur noch weniger als eintausend Exemplare gibt. Der seltene, farbenprächtige und sehr schön gezeichnete Reiher wird dann auch ausreichend gewürdigt, bevor wir den Rückweg antreten.

Wie immer auf einem Safarijeep ist die Rückfahrt ätzend. Dann wird es kalt, das Fahrzeug fährt schnell und man bekommt jede Menge Insekten ins Gesicht. Getreu der Devise, niemals ohne Jacke einen Safarijeep zu besteigen, haben wir in weiser Voraussicht unsere Jacken dabei, längst – trotz Dunkelheit – die Sonnenbrille auf der Nase und einen Platz ganz hinten im Fahrzeug gewählt. So bekommen wir nur noch die Insekten ab, die die anderen vor uns noch nicht geschluckt haben und der Fahrtwind ist auch nicht so krass. Dafür staucht es uns bei den vielen Schlaglöchern bald die Wirbelsäule ins Gehirn. Der Guide begeistert die Pantanal-Neulinge dann bei der Nachtsafari mit den glitzernden Augen der abertausend Kaimane, die beim Anleuchten glitzern wie kleine Diamanten. Es ist aber auch ein imposanter Anblick.

Ansonsten gibt es außer einer Eule, zwei Häschen, die ausgewachsen noch immer an unsere Osterhäschen erinnern und einigen Capybara nicht viel zu sehen.

Nach dem Abendessen stoßen wir noch mit einem Caipirinha auf unseren schönen Urlaub an und dann müssen wir leider schon wieder unsere Sachen packen, denn morgen geht auch dieser Urlaub unweigerlich zu Ende.


 

19.10.2013 Pousada Piuval – Rio de Janairo – Frankfurt

Auch wenn nun die spannende Zeit der Safaris leider vorbei ist, bietet der Morgen noch eine kleine Überraschung für uns. Auf dem Weg vorbei an den anderen Zimmern der Pousada zum Frühstücksraum treffen wir auf eine kleine olivfarbene Schlange mit heller Unterseite. Die Begeisterung über diese Begegnung ist leider recht einseitig, denn die Schlange nimmt rasch Reißaus. Als Fluchtweg scheint es ihr sinnvoll, sich durch den Spalt unter der Tür in eines der Zimmer zu flüchten. Na dessen Bewohner werden sich freuen. Vorsichtshalber geben wir mal dem Personal Bescheid und alle sind erleichtert, als sich herausstellt, dass das Zimmer im Moment unbewohnt ist. Naja, giftig sah die Schlange nicht aus; vermutlich war es eine Natternart; aber zum Erschrecken reicht sie allemal. Vor ein paar Tagen wohnte in diesem Zimmer eine französische Familie mit Kleinkind.

Überpünktlich wartet Eduardo bereits auf uns, um uns höchstpersönlich zum Flughafen nach Cuiabá zu bringen. Wir haben eine sehr angenehme Fahrt, erfahren noch einiges über Land und Leute und kommen wohlbehalten, dank gelassenem Fahrstils, in Cuiabá an. Wir können sofort einchecken und warten dann auf unseren Flug nach Rio de Janeiro. Dort haben wir planmäßig vier Stunden Aufenthalt bevor wir dann mit Lufthansa weiter nach Frankfurt fliegen. Wieder ist der Service auf dem Langstreckenflug sehr gut, aber die Sitzplätze in der 737-300 extrem eng. Trotzdem schlafen wir ganz gut und landen am Sonntagabend wohlbehalten in Frankfurt.


Fazit:

Das Pantanal ist ein Juwel, das völlig zu Unrecht im Schatten des Amazonas steht und auf jeden Fall eine längere Reise lohnt und verdient hat. Es nur auf die Sichtung von Jaguaren zu reduzieren, ist viel zu schade, denn man verpasst die ungeheure Artenvielfalt, die es in dieser Form und Dichte wohl kaum ein zweites Mal auf der Welt gibt. Aufgrund der unterschiedlichen Vegetation sind auch die vorkommende Fauna und Flora sehr unterschiedlich, so dass es sinnvoll ist, verschiedene Pousadas und Fazendas zu besuchen. Jaguare kann man tatsächlich nur in bzw. ab Porto Jofre und weiter südlich finden. Im nördlicheren Teil des Pantanals gibt es dagegen unzählige Vögel, Tapire, Riesenotter, Ameisenbären, Nasenaffen, Waschbären, aber auch Millionen von Brillenkaimanen (Jacarés) und vieles, vieles mehr. Noch ist das Gebiet tatsächlich ein echter Geheimtipp für Naturliebhaber.

Es hat sich wieder einmal gezeigt, dass man mit Geduld auch scheuere Tiere vor die Linse bekommt und unsere fotografische Ausbeute zum Artenreichtum des Pantanal kann sich sehen lassen. Geduld und auch eine große Portion Glück gepaart mit dem richtigen Wetter haben uns auch bei der Suche nach den Jaguaren geholfen. Von 20 Jaguarsichtungen in 6 Tagen hätten wir nicht zu träumen gewagt. Fast immer waren die Tiere sehr gut zu sehen und konnten frei fotografiert werden. Dank überwiegend bewölktem Himmel waren auch die Kontraste mit Licht und Schatten nicht so hart und die Tiere kamen überhaupt aus dem Dickicht. Wir waren also genau zu richtigen Zeit am richtigen Ort.

Die Tatsache, dass die Bootsführer des Hotels Porto Jofre sich per Funk über Jaguarsichtungen verständigen, macht es leichter, die Tiere zu finden. Es hat aber eben auch den Nachteil, dass sich dann innerhalb kurzer Zeit alle Boote um den Jaguar versammeln. Man hat also kein Tier für sich allein. Zum Glück sind die Jaguare recht gelassen und verziehen sich nicht gleich wieder in den Busch. So konnten wir sehr schöne, intensive Jaguarbegegnungen erleben.

 

Fotografie im Pantanal

Im Pantanal vom Boot aus zu fotografieren ist ein wenig anders, als man es normalerweise in der Naturfotografie erlebt, wenn man zu Fuß oder mit dem Auto unterwegs ist. Fährt das Boot erst einmal am Motiv vorbei, dauert es eine Weile, bis zurückgesetzt ist. Oft hat sich das Tier dann schon aus dem Staub gemacht. Außerdem lässt sich selten die optimale Perspektive wählen, da der Uferbereich entweder zu flach oder die Strömung zu stark ist. Oft herrschen zudem in den eher dunklen Uferbereichen ziemlich schlechte Lichtverhältnisse und üppige Vegetation hängt auch immer irgendwie störend in der Gegend herum. Fotografieren vom Boot aus begrenzt den Einsatz von Brennweiten, da man selten wirklich ruhig steht und auch ein Einbein die Bewegung nicht ordentlich ausgleichen kann. Brennweiten zwischen 400 und 600 mm sind ideal, wobei sich mit zunehmender Brennweite der Ausschuss erhöht, weil es eben doch immer irgendwie wackelt. Zudem dürfen die Bootsführer nicht in den Seitenarmen ankern und müss(t)en außerdem einen Mindestabstand zu den Tieren von 35 Metern einhalten. Zum Glück war das nicht immer möglich, denn manchmal lief uns der Jaguar direkt vor die Linse.

Es empfiehlt sich, für die Kamera aber auch für den Rucksack einen Regenschutz dabei zu haben, denn die Regenschauer können ziemlich heftig ausfallen.

 

Land und Leute

Bedroht ist das Pantanal nicht nur durch Holzeinschlag, Wilderei und Industrieabwässer. Auf der Fahrt zum Flughafen zeigte uns Eduardo nicht ohne Stolz die großen Sojafelder. Die Mato Grosso-Region ist der größte Sojaproduzent Brasiliens und die Produktion geht überwiegend in den Export. Brasilien ist immerhin der zweitgrößte Sojaproduzent der Welt. Auf meine Frage, was hier vorher stand, bekam ich die Antwort, die ich eigentlich schon vorher wusste – Wald. Wenn man bedenkt, dass der überwiegende Anteil der Sojaernte zur Sojaölgewinnung eingesetzt wird, das vor allem als Lebensmittel, aber eben auch für die Produktion von Biodiesel verwendet wird, dann macht man sich so seine Gedanken. Fakt ist – auch Soja killt ursprüngliche Wälder und damit Lebensraum für Tiere und Pflanzen! Von wegen „Bio“! Zudem ist die Gegend sehr ergiebig im Hinblick auf Goldvorkommen. Auf dem Weg zum Flughafen sahen wir mehrere riesige Abraumhalden und Eduardo erklärte uns, dass das bewirtschaftete Goldminen sind. Man kann nur hoffen, dass dem Pantanal nicht ein ähnliches unfassbares Schicksal winkt, wie dem Nationalpark Yasuni in Ecuador, wo einer der artenreichsten Regenwälder der Welt den kommerziellen Interessen der Holz- und Ölindustrie weichen muss.

Schon deshalb ist es zu wünschen, dass der sanfte Tourismus im Pantanal noch weiter ausgebaut wird und möglichst Viele in den Genuss dieses Naturschatzes kommen können.

Die Pantaneiros, die Einwohner dieses Gebietes, haben wir als sehr freundliche und hilfsbereite Menschen kennen gelernt. Ihre Lebensbedingungen sind einfach, aber ihre Mentalität gelassen. Mit dem, neben der Rinder- und Pferdezucht zweiten Standbein, dem Tourismus, steigt der Lebensstandard der Einheimischen, so dass eine Win-win-Situation für alle Beteiligten entsteht. Mittlerweile hat fast jede Farm (Fazenda) an der Transpantaneira auch einige Gästezimmer und die Pousadas bauen ihr Übernachtungsangebot ebenfalls weiter aus. Immer waren die Unterkünfte sauber, es gab Klimaanlage, teilweise Moskitonetze und Internet.

Für das Jahr 2014 erhofft man sich natürlich auch hier mehr Gäste durch die Fußball-WM. Immerhin finden einige Spiele sogar in Cuiabá statt, für die extra ein neues Stadion gebaut und der Flughafen erweitert wird.

 

Essen und Trinken

Als Tourist muss man hier auf nichts verzichten, was den gewohnten Lebensstandard angenehm macht. Die Küche ist extrem vielseitig, schmackhaft und bietet auch ein reichhaltiges Sortiment an Obst und Gemüse. Brasilianer lieben es süß, das Bier (SKQL) ist etwas dünner als bei uns, aber schmeckt und der Caipirinha – ein Nationalgetränk aus hochprozentigem Zuckerrohrschnaps, Limetten, Zucker und Eis eine leckere Lebensphilosophie. Ja und der Kaffee ist ohnehin brasilianisches „Grundnahrungsmittel“ und schmeckt immer.

 

Wetter und Bekleidung

Ende September und Anfang Oktober erreicht die Trockenzeit im Pantanal ihren Höhepunkt. Dann sind die Wasserstände am niedrigsten, viele Tümpel liegen trocken und die Tiere drängen sich an den großen Gewässern und Flussarmen. Insofern ist diese Zeit gut geeignet für Tiersichtungen. Die Tagestemperaturen klettern aber häufig über die 40 Grad Celsius und das ist schon etwas gewöhnungsbedürftig. Guter Sonnenschutz, viel Trinken und eine Kopfbedeckung sind extrem wichtig. Trotz der hohen Temperaturen sind lange Hosen und langärmlige Hemden/Blusen aus synthetischen Materialien oder leichten Baumwollstoffen die richtige Bekleidung. So ist man nicht nur vor den Insekten sondern auch vor den Sonnenstrahlen geschützt. Ein großes Problem im Pantanal ist das Denguefieber, das von einer tagaktiven Mücke übertragen wird. Unabdingbar ist deshalb ein wirksamer Moskitoschutz. Wir haben es sowohl mit DEET (Anti-Brumm) als auch mit Icaridin (Autan) versucht. Aus unserer Sicht am wirkungsvollsten war noch das Autan mit 20 % Icaridin. Die Einheimischen verwenden ein Mittel mit DEET, das allerdings 80 % von diesem Gift enthält. Es ist also nicht verwunderlich, dass die Moskitos über „Anti-Brumm“ mit gerade mal 30% DEET nur müde gelächelt und dann genussvoll zugestochen haben.

Rückblickend können wir feststellen, dass wir für uns eine gute Mischung zwischen Action aufgrund der Safaris, Wanderungen und Relaxen gefunden haben. Wir möchten diesen Aufenthalt im Pantanal nicht missen und sind froh, ausreichend Zeit dafür eingeplant zu haben. Alles hat hervorragend geklappt. Wir haben das Pantanal wirklich kennen und lieben gelernt. Es hat uns auch zu einem Einstieg in das Land verholfen, das wir nun auf weiteren Reisen noch näher kennen lernen möchten. Zahlreiche Kontakte, Informationen und die gewonnenen Erfahrungen werden uns bei der nächsten Planung hilfreich sein, denn Brasilien hat noch viel zu bieten! Die Ideen und Wünsche gehen uns also nicht aus.